Lil Obeah “Lil Obeah From Transylvania” (Sound Of Art To Come)

Lil Obeah
“Lil Obeah From Transylvania”
(Sound Of Art To Come – 2021)

“Here is the link to the first Duppy Dub LP in the world!”

Mit diesen Worten schneite kurz vor Weihnachten eine Bemusterung in mein Email-Postfach rein, der ich erst jetzt meine volle Aufmerksamkeit widmen konnte (an der Stelle noch ein FROHES NEUES an unsere Leserschaft!). ‘Duppy Dub?’ dachte ich, ‘Was ist denn das jetzt wieder?’

Duppy, das bezeichnet auf Jamaika und anderen karibischen Inseln einen meist bösartigen Geist, dem man am besten nicht in die Quere kommt – bekannt unter anderem aus Bob Marley’s Song “Duppy Conqueror”. Diese Bezeichnung auf eine Musikrichtung anzuwenden klingt zunächst abwegig, aber für das bereits im November 2021 erschienene Album “Lil Obeah from Transylvania” passt sie wie die Nadel auf die Rille. Und jahaaa, das gute Stück kommt tatsächlich aus Transsilvanien im tiefsten Rumänien, denn das ist Geburtsland des Tausendsassas Andrei Bucureci, der hinter Lil Obeah steht.

Warum er seine Musik als Duppy Dub bezeichnet wird klar, wenn man play drückt. Gleich der erste Song “Tempul” (Zeit) nimmt uns mit auf eine schaurig-schöne Reise durch düstere Klangwelten, die sich, anschaulich verpackt in prägnante Namen wie “Vraja” (Fluch), “Haos” (Chaos), “Illuzia” (Illusion) oder “Copii” (Kinder), gemächlich über acht Stücke hinweg entfalten. Ein obskurer Mix aus elektronischem Dub und rumänischem Folk, karibischem One-Drop und experimentellem Jazz, zartem Gesang und rauen Stimmen sowie Samples aus Horrorfilmen und Staatspropaganda erwartet uns, und auch nach dem dritten Mal Hören entdeckt man immer noch was Neues.

Verantwortlich für die stimmigen, teilweise fast orchestral anmutenden Kompositionen sind neben Lil Obeah selbst Tim Whelan und Hamid Mantu vom Londoner Kollektiv Transglobal Underground, Marius Costache aus Bukarest sowie der Dub-Colossus-Zauberer Nick Page, der, wie ich erfahren musste, Mitte letzten Jahres verstorben ist. Instrumentale Expertise beigesteuert haben zudem Horseman, Maria Șerban Fieraru, Adi Stoenescu, Laura Benedek, Leon Lotoțchi (der das mir bisher unbekannte Ätherophon “Theremin” spielt), Michael Acker and Mihai Moldoveanu. An einer Stelle ist sogar Lil Obeah’s Oma zu hören, Constanța Vlad – Moment mal, bei dem Nachnamen klingelt doch was. Wie hieß noch die historische Vorlage zu Graf Drakula?

Wer bei so vielen mystischen Zufällen noch keine Gänsehaut bekommen hat, weiß vielleicht das beeindruckende Cover-Design mit einem wohligen Schauer zu würdigen; die innovative Collage stammt aus der Feder bzw. Schere der Künstlerin Cristiana Bucureci, die mit viel Liebe zum Detail auch jeden der Titel mit einer Illustration versehen hat (s.u.).

“Lil Obeah from Transylvania” ist ein total schräges, dabei absolut empfehlenswertes Album, das all jenen gefallen dürfte, die sich an traditionellen Reggae-Schemata und -Lyrics sattgehört haben. Mit Ideenreichtum, viel Herzblut und einem gewissen Maß an verschmitzter Schelmerei führt es schwungvoll ein neues Sub-Genre ein, das passender nicht hätte benannt werden können: Duppy Dub.

Übrigens: Diese ungewöhnliche Veröffentlichung ist auch als Vinyl zu haben, in schönstem duppy green und in limitierter Auflage von 200 Stück. Vorbestellungen können noch bis 15. Februar HIER (Diggers Factory) aufgegeben werden.

Gardy Stein

www.soundofarttocome.bandcamp.com

Cover-Artwork der einzelnen Tracks:

About Gardy

Gemini, mother of two wonderful kids, Ph.D. Student of African Linguistics, aspiring author...