Pacey “Gideon Suit” (Ancient Mountain Records)

Pacey
“Gideon Suit”
(Ancient Mountain Records – 2020)

Da ist eine auffällig lange Lücke in der Diskographie von Earl Rickett aka Pacey, obwohl er bereits als Teenager mit Everton Blender eine Jugendband gründete und alles auf eine lange Musikkarriere hingedeutet hatte. Ende der Siebziger gab es jedoch nur zwei Singles (unter dem Pseudonym Walyn Ricketts) von diesem jamaikanischen Sänger und dann kam, abgesehen von einem Auftritt beim Sunsplash 1995 und Sumfest das Jahr darauf, nichts mehr bis zur Jahrtausendwende, wo er sein erstes Album („You Are“) auf den Markt brachte. Danach siedelte Pacey nach Deutschland über, wo er zusammen mit Martin Musch und Markus Dassmann (The Senior Allstars) von Ancient Mountain Records in den letzten zwei Jahren etliche Veröffentlichungen verbuchen konnte. Darunter ein Album („Knocking on Your Door“) und einige Singles.

Das neue Album „Gideon Suit“ ist eine Ansammlung von früheren Veröffentlichungen wie „Joy & Pleasure“ oder „Jah is My Light“, allesamt in verlängerten Versionen, sowie „Ethiopia is Calling for Peace“ und neu hinzugekommenen Songs in denen Pacey anscheinend da weitermacht, wo er Ende Siebziger aufgehört hatte. Ein von zeitlichen Zwängen und moderneren Strömungen befreiter Roots-Reggae, der sich in seiner klassischsten Form zeigt. Inklusive luftiger Flöten und schmeichelnden Keyboard-Einlagen, sowie gewissen karibischen Piano-Flair und einer sehr fantasievollen Rhythmus-Sektion. Oder einer Gitarre, die gerne auch mal Solieren geht und den hin und wieder zur Unterstützung herangezogenen Bläser.

Die sorgfältig zusammengefügten Riddims und Melodien, die mit Ausnahme von „African Glory“, einer musikalischen Abwandlung von Vivian Jacksons (Yabby You) Judgement On the Land-Riddim, alle vom Duo Musch-Dassmann kommen, bilden das klangliche Gegenstück zu Paceys behutsamen Gesang, der eine unterschwellige Melancholie, aber unüberhörbar bluesbehaftete Leidgeprüftheit immer wieder an die Oberfläche spült. Dass er tatsächlich manchmal an Burning Spear oder Sylford Walker erinnert, liegt auch daran, dass Pacey aus demselben Umfeld und Zeit stammt wie diese.

Altersbedingt und anscheinend wegen seines gesundheitlichen Zustands ist „Gideon Suit“ wahrscheinlich Paceys letztes Album und dementsprechend ist er vollbepackt mit zeitlosen Statements, die weit überdauern sollten. Seine tiefe Religiosität und die daraus entstandenen politischen Ansichten decken sich mit gängiger Rasta-Philosophie.

Mit Ausnahme von „Baby Don’t Leave Me“, einer durchaus angenehmen Lovers-Ballade, widmet sich Pacey den aktuellen Themen wie der Corona-Epidemie, dem Hass und ausufernder Gewalt, wo Pacey im Titelsong „Gideon Suit“ eine apokalyptische, von Marcus Garvey und Martin Luther King lange vorhergesagte Endzeit zu erkennen glaubt. Paceys vermeintlich letzten Worte, mit den er uns auf das Schlimmste vorbereiten möchte, erscheinen angesichts dessen, was gerade so passiert, gar nicht so schlecht beraten.

Zvjezdan Markovic

About Zvjezdan Markovic

Immer auf der Suche nach neuen und alten Sounds, hat aber auch seit über 10 Jahren die schlechte Angewohnheit, darüber zu schreiben. (E-Mail zvjezdan[at]irieites.de)