Dubmatix “System Shakedown” (Echo Beach/7 Arts Entertainment/Indigo)

Dubmatix
“System Shakedown”

(Echo Beach/7 Arts Entertainment/Indigo – 2010)

Über die ständige und stilistisch interessante Entwicklung zwischen den Alben “Champion Sound Clash”, “Atomic Subsonic” und “Renegade Rocker” hatte ich an anderer Stelle schon geschrieben. Die Musikwelt von Dubmatix aus Kanada ist vielfältig und eine Etikettierung mit dem Label DUB greift mittlerweile viel zu kurz. Dafür präsentierte er bereits bei den letzten beiden Alben viel zu viele “richtige” Lieder , bei denen die jeweiligen Artists viel Raum für ihre Lyrics bekamen. Dubexperimente gab es auch zu hören, doch traten sie deutlich in den Hintergrund. Dass er dennoch zwischendrin immer wieder dem Dub huldigt, konnte man bei seinen Liveauftritten in Europa und u.a. bei seiner kürzlich erschienenen Kooperation mit Neil Perch/Abassi auf dem Deep Root Label hören. Auf dem neuen Longplayer scheint es so, als integriere er sein bisheriges zweites Künstler-Ego DJ Ironbelly, mit dem er für feinen Drum & Bass Sound stand, in das weitaus bekanntere: Dubmatix. Und so erhöht sich die Vielfältigkeit der Styles erneut. Zudem erweitert Dubmatix sein Spektrum in Richtung Dancehall, z.T. sogar mit Hip Hop-Touch, geht dabei aber satter und experimenteller vor, als viele Strategen in diesem Sektor (man höre da zum Beispiel in “Gun Down” feat. the Ragga Twins oder “Lock Down” mit der altbekannten Ammoye hinein). Dabei verliert er dennoch nicht seinen ganz speziellen Sound, der immer wieder gerne fette und sehr klare Bläsersätze einbaut. Doch nun – Rewind – zurück zum Start des Albums: bei “Wobble Weeble” empfängt uns Kulcha Ites mit einer Tanzanweisung. Es wäre cool, wenn es hierzu in der Zukunft ein Video gäbe, um den “Wooble Weeble” nachtanzen zu können. Musikalisch vereint der Track eine Spur Hip Hop mit deepem Reggae. Omar Perry’s Vocals wurden von Mungo’s Hi-Fi aufgenommen. Dubmatix hat sie revisioned und über ein eigenes Drum & Bass-Bett gelegt – wer da nicht Tanzen muss, sollte mal einen Arzt aufsuchen. “Rough Likkle Sound” präsentiert Brother Culture at his best auf einem Uptempo-Reggae-Track. Wer genau hinhört wird die Art und Weise, wie der Brite das “R” rollt, mächtig bewundern. Mitreißend! Jay Douglas, ein Veteran aus Kanada, veredelt den Rough Out Riddim mit einer zwar leicht alt aber umsomehr soulig klingenden Stimme. Schön, dass sich die Serie auf diesem Riddim fortsetzt! “Gun Down” wurde schon erwähnt. Nach einem experimentellen Einstieg geht es mächtig cool weiter: cooler Gesang der Ragga Twins über einem noch cooleren Beat, bei dem vor allem der unkonventionelle Umgang mit dem Schlagwerk hervorsticht. Ähnlich experimentierfreudig klingt Ammoye’s “Lock Down”. Für die Dancehalls der Welt ist der Song bestens geeignet. Kurze Pause .. nun einer von zwei Dubs des Albums: “Deep Dark Dub”. Fanfarenartige Bläser eröffnen den Track, der sich nach kurzer Zeit zu einem mächtigen Steppers-Tune in der UK-Tradition entwickelt. Da würde sicher auch Mark Iration neben Neil Perch die Daumen in die Luft heben! Die Mighty Diamonds folgen mit “Helping Hand”. Hierfür erschafft Dubmatix einen Rootsreggaebackground, der den Tune zu einem zeitlosen Hit macht. Kurz nachdem den Hörer die sanften Harmonien des Trios verlassen haben, wird das Tempo mit Dennis Alcapone’s Ohrwurm “Struggle” gleich wieder erhöht. Hier wurde ein Song kreiert, der durch seine Lyrics nachhaltig im Gehörgang bleiben dürfte. Ähnlich ist es bei U Brown’s “Whatchya Gonna Do”, um hier die Chronologie der Trackfolge zu verlassen. Während der letzten Tour wurde der Gesang noch über einem etwas langsameren Riddim präsentiert. In der Zwischenzeit wurde ein 1A Drum & Bass-Track daraus, der die Tanzflächen zum Beben bringen wird. Deutlich nachzuhören ist der Einfluss von U Roy auf den Stil von U Brown – alte Deejayschule! Tippa Irie serviert mit “Happy” einen zeitlosen Tune. Mit seiner Liebeserklärung an eine Dame gelingt ihm eine zwingende Hymne garniert mit feinen Bläsersätzen. Wenn die nicht einschlägt, was dann? Den Abschluss des neuen Albums bestreitet der zweite Dub. Hier eher in der älteren, jamaikanischen Tradition. So als ob man nach dem Füllhorn an Vielfältigkeit, Spielfreude und Ideen zum Ende hin nochmal relaxt das Album Revue passieren lassen soll. Nee, keine Chance …. CD zuende gibt es nicht. Heavy Rotation auf jeden Fall! Also “Play” drücken und von Vorne genießen.

Karsten Frehe

Es ist heiß, während ich das hier schreibe, unglaublich heiß. So viel Sommer war schon lange nicht mehr. Was will man da hören? Reggae natürlich. Das hat eben Soul und Groove, ganz ohne Hektik. Relaxed und ausgeruht, easy skanking, nichts Anstrengendes. Jesse King aus Toronto firmiert, wie sein Künstlername schon sagt, eigentlich unter Dub, ich höre hier aber ganz viel deepen Reggae-Klassizismus zwischen Roots, Lovers und natürlich auch Dub heraus. Immer songorientiert, die Dub-Effekte nie selbstzweckhaft, sondern ökonomisch und funktional eingesetzt. Und das traditionalistische Element des Albums wird natürlich auch durch Gäste wie Mighty Diamonds, U Brown, Tippa Irie und Ragga Twins betont. Die Produktion ist kompakt und druckvoll, die Bässe mächtig, die Räume weit. Stilistisch ist „System Shakedown” weit in den 70ern und 80er verankert, auf enervierende Digi-Dancehall- oder harsche Steppers-Sounds wird fast ganz verzichtet. Und wenn der Dub tatsächlich mal etwas dominanter wird, fühlt man sich aufs schönste an die großartigen Alpha & Omega erinnert. Macht dann insgesamt das perfekte Album für die heißesten Tage des Jahres.

Joe Whirlypop

Tracklisting:

01. “Wobble Weeble” (Featuring Kulcha Ites) 5:00

02. “Dem No Like It” (Featuring Omar Perry) Dubmatix Re-Visionary 4:26

03. “Rough Likkle Sound” (Featuring Brother Culture) 4:10

04. “Celebrate My Love” (Featuring Jay Douglas) 4:34

05. “Gun Down” (Featuring: The Ragga Twins) 4:58

06. “Lock Down” (Featuring Ammoye) 3:36

07. “Deep Dark Dub” 4:39

08. “(Give A) Helping Hand” (Featuring The Mighty Diamonds) 4:09

09. “Struggle” (Featuring Dennis Alcapone) 5:57

10. “System Breakdown” (Featuring Gregory Isaacs) 3:51

11. “Happy” (Featuring Tippa Irie) 4:00

12. “Whatchya Gonna Do” (Featuring U Brown) 4:30

13. “Kingdom Dub” 4:12

Interview Dubmatix (12/2008)

www.dubmatix.com

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About toppa

King Toppa - Digital Dub Producer and Musician. i started my music with the irie ites soundsystem in the 90ies going on to produce dub and digital dancehall roots. I am part of the irie ites music label