Jah Army
Highwear

Seit nunmehr 5 Jahren bringt Jah Army Highwear kontinuierlich neue Kollektionen auf den Markt, die von vielen Reggaeheads gerne getragen und sogar gesammelt werden. Zum ersten Mal widmet sich Irie Ites.de in einem Interview einem interessanten Klamottenlabel und befragte Torsten „Red I“ Sarfert nach einem Blick zurück nach vorn.

Wie seid ihr auf die Idee gekommen, selbst T-Shirts und andere Sachen zu gestalten? Wie fing alles an?

Eigentlich genauso, wie man sich das vorstellen mag: Wir lagen 2002 beim Rototom Sunsplash in unseren Hängematten und räsonierten über Jah & die Welt. Im Zuge dessen eröffnete uns Ivo die Idee ein Klamottenlabel für Rootsheads ins Leben zu rufen. Der Name: „Jah Army“! Zunächst schmunzelten wir alle darüber aber das erste was ich nach dem Festival tat, war die Domain www.jah-army.com einzurichten. Jah Army war geboren. Wir sind zwar beide keine Angehörigen irgendeines Rastahauses, haben aber allergrößten Respekt vor der Spiritualität und Kraft dieser Religion. Wir verstehen „Jah“ in diesem Zusammenhang als Inbegriff für das Gute und wollten damit bewusst einen Gegenpunkt zur U.S. Army setzen, die doch meist mit etwas Bösem assoziiert wird. Die Vorstellung so eine „Armee des Guten“ mittels T-Shirts sichtbar zu machen, fanden wir eine ziemlich fette Idee! Außerdem wussten wir, dass dieser Name polarisieren würde. Es gibt immer noch viele Reggae-Heads, die sich an den Kopf greifen und sagen: „Spinnt ihr? Ihr könnt doch Jah und Reggae nicht mit einer Armee in Verbindung bringen. Reggae ist doch Peace, Love & Unity!” Viele von diesen Leuten waren jedoch noch gar nicht geboren, als Peter Tosh schon sang: „I’m recruiting Soldiers for Jah Army“. Wir wollen bewusst weg vom rot-gelb-grünen Batik-Hippie-Image, welches doch leider immer noch von den meisten Leuten, die sich nur oberflächlich mit Reggae & Rasta beschäftigen assoziiert wird. Peace, Love & Unity ist schließlich etwas, wofür nicht nur Rastas hart kämpfen müssen. Die Wahl der Waffen ist hier wie immer entscheidend. Die von Jah Army sind „Word, Sound & Power“! Und um es auf den Punkt zu bringen: unsere Philosophie ist eher an Mahatma Ghandis gewaltlosem Widerstand angelehnt, als an den Guerillamethoden Che Guevaras. Und Lichtjahre entfernt von den Ghetto Wars in Kingston!

Die ersten Designs waren noch recht schlicht gehalten. Nach und nach verfeinerte sich die Gestaltung. Wer ist für das Design zuständig? Macht ihr alles selbst?

Wir sind alle keine Grafiker oder Designer. Unser erstes Motiv war schlicht und einfach eine positive Antwort auf die Shirts der U.S. Army und entwarf sich quasi von selbst. Es legte den Grundstein (deswegen auch „Foundation“ genannt!) für unser Label und sprach für sich selbst. Kurz darauf designte uns Neil vom befreundeten King Shiloh Soundsystem unser „Majestic“-Logo (benannt nach seinem Platten-Label „Majestic Muzik“). Aber natürlich eignet man sich im Laufe der Zeit so einiges an Photoshop-Wissen an und so haben wir natürlich auch eigene Designs. Jedoch verstehen wir Jah Army als offenes System und es ist umso schöner, dass es auch als solches verstanden wird. Wir bekommen viele Anfragen von Menschen, die gerne mit uns ein selbstentworfenes Design realisieren wollen. Wenn es uns gefällt und gewisse wirtschaftliche Parameter stimmen, setzen wir das um. So ist allen geholfen: Jeder kriegt mindestens eine gute Promotion und meist bleibt auch noch ganz gut was hängen. Und das ist im Reggae Bereich ja wirklich nicht selbstverständlich!

Wie ist die Resonanz bislang – in Deutschland und anderswo?

Die Resonanz ist durchweg positiv und das weltweit. Unser Hauptgeschäft läuft ja über das Internet, über unsere eigene Seite www.jah-army.com. Hier gibt es immer alles, was verfügbar ist und die Bestellungen gehen von Japan bis Neuseeland, wobei der Kernmarkt (hauptsächlich aufgrund von Versandgebühren) natürlich in Europa liegt. Was Bestellmengen angeht haben hier die Franzosen und Italiener die Nase vorn. Aber auch Bestellungen aus den USA werden trotz hoher Versand- & Zollgebühren immer häufiger. Da wir zu allen Kunden über email naturgemäß persönlichen Kontakt haben, bieten wir aber in solche Länder häufig Sonderpreise an. Uns geht es natürlich in erster Linie ums Überleben, aber das funktioniert natürlich auch nur über eine gewisse Anzahl an Multiplikatoren. Und gleich nach unserer wirtschaftlichen Grundsicherung steht natürlich die weltweite Verbreitung unserer Idee. Wenn wir könnten würden wir alles verschenken. Aber die Supermärkte und unsere Vermieter stehen leider nicht auf Reggae ;-)...

Immer wieder kleidet ihr Artists in eure T-Shirts zu Werbezwecken. Dabei gab es sicherlich sehr nette Begegnungen, oder?

Auf jeden Fall. Eines Tages rief mich der Manager von Gentleman an und bat mich doch auf ein Konzert zu kommen und ein paar Sachen mitzubringen, da sie alle auf unsere Sachen stehen würden. Hinter der Bühne traf ich dann auf die gesamte Mannschaft, alle waren supernett und Tilmann sagte nur: „Ich liebe eure Sachen - ich will alles von euch!“ Fanton Mojah wollte allerdings sein Shirt erst von seiner Mutter waschen lassen, bevor er es anzieht und Luciano zog seine maßgefertigte Generalsjacke sogar unmittelbar vor seinem Summerjamauftritt spontan über und ließ sie den gesamten Auftritt an. Der Tourmanager von Spearhead lotste uns zu Michael Franti mit den Worten: „These are the good guys!“

Manchmal wird man allerdings auch von völlig unbekannten Crew-Mitgliedern unvermittelt mit der Frage: „Where’s my T-Shirt?“ empfangen. Das finden wir dann nicht so Irie...

Ich kann mir gut vorstellen, dass eure Designs zum Kopieren reizen. Gab es da schon negative Begebenheiten in der Vergangenheit?

Wir behandeln das leidige Copyright-Thema eigentlich eher frei nach Konfuzius, der sagt: „Die Kopie ehrt das Original“. So gibt es auch eine friedliche Koexistenz mit den Betreibern von Jah Army Hawaii. Diese fragten uns sogar freundlicherweise, ob sie den Namen „Jah Army“ benutzen dürfen. Wir haben diesen Namen zwar schützen lassen, jedoch auch nichts dagegen, wenn so etwas zu Schulterschlüssen mit Gleichgesinnten führt. Die Reggae-Welt ist groß genug und meist macht es für alle Beteiligten Sinn in diesem Bereich zusammenzuarbeiten. So schnell wird man dann doch nicht reich... Was wir nicht leiden können, ist reine Produktpiraterie. Dafür gibt es leider auch ein paar Beispiele aus den USA, Japan und Thailand. Jemanden deswegen zu verklagen macht gerade in diesen Ländern keinen Sinn und ist auch nicht unser Stil. Letztendlich landen doch deren Kunden auch immer wieder auf unserer Seite und eventuell bedeutet das sogar einen Werbeeffekt für uns. Die bessere Strategie gegen solche Leute vorzugehen ist einfach immer einen Schritt voraus zu sein. Und unsere Qualität und unser Service sind sicherlich besser als das, was irgendwelche Vampire anbieten.

Die Ausrichtung des Labels ist schon dem Namen nach eher in Richtung von Rootsreggae-Fans. Ist das auch die Musik, die dir am nächsten ist? Wie sieht dein persönlicher Musikgeschmack aus?

Yes I! Roots Reggae! Genau der Sound, bei dem letztlich jeder richtige Fan hängenbleibt. Von Spiritualität und schierem Überlebenswillen durchtränkte, organische Sufferersmusic, die einem nicht nur in einem desolaten sozialen und wirtschaftlichen Umfeld die Tränen in die Augen treibt und dich dazu anhält immer weiter deinen Weg zu gehen. Seen? Aber ich höre auch sehr gerne Rocksteady & Early Digital Rub-A-Dub Sounds, UK Dub und ab und zu auch mal Jazz, Soul & Funk. Für alle, die es ganz genau wissen wollen: Obenauf bei mir liegen gerade die neuen Alben von Rockamovya (Groundation sideproject), Sebastian Sturm und Dubmatix. Und der neue Wackies Sampler.

In letzter Zeit gab es auch Kooperationen. Wie kamen die zustande?

Im Laufe der Zeit gab es viele schöne Kooperationen mit Designern, Fotografen, Club- & Festivalpromotern & natürlich Künstlern. Angefangen hat das Ganze wie gesagt mit Neil vom King Shiloh Soundsystem. Dann kam BenGee, der Manager & Labelbetreiber von Daddy Rings (hauptberuflich darüber hinaus ein begnadeter Designer!), auf mich zu und wollte zuerst für seinen „Raw Truth“ Riddim-Sampler eine limitierte T-Shirt Auflage machen. Weil da Dritte involviert waren hat dies dann aus technischen Gründen nicht hingehauen. Jedoch hat er uns dann drei wunderschöne Motive zur Verfügung gestellt und das Daddy Rings Merchandising in unsere Hände gelegt. Durch den ständigen Kontakt zur „Grassroots“-Reggae-Szene kamen dann Kooperationen u.a. für reggaetown.de, dubwars.net zustande. Die Krönung für dieses Jahr bestand darin, fürs Bersenbrücker Reggaejam das Festivalmerchandising machen zu dürfen (an dieser Stelle noch mal ein herzliches Dankeschön an Sheriff! You rule!). Da sämtliche Shirts schon am zweiten Festivaltag ausverkauft waren, werden wir demnächst eine kleine limitierte Menge nachdrucken. Von der künstlerischen Seite ist wohl das neue Shirt von Reggae Shooting Star „Perfect“ besonders hervorzuheben. Dies entstand in Zusammenarbeit mit Iriepathie, den Produzenten des neuen „Perfect“ Albums. Wir haben uns auf dem Rototom Sunsplash getroffen und aufgrund des in jeder Hinsicht außergewöhnlichen Artworks beschlossen, ein Shirt zur VÖ des neuen „Perfect“ Albums rauszubringen. Dies erschien Anfang des Monats und ist streng limitiert.

Welche aktuellen Projekte stehen an?

Noch läuft unser Summersale und wir atmen ein wenig durch. Die Sommersaison hat sehr viel Spaß gemacht, war aber dennoch ziemlich arbeitsintensiv. Parallel planen wir die neue Herbst/Winter-Kollektion und können es ehrlich gesagt gar nicht erwarten, ein oder zwei neue Motive auf den Markt zu bringen. Darüber wird aber noch nix verraten;-) Nur soviel: Anfang Oktober soll das Teil (oder die Teile) draußen sein. Wer informiert sein will, kann sich gerne auf www.jah-army.com in den Newsletter eintragen. Macht übrigens Sinn, da unsere Sachen alle limitiert sind. Außerdem arbeiten wir gerade mit Hochdruck an einer neuen Shoplösung, da die alte doch eher prähistorisch ist ;-). Gleichzeitig helfen wir beim Aufbau des Internet Radios „Forward FM“ (www.forwardfm.de). Was eigentlich schon von Anbeginn geplant war, war die Unterstützung eines karitativen Projekts in Afrika. Aus finanziellen & arbeitstechnischen war dies aber am Anfang nicht realisierbar. Ganz zu schweigen davon, dass es gar nicht so leicht ist, ein Projekt zu finden, wo man sicher sein kann, dass die Gelder nicht in dunklen Kanälen versickern. Wir sind sehr froh, jetzt mit Kids Kenia (www.kids-kenia.de) ein tolles Projekt mit tollen Machern gefunden zu haben und arbeiten gerade an einem Entwurf für ein T-Shirt, dessen Erlöse dann komplett an die Organisation gehen soll. Quasi als Weihnachtsgeschenk. Frei nach dem Motto: „Love is all we bring inna we khaki suit and ting“.


Interview: Karsten Frehe (09/2008)