Hildesheimer Wald für Tanzania

Hildesheimer Wald

Wenn Doc Thosch aka Thomas Sklorz über das Projekt “Hildesheimer Wald für Tanzania” spricht, leuchten seine Augen und er scheint von innen heraus zu strahlen. Zuletzt habe ich ihn persönlich beim Weedbeat 2013 in Rössing bei Hildesheim getroffen, wo er unermüdlich für sein Projekt geworben hat. Mit Ordnern voller Bilder, vielen Geschichten und einer sympathischen Überzeugungskraft. Ganz hinten am Merch-Stand hatte er sich aufgebaut und, wenn er nicht selbst als Selekta auf der kleinen Bühne stand, unendlich viel geredet. Ein bemerkenswerter Mensch, der mit seinem engagierten Projekt zeigt, dass es nicht immer die großen Organisationen oder gar Regierungsbehörden sind, die wirklich etwas verändern. Oft scheitert es hier an bürokratischen Hürden, die Thomas Sklorzgekonnt umschifft zu haben scheint. Grund genug, euch einmal das Projekt vorzustellen.

Schon seit Jahren bist du mit deinem Projekt unterwegs und engagierst dich mit vollem Elan. Wie ist ursprünglich die Idee der Aufforstung bei dir entstanden?

Die Idee entstand am Karfreitag 2011, als ich mit dem jetzigen Projektpartner Joseph Sekiku aus Kayanga, Region Karagwe im Nordwesten von Tanzania, bei einem Besuch von ihm in dem frühlingsfarbenen Hildesheimer Wald spazieren ging. Wir sprachen über die Verschiedenheiten der Regionen hier in Deutschland und dort in Tanzania. Der Joseph war total begeistert von den bewaldeten Bergkuppen hier in Deutschland und wir beschlossen ein Aufforstungsprojekt zu starten.

Karagwe
Karagwe

Wie bist du genau auf diesen Landstrich gekommen? Die Welt ist ja groß und hätte sicherlich etliche weitere Möglichkeiten geboten.

Jau Karsten, die Welt ist echt groß. Nach Karagwe bin ich über ein Austauschprojekt zwischen Bürgerradios aus Niedersachsen und Community Radios in Tanzania gekommen. Dort bin ich dann auf den Radiodirektor Joseph Sekiku getroffen. Nach einigen Tage des Einlebens haben wir angefangen mit der gemeinsamen Arbeit. Diese war während der Zeit in Tanzania schon intensiv und dann bei seinem Gegenbesuch in Hildesheim ebenso. In der Region Karagwe sind mir die kahlen Bergkuppen besonders aufgefallen.

Du bist Europäer und setzt dich für eine gute Sache in Afrika ein. Wie sind dir die Menschen vor Ort am Anfang des Projekts begegnet? Hat sich da eventuell etwas im Laufe der Zeit verändert?

Wazungu ist die Mehrzahl von Muzungu und bedeutet Weiße/Europäer in Kisuaheli, der übergreifenden Sprache in Ostafrika. Die Bevölkerung dort ist sehr nett und aufgeschlossen den Europäern gegenüber. In der Kultur ist das auch durch den geschichtlichen Hintergrund normal. Jeder Muzungu ist für die Einheimischen dort sehr reich, da er in Europa ein Dach über dem Kopf und tägliches Essen zur Verfügung hat. Und dann kann er sich noch den Flug nach dem fernen Tanzania leisten. Für die Bevölkerung wäre es somit auch eine verpasste Chance, einen Muzungu nicht nach etwas zu fragen, um das kulturell verankerte Teilen nicht zu nutzen. Bei unserem Projekt fragen mich die Menschen nicht nach irgendetwas, sondern wir fragen die Farmer und Schulen ob sie Bäume zum Pflanzen auf den eigenen Böden/Grundstücken benötigen. Diese Verschiedenheit erleichtert vieles in Tanzania und hat volle Akzeptanz in der Gesellschaft.

Joseph, Thomas und Yusto (von Links)
Joseph, Thomas und Yusto (von links)

Gab es auch klare Widerstände?

Na klar gab es die Vorbehalte zu Beginn des Projekts, wie ob wir das Umsetzen was wir versprechen, ob nicht schon wieder ein Muzungu kommt der gleich wieder geht und nichts passiert, usw.. Wir diskutierten viel mit verschiedenen Ebenen des Systems in Tanzania und konnten die Widerstände oder Vorbehalte ausräumen.

Wer unterstützt dich vor Ort?

Vor Ort unterstützt uns das Fadeco Radio durch die Ausstrahlung von Bildungsprogrammen zum Thema Umwelt, Umweltschutz und Bäume pflanzen. Das Radio ist dort die Zeitung für die Ohren und ein sehr stark gehörtes Medium. Joseph Sekiku der Projektpartner in Karagwe steht in den Regenzeiten, wo wir dort in Aktion treten, an unserer Seite und bereitet einiges vor bevor ich zum Setzlinge pflanzen nach Tanzania fliege. Die Dorfvorstehenden in der Ortschaft Chanyamisa, wo der Wald gerade entsteht, sind aktiv dabei. 2012 hat das Projekt an einer Krankenstation, wo das Dach durch starke Winde nicht mehr existierte, 400 Bäume für den künftigen Windbruch gepflanzt. Die Menschen sind sehr dankbar für die Hilfe.

Nachhaltigkeit ist ja in aller Munde. In Sachen Energiewende und auch bei der Entwicklungspolitik, um nur zwei Bereiche zu nennen, wird der Begriff nahezu inflationär benutzt. Dein Pflanzen von Bäumchen wirkt bei all den anderen groß ambitionierten Vorhaben viel pragmatischer, ja vielleicht sogar realistischer. Worin siehst du die Nachhaltigkeit deines Projekts?

Ich setze auf eine Two Way-Nachhaltigkeit. Nettes Wort, hahaha. Hier in Deutschland berichte ich über die Nachhaltigkeit der Mittel die eingesetzt werden und wie die direkte Arbeit mit Schulklassen, die zum Beispiel einen Sponsorenlauf durchgeführt haben und einen Teil der Mittel dem Projekt zur Verfügung stellen. Ich rede mit den Schulklassen über die letzten Aktionen in Tanzania und zeige Bilder von den Fortschritten. Mit Sendungen im Bürgerradio und Artikeln in Zeitungen informiere ich sehr gern den Menschen in der Region Hildesheim. In Tanzania zeige ich den Menschen Filmaufnahmen von den Schulkindern die auf dem Sponsorenlauf gelaufen sind. So kommt ein Teil von hier nach Tanzania und umgedreht. Nachhaltigkeit in Tanzania lehren wir dort wie schon gesagt über die Bildungsprogramme im Radio und auch durch simple Gespräche, wie hier der Aufbau von Wäldern funktioniert oder wie schädlich die Eukalyptusplantagen für die Umwelt sind.  Eine Arbeit auf Augenhöhe ist zum Glück in dem Projekt gegeben.

Pinus Patula 2011
Pinus Patula 2011

Pinus Patula nach zwei Jahren in der Erde
Pinus Patula nach zwei Jahren

Die folgende Frage mag banal daherkommen, aber wie bist du auf die konkreten Pflanzen gekommen, die du anpflanzt? Hast du dich da vorher informiert oder war es nach dem Motto „Versuch macht klug“?

Die Region Karagwe in Tanzania liegt auf 1400 bis 1600 Meter Höhe. Ich als Greenhorn in Tanzania habe mich zu Beginn auf die Aussagen meines Projektpartners Joseph und dem Regionsförster verlassen, was dort als Setzling in Mutter Erde gebracht werden kann. Häufig wurde ich schon gefragt, ob ich die Bäume hier kaufe und mitnehme. Nee, wir kaufen dort wachsende Baumsorten und pflanzen sie in Mutter Erde. Ein Ziel in naher Zukunft ist, die alten seltenen Baumsorten wieder in die Region zu holen und aufzuziehen. Bei jeder erneuten Reise nach Tanzania erweitert sich mein Wissensschatz in Bezug auf die Bäume dort vor Ort. Im letzten Oktober habe ich so einen kleinen Baum, der sich schon etabliert hatte, sterben gesehen, da es zu trocken zu der Jahreszeit war und die Termiten ihn zur lebensnotwendigen Versorgung quasi leer getrunken haben.

In deiner Info taucht der Begriff „Wald“ auf. Ist es in der Zwischenzeit einer geworden?

Ja 🙂 Es ist noch ein junger Wald. Grundstücke, die von verschiedenen Farmern aneinander liegen, werden so bepflanzt, dass der Wald zusammenhängen wachsen kann. Als wir im November 2011 die ersten Bäume setzten, gab es dort wo sie stehen nur Gras und Kraut. Nun wachsen dort die Bäume und manche sind in 2 Jahren über 4 Meter in die Höhe gewachsen. Insgesamt hat das Projekt dort vor Ort 18750 Bäume gesetzt. Es werden sicherlich so 80% davon Überleben und in den nächsten Jahren kommen noch etliche dazu.

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Silbereiche 2011

Silbereichen 2012 nach einem Jahr in der Erde
Silbereichen nach einem Jahr

Bei unserem letzten Zusammentreffen beim Weedbeat 2013 hast du mir Fotos gezeigt auf denen zu sehen war, wie sich einzelne Anpflanzungen im Laufe der Zeit entwickelt haben – sprich gewachsen sind. Beschreibe doch mal das Gefühl, wenn du im Flieger nach Afrika sitzt und nicht genau weißt, was dich bei dem erneuten Besuch erwartet.

Wenn ich es endlich, nach allen notwendigen Vorbereitungen die ein Interkontinentalflug mit sich bringt, geschafft habe im Flieger zu sitzen, kommen die Bilder meiner letzten Reise hoch und ich freue mich schon auf die neuen Eindrücke, die auf mich warten. Da ich versuche meine Reisen immer ein wenig anders zu gestalten, bin ich zuerst auf die Länder gespannt, über die ich einreise um nach Tanzania zu kommen. Beim letzten Flug bin ich über Kigali in Ruanda geflogen und dann von Ruanda nach Tanzania eingereist. Beeindruckend wie die Länder doch verschieden aussehen. Und in Ruanda gibt es keine Plastiktüten. Fand ich echt super. Komme ich dann zu dem Wald, werde ich aufgeregt und bekomme bisher immer eine wohlige Gänsehaut. Starke Freude steigt in mir auf. Ich war bisher immer überwältigt von den Ergebnissen, die das Projekt bisher erreicht hat.

Wie kommst du an die Finanzen für dein Projekt?

Die Finanzen kommen von den verschieden Spendern und einigen lieben Mitmenschen mit denen ich Projekte zum Thema „Hildesheimer Wald für Tanzania“ durchführe. Ein Brennholzhändler aus der Region Hildesheim spendet für jeden verkauften Meter Holz einen Euro für das Projekt. Zwei Mal im Jahr helfe ich auf Zwiebelmärkten Blumenzwiebeln für diesen guten Zweck zu verkaufen. Die eingegangenen Spenden verwende ich auch nur und nur für die Kosten die direkt mit den Baum Setzlingen zu tun habe. Flugkosten und meine sonstigen Kosten zahle ich selber. Da ich in Tanzania bei dem Projektpartner unterkomme halten sich diese Kosten auch in Grenzen.

Silbereichen nach zwei Jahren in der Erde
Silbereichen nach zwei Jahren

Was können die Leserinnen und Leser dieses Interviews tun, um dich zu unterstützen?

Vieles ist möglich, um so ein kleines Projekt zu unterstützen. Wer Lust hat kann mit mir nach Tanzania reisen und seine/ihre eigenen Bäume in Karagwe in Mutter Erde setzen. Freunde und Familie können über das Projekt informiert werden und sie um einen Euro Spende zu bitten. Mit einem Euro kommen ca. 4 Bäume in Tanzania in die Erde. Auf Konzerten oder Infoveranstaltungen Geld sammeln oder mich als Referenten für einen Vortrag einladen.

Spenden können auf folgendes Spendenkonto überwiesen werden:

Afrika Karibuni e.V.
IBAN DE43252500010083068817
Stichwort: Hildesheimer Wald

Direkter Kontakt zu Thomas Sklorz: dr.thosch@gmx.de oder telefonisch unter 05121 / 7584060.

Interview: Karsten Frehe (Januar 2014)

About Karsten

Founder of the Irie Ites radio show & the Irie Ites Music label, author, art- and geography-teacher and (very rare) DJ under the name Dub Teacha. Host of the "Foward The Bass"-radio show at ByteFM.