Santeria - Bad Habit


Gerade liegt ihr neuer Longplayer vor. "Bad Habit" heisst er und setzt den begonnenen Weg konsequent fort! Nicht stilistisch in eine Schublade einzuordnen, sondern vielseitig wie gewohnt!

Wie lange gibt es Santeria in der heutigen Zusammensetzung schon?

Angefangen haben wir im Sommer 2001, damals noch zu fünft. Im Probekeller wurde an ersten Songs gefeilt und nach ersten Ausflügen Richtung SkatePunk war relativ schnell klar wohin die Reise gehen soll. Die Ur-Besetzung bestand aus Don Bepone an der Gitarre, Fabe an den Drums, Chris am Bass, Sebi an den Keys und Paradizer am Mic. Erste Auftritte haben wir 2003 absolviert und wir haben uns in relativ kurzer Zeit aus den Kellern unserer Stadt auf Festivals wie das Sommer-Tollwood und Support Bühnen für Bands wie wie No Te Va Gustar und die Slackers gespielt. Kurz darauf haben wir die Porn Horns angeworben, und haben aus der klassischen Bandbesetzung eine Art Kapelle entwickelt. Seit inzwischen zwei Jahren haben wir mit Al CapHorn, Don Carlos und unseren Rookies Mathieu und BlowJoeBen eine ziemlich tighte Bläsertruppe am Start. Unsere letzten Neuzugänge sind Nina Alverdes, Sista Lou am Gesang und Paolo an der Gitarre. Ich würde sagen, als inzwischen zwölfköpfige Band sind wir jetzt komplett. Es macht riesig Spaß mit der großen Combo auf Tour zu gehen und zu spielen. Auf den Konzerten ist echt mal was geboten und die zwischenmenschliche Komponente kommt unterwegs nicht zu kurz.

Neue Wege gehen, scheint euer Hobby zu sein. Der Santeria Sound ist ziemlich vielfältig. Wie kommt es dazu?

Der gemeinsame musikalische Nenner ist in unserem Fall nicht eine bestimmte Richtung, sondern die Freude an der Vielfalt und das Interesse, die verschiedenen musikalischen Vorlieben in den Gesamtsound einzubringen. Keiner von uns ist hardcore Verfechter einer bestimmten Richtung sondern wir lieben alle gute Musik. Das Fundament unseres Sounds liegt mit Sicherheit in der Musik aus der Karibik. Ska, Reggae, Dub und so weiter. Darüberhinaus hat jeder von uns Bock auf unterschiedliches, egal welches Genre. Das geht von Zappa bis Marley von Modern Roots bis Jazz. All die verschiedenen Einflüsse gehen in unseren Sound ein. Erlaubt ist in dem Sinne, was gefällt. Die Lieder entstehen bei uns nicht auf dem Reißbrett, sondern aus der Freude am Spielen und Ausprobieren. Oft sind wir selbst überrascht, in welche Richtung es geht. Das neue Album hat beispielsweise über Strecken einen latenten Country’N’Western Touch. Uns gefällts. Ich hoffe unsere Hörer werden es uns nachsehen.

In eurem Sound vermischen sich viele verschiedene Stile. Was habt ihr früher gehört?

Was uns vereint, ist das Interesse an Offbeat. Ansonsten hat jeder sein Steckenpferd. Indie Rock, Jazz, Funk, Soul, Metal, Electro, you name it. Wir haben keine Lust auf musikalisches Schubladendenken. Was gefällt wird gehört. Doch man darf das nicht verwechseln. Es geht nicht um das wahllose Aneinandereihen musikalischer Zitate, sondern eher um ein Filtrat aus den verschiedenen Einflüssen.

Wie schätzt Ihr die Ska/Reggaeszene ein und was sagen die Kollegen aus der Ska- Reggaeecke zu euren Tunes?

Schwer zu sagen. In der Ska Szene gibt es gewisse No Go’s was den Sound und auch Image betrifft. Die Hardliner unter den Ska Fans beäugen uns teilweise mit kritischen Blicken, weil wir nicht dem Blueprint einer TwoTone Ska Band entsprechen, was durch x-fache Wiederholung zu einer Art Marke geworden ist. Die Reggae Szene ist in dieser Hinsicht etwas offener. Hier ist die häufigste Reaktion eine andere. Das Feeling unserer Musik ist definitiv Reggae. Viele freuen sich in diesem Kontext auch mal andere Klänge innerhalb der vertrauten Schemata zu hören. Ich denke die Leute, die mit unserem Sound etwas anfangen können sind Fans von Latino Ska, Mano Negra, Sublime, Leute die Interesse an guter Musik und am Experiment haben, sowie Leute die des abends gerne mal das Tanzbein schwingen. In München gibt es derzeit eine ganz lebendige Szene im Bereich Reggae und Ska. Die Leute sind alle irgendwie miteinander bekannt und helfen sich gegenseitig aus. Das ist ein recht fruchtbares Umfeld zum Musikmachen. Es herrscht keine Konkurrenz und kein Scheuklappendenken sondern die Altgedienten helfen den jüngeren auf die Füße und schauen Ihnen auch gelegentlich auf die Finger. Schaut mal vorbei bei uns, es lohnt sich.

Welche musikalischen Erlebnisse haben euch mitgerissen/beeinflusst?

Ein Wesenszug der Musik die uns interessiert, ist Intensität. Jeder von uns ist ein Fan von Bands die etwas Kraftvolles und Rohes transportieren. Das findest Du im Reggae genauso wie im Punk oder auch im Rap Bereich. Oft entsteht die Intensität aus der Kombination von Musik und Message, die sich gegenseitig in einer Form verstärken und den jeweiligen Song zu einem Brett machen. Das ist es, was auch wir mit unserer Musik transportieren wollen. Darüberhinaus gibt es viele Einzelereignisse, Live Konzerte die einem den Mund offen stehen lassen. Bands, die uns mit Ihren Live Gigs inspiriert haben, sind beispielsweise die Aggrolites, die Slackers, Sergent Garcia, The Cat Empire, Manu Chao, Rancid, The dropkick Murphys sowie auch Acts wie Rage Against The Machine, Charlie Brown Jr. oder Looptroop.

Wie entstehen bei Euch die Songs und wer schreibt die Texte?

Wie gesagt, über den genauen Entstehungsprozess der Songs sind wir uns oft selbst nicht so ganz im Klaren. Auf einmal waren Sie halt da… Was oft passiert, ist, dass ein Bandmitglied mit einer Line oder einem Riddim in die Probe kommt, den er gerade frisch reinbekommen hat. Es wird viel gejammt. Wenn es gefällt, wird ein Song daraus, wenn es nicht gefällt, verschwindet es meistens wieder von selbst. In seltenen Fällen werden Karteileichen über einen längeren Zeitraum hin mitgenommen. Die meisten Lieder, die es auf Konzerte oder die Platte schaffen haben uns zu irgendeinem Zeitpunkt während der Entstehung mit einem Smiling versehen. Deswegen macht es uns auch Spaß, sie immer wieder zu performen und den Leuten die Sie hören ebendieses Smiling auf das Gesicht zu zaubern. Einige Lieder heben sich auch über die Jahre in kleinen Schritten immer wieder verändert und eingeschliffen. Einige waren von Anfang an gut. Zu den Highlights unserer Shows gehören immer noch einige Songs, die noch aus der Anfangszeit unserer Band stammen. Wir schätzen uns glücklich, dass wir inzwischen eine präsentable Liste von starken Songs haben, die wir auch immer wieder gerne zum besten geben. Mit „Rumours“ hat es sogar einer unser Good Old Time Favourites auf das neue Album geschafft. Die Texte stammen meistens aus der Feder der Sänger. Die anderen Bandmitglieder haben Ihren Mitteilungsdrang inzwischen an den Nagel gehängt, sofern er vorhanden war. Das funktioniert und ist OK. Die eigenen Gedanken und geistigen Auswürfe lassen einfach am überzeugensten rüberbringen. Ich denke für einen guten Songschreiber ist es eine Art Drang, sich über das Medium Text und Musik mitzuteilen.

Nach so vielen Konzerten werdet Ihr eines ganz bestimmt nie vergessen, welches?

Es gibt viele gute Konzerterlebnisse. Im Grunde hat jeder Gig seinen eigenen Vibe, sodaß es schwerfällt, den einen besten rauszufiltern. Wir mögen natürlich Konzerte mit guter Resonanz. Es ist etwas vom geilsten was dir passieren kann, wenn sich die Leute zu deinem Sound die Hacken wundtanzen oder jemand in der ersten Reihe die Texte auswendig mitsingt. Absolute Highlights waren mit Sicherheit das Chiemsee Reggae Festival 2007 nach unserer ersten Scheibe Rocksteady Telegraph oder das Donauinselfest in Wien vor gefühlten x-tausend Zuschauern. Daneben gibt es aber auch Gigs in den interessantesten Locations in sonstwo, die Du normalerweise nie zu Gesicht bekommen hättest. Ich denke da an winzige Räume, die aus allen Nähten geplatzt sind, schweisstreibende Gigs direkt neben dem eingeheizten Kachelofen, Bühnen direkt an der Bar mit direkter Schnapsversorgung durch den Wirt oder spontane Jamsessions nach dem Konzert, die teilweise witziger waren, als der Gig selbst.

Wie versteht sich der Titel eurer neuen Platte „Bad Habit“?

Wir sind sehr stolz, dass uns diesmal gelungen ist, was bisher noch nie geklappt hat. Wir haben einen unserer Songtitel als Namensgeber für das Album gewählt. „Bad Habit“ dreht sich im Großen und Ganzen um das leidige Thema Geld, Kies, Moneten und die absurden Blüten, die die Kohle mit der Menschheit treibt. Die schlechte Angewohnheit, mit der wir alle (damit seid auch Ihr gemeint) uns die Suppe selbst gehörig versalzen. Leider hängen auch wir an diesem miesen Tropf. Aber wir sind so frei uns diesbezüglich kritisch zu äußern. Hört es euch an.

Wie lange habt Ihr an eurem Album gearbeitet?

It’s a lifelong Thing. Der Songwriting Prozess läuft natürlich permanent ab, so dass es schwer ist, den Zeitpunkt ab der ersten Idee bis hin zum fertigen Album zeitlich einzugrenzen. Der älteste Song, den wir auf das Album gepackt haben, stammt tatsächlich noch aus unserer Startzeit vor acht Jahren. Andere Songs kamen im Laufe der Zeit dazu. Wieder andere haben wir gezielt für die Platte geschrieben. Sagen wir es so: Die erste HiHat wurde Weihnachten 2008 aufgenommen. Jetzt, knapp fünf Monate später halten wir das Baby in den Armen. Und es ist ein schönes Kind geworden.

In letzter Zeit ging es ja in Süddeutschland mächtig ab, eure Live Show hinterlässt regelmäßig ein ausgelassenes Publikum. Wo wollt und werdet Ihr in Zukunft die Massen zum schwitzen bringen?

Für 2009 ist eine kleine Tour durch Italien geplant. Unsere neuen Songs sind teilweise in italienisch gesungen. Die wollen wir natürlich unseren Freunden jenseits der Alpen nicht vorenthalten. Ansonsten sind wir hauptsächlich im Süddeutschen Raum unterwegs. Checkt mal unseren Tourkalender unter pornhorns.de und kommt vorbei, wenn wir in eurer Stadt sind.

Was steht/liegt auf jeden Fall im Backstage einer Show und ist auf keinen Fall wegzudenken?

Als Musiker musst Du bescheiden sein. Die Erfahrung hat uns gelehrt, dass anspruchsvolle Wünsche wie Massageliegen, Whirlpools und verschiedene Sorten frisch gepresster Fruchtsäfte eher selten erfüllt werden, obwohl es der Bühnenperformance natürlich zuträglich wäre. Daher geben wir uns meistens mit ein paar kühlen Blonden, reichlich Absolut mit Beigetränken, kleinen Snacks sowie einem Bund Salbei zufrieden. Ansonsten findest Du in unserem Backstageraum Blechblasinstrumente, mehrere Gitarren, zwei Hunde und jede Menge gute Laune.

Ohne Regeln geht’s nicht, das kennen wir ja schon. Welche ist die aller aller wichtigste bei Santeria & the Pornhorns?

Ganz einfach. Recht hat immer der Tourmanager.

 

Interview: Nathalie Astor (4/2009)