Lee Scratch Perry’s Vision Of Paradise

Lee Perry Vision Of Paradise

Lee Scratch Perry’s Vision Of Paradise

Es ist schon eine skurril-schöne Szene, wenn sich Lee Perry im Film grüne Algen wie Dreads auf den Kopf legt und dabei sagt: “I am the original dreadlocks and I want the world to know that I am not a deadlock”. Sein violett gefärbter Bart macht das Bild dabei komplett. Lee Perry wusste schon immer, sein Publikum mit mehr als “nur” guter Musik zu konfrontieren – irgendwo zwischen Genie und Wahnsinn angesiedelt hat er, wie kaum ein anderer Künstler, die Geschichte des Reggae beeinflusst. Das Publikum hat es ihm zumeist gedankt, auch wenn er – gerade in den letzten Jahren – aufgrund seiner exzentrischen Auftritte sicherlich nicht jeden Reggaefan für sich begeistern konnte.

Der Filmemacher Volker Schaner hat Lee Perry über einen enorm langen Zeitraum von 15 Jahren immer wieder besucht und dieser wirklich außergewöhnlichen Ikone mit seinem Film “Lee Scratch Perry’s Vision Of Paradise” ein bleibendes Denkmal gesetzt, das nun, nach einer Tour durch etliche Festivals, ab dem 21.3.16 als Kinofilm in ausgewählten Lichtspielhäusern zu sehen ist. Ein toller Film, das vorweg.

Gezeigt wird ein sehr großes Spektrum des Ausnahmekünstlers. Gespickt mit viel guter Musik aus Perry’s besten Jahren begibt sich der Film auf eine Reise in den gedanklichen Kosmos des Produzenten, Sängers, Schamanen und bildenden Künstlers Lee Perry. Selbstverständlich kommt er dabei sehr häufig zu Wort, was mehr oder weniger Sinn ergibt. Oft erging es mir dabei so: immer dann, wenn ich das Gefühl hatte, nun endlich den Inhalt komplett begriffen zu haben, setzte mich Lee Perry mit einer unerwarteten, inhaltlichen Wendung gedanklich wieder vor die Tür. Zumeist mit einem wissenden Grinsen im Gesicht. Das macht jedoch gar nichts, denn der Film ist als ein Gesamtkunstwerk zu sehen. Ein Kunstfilm, der nicht durchweg klassisch dokumentiert, sondern collagenartig Konzertmitschnitte, Animationen (sehr schöne Idee!), Interviewpassagen und filmische Eindrücke von Lee Perry u.a. in seinem schweizer Domizil oder bei einer Führung durch das 1979 niedergebrannte Black Ark Studio miteinander verbindet. Zudem kommen Weggefährten, wie etwa Mad Professor und Adrian Sherwood zu Wort.
“Vision Of Paradise” besticht gerade durch dieses Vorgehen. Einer chronologisch-dokumentarischen Abfolge, wie man sie von vielen Filmen her kennt, wird hier ein komplexeres Kunstwerk entgegengesetzt: vielschichtig und nur in seiner Summe zu begreifen. Am Ende hatte ich zumindest das Gefühl, Lee Perry dann doch irgendwie oder vielleicht in Ansätzen verstanden zu haben.

Viele von euch haben den Film bestimmt im letzten Jahr bei Arte gesehen. Da war er editiert und etwas über 50 Minuten lang. Die Kinoversion ist mit 94 Minuten deutlich länger. Ein Anschauen lohnt sich also auf jeden Fall – vor allem für diejenigen, die noch gar nichts vom Film gesehen haben.

Karsten Frehe

Für weitere Infos und Termine checkt: www.visionofparadise.de

About Karsten

Founder of the Irie Ites radio show & the Irie Ites Music label, author, art- and geography-teacher and (very rare) DJ under the name Dub Teacha. Host of the "Foward The Bass"-radio show at ByteFM.