Karl Emanuel & Dub Division beim Spreehafenfestival 2007

 



Planet Dread Records

Die Singles des Hamburger Reggaelabels Ire Hi-Fi, die ab und an aus der Undergroundschmiede in der Schanze tröpfeln, sind sehr häufig „Must-Haves“ und wurden nicht selten zu viel gefragten Rariäten. Eine Zusammenstellung von ausgewählten Aufnahmen des Studios von Pensi auf Albumlänge ließ lange auf sich warten, wurde 2007 dann aber Realität. „Ire Hi-Fi: Play De Music – Original Recordings 1996 – 2006“ erschien und wurde schnell zu einem Meilenstein, der auch heute noch aufgrund der Zeitlosigkeit auf Nachfrage stößt. Hinter dem Projekt stand neben Mattias Pensi“ Penselin himself vor allem Heiko Senger-Bhadra, der das Album auf seinem frisch gegründeten Label Planet Dread Records heraus brachte und dafür viel Koordinierungsarbeit geleistet hat. Mit Erfolg! Grund genug, jetzt rückblickend und zugleich vorausschauend Fragen an Heiko zu stellen...


„Play De Music“ schlug zwar nicht sofort ein, wie eine Bombe, wurde aber nach und nach von einem Geheimtipp zum Meilenstein und verkauft sich immer noch gut. Hast Du mit diesem Erfolg gerechnet?

Ich habe eigentlich schon damit gerechnet, dass das Album seine Abnehmer findet. IRE HI-FI hat sich ja in den letzte Jahren schon verdienter Maßen Kultstatus erarbeitet. Außerdem ist die musikalische Qualität eine langlebige. Allerdings wurde mir zum Veröffentlichungs-Zeitpunkt dringest davon abgeraten, mit einem neuen Label zu starten. Zu dem Zeitpunkt gingen diverse Labels und Vertriebe pleite, und die Situation des physischen Tonträgermarktes sah mehr als schlecht aus. Ich dachte mir aber, wenn das in so einer Phase klappen sollte, kann es hinter her nur einfacher werden, und habe das als Herausforderung gesehen.

„Zeitlosigkeit“ ist für mich auch immer ein Attribut, wenn ich die Musik höre, die von Pensi & den Uptones. Im Studio zusammen geschraubt wurde. Was macht für dich den Reiz an Ire Hi-Fi-Produktionen aus?

Eben die Zeitlosigkeit, aber auch die Originalität und Vielseitigkeit, sowohl der Riddims, als auch bei der Artist Auswahl. An dieser Stelle sei klar gestellt, dass Andreas Brikalin von den UPTONES die meisten Riddims beisteuert, wie auch auf dem Album zuhören.

IRE HI-FI-Produktionen haben für mich einen einzigartigen Vibe, der auch zu Recht international respektiert wird.


Pensi

Wie kam es zu der Zusammenarbeit zwischen Pensi, Ire Hi-Fi, und dir, Planet Dread?

Nach dem ich 1988 für Karl Emanuel begonnen habe, bei seiner Band DUB DIVISION Perkussion zuspielen, bin ich 1991 zu DI IRIE’S gewechselt, wo ich angefangen habe mit Pensi zusammen Reggae zu leben. Zu jener Zeit hat Pensi parallel schon mit IRE HI-FI als Sound System angefangen, und wir haben uns alle gegenseitig unterstützt, um Reggae durch Veranstaltungen, wie „DUB CLUB“, „ROOTS CLASH“ oder „UBAN SOUND CLASH“ zu etablieren. Aus der Zusammenarbeit von DI IRIE’S, IRE HI-FI, DUB ME RUFF und SILLY WALKS entstand dann auch 1995 das erste Reggaestudio SOUND NAVIGATOR hier in Norddeutschland, in dem auch die ersten IRE HI-FI Produktionen stattfanden. Ich habe zwischenzeitlich auch wieder mit Bands, wie DUB DIVISION, ONE DROP POSSE und NATTY REBELS zusammen gearbeitet und Pensi hat sich mit Olli von SILLY WALKS ein eigenes Studio aufgebaut, um Single-Veröffentlichungen auf seinem eigenem Label IRE HI-FI erfolgreich fortzuführen. Als Pensi ein Label suchte, um zu seinen Single-Veröffentlichungen ein Longplayer hinzuzufügen, gab es kein geeignetes, welches in der Lage war, dem Stil der Single-Veröffentlichungen treu zubleiben. Daraufhin habe ich ihm einfach angeboten, das selber zu machen, wobei ich den Label-Part übernommen habe. Da ich mich seit Anfang des 21. Jahrhunderts als aktiver Musiker zurück gezogen hatte, liebäugelte ich schon seit geraumer Zeit mit der Idee eines eigenen Labels, um diesmal Künstler zu unterstützen und Reggae zu publizieren. Mit der „IRE HI-FI: Play De Music“ Veröffentlichung sah ich dann den idealen Zeitpunkt gekommen.

Du warst selbst, wie du sagst, zu einer Zeit in Deutschland in Sachen Reggae unterwegs, als es noch keinen großen Hype gab, Gentleman noch durch die kleineren Clubs des Landes tourte und es z.B. Seeed noch nicht einmal gedanklich gab. Was würdest du – rückblickend und zugleich auf das Jetzt bezogen – als wichtige Unterschiede von „damals“ zu heute nennen?!?

Anfang der 90’ziger mussten wir darum kämpfen ein Publikum zu finden, mit dem wir Reggae teilen konnten (die ersten Roots Clashes zwischen IRE HI-FI und CRUCIAL VIBES haben vor rund 40 Leute statt gefunden). Zu der Zeit konnte man aber natürlich noch viel ausprobieren. „Heute“ gibt es eine viel größere Infrastruktur und Nachfrage für Reggae, und ich denke, man muss eher seine Einzigartigkeit finden und bewahren, um nicht vereinnahmt zu werden.

Kommen wir zurück zum Album. „Interior Of Africa“ von Karl Emanuel taucht in Kritiken und Gesprächen immer wieder als einer der wichtigsten Titel auf, wenn nicht gar als der versteckte Hit. Der Tune ist schon älter. Kannst du was zur Geschichte von „Interior Of Africa“ sagen?

Der Bassist von DUB DIVISION Thorsten „Toots“ Van Der Lubbe kam 1988 mit einem deepen Roots Riddim zu Karl Emanuel Musoke, der ihn zu „Interior Of Africa“ inspirierte. 1995 habe ich mit Emanuel und DUB DVISION diese langsamere und deepere Version von „Interior Of Africa“ im Sound Navigator Studio produziert und aufgenommen. Diese 6-7 min. lange Aufnahme mit Dub Version liegt noch in meinem Schrank.Pensi war schon früh ein Fan dieses Stückes, hatte aber eine etwas schnellere und ruffere Version, mit einem Steppers-Drumbeat davon im Kopf. Für das Album hat Pensi dann endlich mit der ONE DROP POSSE einen Riddim dafür produziert, und Emanuel angeboten „Interior Of Africa“ darauf zu singen, um den Tune erstmalig zu veröffentlichen, was Emanuel glücklicherweise sofort nutzte.

Was sind die wichtigsten drei Eigenschaften, die du an Karl Emanuel, der ja in Hamburg wohnt, musikalisch schätzt?

1. Seine einzigartige, kraftvolle, afrikanische Roots-Stimme.

2. Die Fähigkeit zu improvisieren. Wenn man ihm einen vibe-vollen Riddim gibt, dann sprudelt es nur so aus ihm raus, und er ist nicht mehr zu stoppen, wie man bei den „Dub The Club“-Sessions öfter bewundern konnte.

3. Außerdem seine Ausdauer, die es ihm ermöglicht DUB DIVISION immer noch anzuführen, trotz fehlendem kommerziellen Erfolg.

Neulich hast du mir kurz berichtet, dass du zur Zeit zusammen mit Karl Emanuel & Dub Division am Basteln bist. Kannst du Genaueres sagen....

Emanuel und ich produzieren derzeit die Tunes „Call Your Children Home“ und „We Been“ von DUB DIVISION. Die werden als Singles jeweils mit Dub Version veröffentlicht. Ein Rockers lastiger Steppas, und ein super rootsiger One Drop.

Gibt es schon so etwas wie ein angepeiltes Releasedate der Singles, oder ist es noch zu früh, hier eine Ziellinie zu verkünden?

Der Releasedate ist für den Herbst angedacht, wenn das sommerlicher Gemüt der Leute wieder abgekühlt ist, und die Aufmerksamkeit wieder da ist.

Hast du jetzt schon weitere Ideen für zukünftige Projekte auf Planet Dread Records?

Pensi und ich denken über ein zweites IRE HI-FI Album nach. Möglich ist auch das eine oder andere Artist Album mit IRE HI-FI Produktionen. Je nach Feedback der Single Veröffentlichungen von Dub Division, wäre nächstes Jahr auch ein Album möglich. Des Weiteren halte ich Ausschau, nach Artists mit Potenzial für Single Veröffentlichungen. Grundsätzlich soll PLANET DREAD RECORDS jegliche Reggae-Artists, mit Authentizität und Langlebigkeit, nach seinen Möglichkeiten unterstützen.

Give thanks

Interview: Karsten Frehe (07/2008)
Foto Pensi: Julian Thomann