Gracy’s Bash, Varel, 8.7.17 – It’s A Yard Thing!

Anthony B

It’s A Yard Thing! Definetly…

Und ein immer wieder entspannter Event dazu: Gracy’s Bash in Varel. Während sich Hamburg sehr langsam von dem Lärm der Hubschrauber und Einsatzfahrzeuge sowie den völlig überflüssigen Tumulten am Rande des G20-Gipfels erholte, fand ca. 2,5 Stunden Autofahrt entfernt erneut dieses kleine, aber feine Festival unweit der Nordsee in Friesland statt. Nachdem im vorletzten Jahr Gentleman & The Evolution Headliner waren, im letzten Jahr Bitty McLean die Menge in seinen Bann zog, stand am Ende dieses sonnigen Samstags Anthony B mit der House Of Riddim Band auf der Bühne. Doch dazu später.

Der Reigen wurde von Grand-Z eröffnet. In bunten Gewändern legten sie eine einndrucksvolle, panafrikanische Trommelshow auf der kleinen Bühne hin, um das Publikum in Stimmung zu bringen. Das ist ihnen auf jeden Fall gelungen. Nach einer kleinen Pause ging es auf der Hauptbühne mit Schwarzpaul weiter. Die Band entstand aus der Rootsreggaeformation Bantaba und verbindet nun sehr deepe, rootsige Klänge mit deutschen Texten und einer gehörigen Prise Dub. Gerade der Dubanteil sowie die intelligenten Texte heben die Band aus dem Allerlei bereits bekannter Bands, die auf Deutsch unterwegs sind oder waren, hervor.

Vido Jelashe war aus Berlin angereist und präsentierte sich dieses Mal ganz akustisch. Mit seiner angenehm warmen Stimme und der Gitarre sang und spielte er vor allem Klassiker, wie Miriam Makebas “Pata Pata”, den Macho-Tune “Sweat (A La La La La Long)” von Inner Circle und sehr viel von Bob Marley & The Wailers. Ich persönlich fand es schade, dass von seinen eigenen Songs nichts zu hören war, denn neben Coverversionen hätte er viele eigene Tunes präsentieren können. Trotzdem: knackige Show, kam gut an!

Zusammen mit der Yard Crew stand danach Sista Gracy auf der Hauptbühne. Hübsch wie immer und mit sichtlich viel Freude führte sie durch ein Programm bestehend aus vielen alten und ein paar neueren Tunes. Viel Rootsreggae, Dancehall der 90er Jahre und eine Spur Ska wurden sympathisch auf die Bühne gebracht. Die Dame des Festivals wurde dabei von allen Anwesenden gefeiert und von Vido Jelashe als Gast bei einem Song unterstützt. Nach ihrem Auftritt legte der Conquering Sound aus Hannover eine Selection bestehend aus Klassikern hin, um die Menge gepflegt zu unterhalten. Überhaupt haben sie bei der Gestaltung der Zwischenräume sowie der abschließenden Aftershowparty eine gute Arbeit hingelegt.

Bereits Vido Jelashe hatte ja viel Bob Marley im Programm. Das Nebenprojekt Marley’s Ghost von Sebastian Sturm & Exile Airline hat die ganze Palette vom Altmeister im Programm. In der Vergangenheit wurde  immer wieder gerne eine Nähe von Sebastian Sturms Gesangstil und Stimme zu Bob Marley hergestellt. Die Idee von Marley’s Ghost ist also konsequent und dürfte sicherlich auch für etliche Engagements sorgen. Die Songs sind einfach zeitlos und so ziemlich jeder Mensch kann die eine oder andere Passage mitsingen oder sogar komplette Lieder intonieren. Der Auftritt war musikalisch 1a, was zu erwarten war. Tight gespielt, prima gesungen, sympathisch performt. Und wieder war es Joonas Lorenz an den Keys, der “Jon Lord des Reggaes”, der neben allen anderen auf der Bühne besonders aufgefallen ist. Unglaublich, was er an der Orgel hinzaubert! Dennoch war für meinen Geschmack zu viel Bob Marley beim diesjährigen Bash zu hören. Sowohl Sebastian Sturm als auch Vido Jelashe haben viel mehr Eigenständigkeit zu bieten.

Anthony B hat am Ende des Live-Programms genau das geboten wofür er bekannt ist. Zusammen mit zwei Backgroundsängerinnen und der House Of Riddim Band legte der Jamaikaner eine verdammt energiegeladene Show auf die Bühne. Es ist unglaublich, wie agil, temperamentvoll und präsent dieser Mann das Publikum immer wieder in seinen Bann zieht. Dabei hatte er etliche Hits, wie “Good Life” und “Waterpumpee”, im Gepäck. Zudem präsentierte er eine eigenwillige Interpretation von John Lennons “Imagine” dicht an der Grenze zum Kitsch. Angesichts der extremen Vorfälle in Hamburg hatte das jedoch durchaus eine Botschaft.

Wichtig zu erwähnen ist auf jeden Fall noch, dass “Gracy’s Bash” ohne den Yard nicht so schön wäre. Was für ein toller Garten! Mit viel Liebe zum Detail gestaltet, wunderschön und an jeder Ecke mit den Arbeiten von Diedel Klöver gespickt, der mit seinem Schweißgerät und viel Eisen sehr schöne und mitunter auch augenzwinkernd, witzige Werke produziert. Zudem bevölkern diesen Yard unglaublich sympathische Menschen. Danke an alle für dieses Fest!

Text: Karsten Frehe, Fotos: Karsten Frehe, Thorsten “Tosh” Seidel

About Karsten

Founder of the Irie Ites radio show & the Irie Ites Music label, author, art- and geography-teacher and (very rare) DJ under the name Dub Teacha. Host of the "Foward The Bass"-radio show at ByteFM.