Nach
den beiden 12 Inches "Phase One" und "Phase
Two" wurde unlängst mit dem Album die dritte
Stufe gezündet und hält die Dancehall- und Clubwelt
in Atem. Stefan Moerth aka Stereotyp und Christian Schwanz
von Al Haca zeigen sich als kreatives und innovatives
Produzententeam mit einem Gespür für das, was
die Zukunft spannend machen könnte. Und so brechen
sie auf in Welten, die nie ein Mensch zuvor betreten hat,
und zetteln so ganz bescheiden eine kleine Revolution
an. Dabei werden sie von so illustren Gästen, wie
Daddy Freddy, Ras T-Weed, Alleycat, Hawkeye, Spectacular,
Lady Saw, RQM und DJ Collage auf ihrer Mission unterstützt.
Christian von Al Haca, die ja bereits mit ihrem Album
"Inevitable"
(Different Drummer) mächtig gepunktet haben und von
denen hier bei Irie Ites.de schon ein Interview zu lesen
ist, war so nett, ein paar Fragen zum neuen, aufregenden
Projekt zu benatworten....
Als
"Stereotyp meets Microfish (aka Al Haca)" habt
ihr bereits vor einiger Zeit auf Stereo Deluxe den ersten
Schritt einer gemeinsamen Arbeit unternommen - Wien meets
Greifswald. In der Folge wurde diese Arbeit dann unter
dem Namen "Stereotyp meets Al Haca" intensiviert.
Es scheint also einen gewissen Reiz zu geben, miteinander
zu werkeln. Was schätzt du an Stereotyp?
Christian:
Ja, da gibt's jetzt schon seid einiger Zeit Kollabos...
Wir haben das mal zurückgerechnet und es sind jetzt
schon 4 Jahre. Stefan hat ja bereits auf der ersten Microfish
EP für's Sonarkollektiv einen Remix für uns
gemacht. Der Bursche ist einfach frech und innovativ...
probiert Dinge aus, ohne sich gross Gedanken zu machen...
und wir können super zusammen abhängen. Wir
schaffen's immer...
Euer
Sound wird als "Futuristic Dancehall" "digitaler
Dancehall am Beginn einer neuen Ära" beschrieben.
Also als eine Transformation von Dancehall in das experimentelle,
weiterschreitende Computerzeitalter. Nun arbeiten eigentlich
fast alle Produzenten mit digitalen Medien (es wurde in
diesem Zusammenhang z.B. von Pro-Toolisierung des Dancehall
gesprochen). Wo siehst du Unterschiede zwischen euren
Kompositionen zu denen, die man auf einer One-Riddim-Compilation
nach der anderen finden kann?
Christian:
Bei uns geht es nicht primär darum, den angesagtesten
MC auf dem Riddim zu haben, sondern um den gesamten Sound.
Wir wollen mit den Riddims in die Clubs und auf die Plattenteller
der verschiedensten DJ's ... es geht nicht so sehr darum,
konkret in der Dancehall-Szene zu punkten. Mit der haben
wir eigentlich gar nichts zu tun...
Ein
Teil eurer Arbeit mutet sehr intellektuell an und ist
z.B. mit der Herangehensweise von Appear zu vergleichen,
der ja ebenfalls abstrahiert und dekonstruiert um neu
zu erfinden. Was ist bei eurer Arbeit zuerst da: Kopf
oder Bauch?
Christian:
Für unsere Zusammenarbeit auf diesem Album auf jeden
Fall Bauch zuerst. Natürlich sind die Sachen zusammengefrickelt
und wir haben lange dran rumgeschraubt, aber wir haben
die Tunes zwischendurch immer wieder z.B. im Dubclub in
Wien oder auf irgendwelchen Al-Haca Gigs testen können.
Zu diesem Album sollen sich die Leute bewegen... und nirgendwo
anders in Europa kann man die Basswirkung auf Bauch und
Beine so gut testen, wie im Dubclub..gerade hatten wir
da unsere Album Release-Party und es war "super leiwand"...
Euren
Stil in eine Schublade zu pressen ist schlicht und ergreifend
unmöglich. Neben Dancehall lassen sich Elemente aus
Dub, Drum & Bass, Hip Hop und wer weiß noch
was finden. Würdest du eure Methode als modernen
Musik-Eklektizismus beschreiben - ohne dass dabei Beliebigkeit
mit ins Spiel gebracht wird?!?
Christian:
Wir wollten auf keinen Fall rot-grün-gelbe Fahnen
schwingen und versuchen so zu klingen, als ob wir direkt
auf Jamaika produzieren. Wir wollten unsere eigene musikalische
Herkunft mit in die Produktionen bringen. Das sollte auch
nicht auf biegen und brechen anders klingen, als ne Jamaica-Production
... wir haben einfach ohne gross zu überlegen unser
Ding durchgezogen. Different Stylee...yanno?
Wonach
wählt ihr die Artists aus, die ihr selbst für
eure Tunes voiced?
Christian:
Mmmmhh.. unterschiedlich. Teilweise spontan. Spectacular
z.B. war in Wien und der musste natürlich angetestet
werden. Stefan hat ihn nach einer Show aufegnommen...
und es funktionierte vortrefflich. Daddy Freddy war ein
langer Wunsch. Einige Sachen wie der Harry Toddler oder
Lady Saw entstammen dem Vocal Archive von Germaican Records.
Also haben wir die speziell rausgepickt. Bei RQM ist das
`ne Art Seelenverwandtschaft... er gehört ja fest
zur Al-Haca Crew und ist bei Produktionen für mich
ein MUSS! Schreibt die Hammer Lyrics!! Das gleiche bei
Ras T-Weed... Ja, also es waren immer die unterschiedlichsten
Umstände, die uns mit den Artists zusammengebracht
haben. Es war niemals das Ding: Hey, der ist gerade total
hip und schwer angesagt, also muss der auf's Album. Das
unterscheidet uns ja auch von der üblichen Reggaewelt...
Es ging um's Experiment und nicht um Credits oder so...
Der
MC RQM stammt aus New York. Wie seid ihr auf ihn aufmerksam
geworden?
Christian:
RQM saß vor ca. 2 Jahren im Sonarkollektiv Büro
von den Jazzanovas rum und bedingt durch unser Microfish
Projekt hatte ich da zu tun. RQM ist eigentlich Pole und
hat 17 Jahre in NYC gelebt. Wir kamen über eine DJ
Vadim Platte in Gespräch, die ich mir frisch gekauft
hatte... Ich wusste nicht, was er so als Artist machte,
und er wusste auch nichts von mir, aber (wie im Märchen,
he?...) wir wollten einfach unbedingt was zusammen probieren.
Kurze Zeit später kam er dann nach Greifswald an
die Ostsee und wir nahmen "We Sick" für's
Al-Haca "Inevitable" Album auf.... jetzt geht
er einfach nicht mehr weg... Haha...
Mit
Lady Saw, Hawkeye, Alleycat und Harry Toddler habt ihr
Artists gefeatured, deren Voicings ihr von Germaican Records
übernommen habt. Worin liegt für euch der Reiz,
mit bereits bestehenden Tonspuren zu arbeiten?
Christian:
Man kann die Voicings so cool umherschieben und den Flow
manipulieren... Dinge komplett wegschneiden und ein bereits
bekannten Song völlig neu aufbauen. Es passiert natürlich
auch so häufig, dass du Vocals aufnimmst und für
den Finalen Mix ein komplett anderes Instrumental drunter
baust. Eigentlich ist das fast immer so. Bei den Bearbeitungen
der Germaican Spuren hatten wir erstmal Zeit, uns auszuprobieren.
Da sind ne Menge verschiedene Versionen entstanden. Allein
von der Lady Saw haben wir bestimmt 4-5 Versionen geschraubt...
Pionear war auch als Special Guest zusammen mit zwei MCs
bei der Dubclub Release Session. Hammer!
Gerade
Daddy Freddy, der gleich 3 Mal auf dem Album zu hören
ist, scheint prädestiniert für euren Ansatz
zu sein. Was schätzt ihr an diesem Veteranen des
Raggamuffin/Hip Hop-Crossovers besonders?
Christian:
Freddy hat Gas gegeben. Unsere Studiosession dauerte zwei
Tage mit ihm und wir hätten wahrscheinlich ein ganzen
Album mit ihm aufnehmen können. Er ist ne lebende
Legende und durfte nicht fehlen. Am Abend vor der Studiosession
in Wien haben wir auch n Auftritt mit ihm gehabt im Dubclub....
war ne super Nacht. Mit Raggamuffin Hip Hop hat er damals
auch Zukunftsmusik geschrieben....
Der
Gesamteindruck von "Inevitable" wirkt etwas
düsterer als der von "Phase Three". Liegt
mit diesem Stil der Abenddämmerung oder des Morgengrauens
eine etwas andere Klangvision vor, die Al Haca "solo"
verfolgt?
Christian:
Ich finde düster immer komisch als Beschreibung.
Ich find "Inevitable" deep oder so... Ich weiss
natürlich, was du mit düster meinst. Da bist
du ja auch nicht der einzige, der das so beschreibt....
Bei der Kollabo mit Stereo ging's um den Club und das
sollte pushen... mit Al-Haca "solo" wollen wir
in Zukunft sogar noch deeper gehen, aber den Song nicht
verlieren. Wir wollen Lieder machen, die sich entwickeln..die
bleiben.... die dich bewegen...
Al
Haca operiert von Greifswald aus. Ich kann mir vorstellen,
dass man dort mit dieser Musik recht alleine dasteht oder?
Christian:
... ich denke, egal von wo aus wir operieren würden,
wären wir ziemlich allein..HeHe. aber du hast natürlich
recht. So viele Produzenten gibt's ja nicht in Greifswald.
Aber das ist ja auch das gut. Du hast deine Ruhe und es
gibt nicht wirklich viel, was einen ablenken könnte.
Und zum anderen: hier gilt irgendwie: wenn du willst,
das irgendwas passiert, mach's verdammt nochmal selber...!
Sind
bereits über "Phase Three" weitere Zusammenarbeiten
geplant? Gibt es da schon Katzen, die aus dem Sack gucken
dürfen?
Christian:
Es wird auf jeden Fall mehr geben.... Remixe sind bereits
in Arbeit...
Wird
es eine gemeinsame (Club-)Tour geben?
Gigs
gab's jetzt schon einige und es wird mehr geben. Wir waren
gerade auf kleiner Deutschland Tour (Köln, Berlin,
Leipzig, München, Nürnberg, Ulm...) und sind
frisch aus London zurück....
Stehen
Soloalben von "Stereotyp" und "Al Haca"
an?
Christian:
Schon im kommenden Jahr...
Interview:
Karsten Frehe (11/04)
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