SteelString
"Die Gitarren malen das Bild, Reggae ist die Leinwand"
- ein einprägsames und zugleich passendes Bild zur Umschreibung dessen, was SteelString aus Straubing besonders macht. Der Name ist Programm, denn bei SteelString sind die Gitarren dominanter als bei allen Spielarten des Rootsreggae, die einem zuvor begegnet sind. Während die Gitarre im Reggae selten als Leadinstrument eingesetzt wird und selbst bei den verwestlichten Aufnahmen von Bob Marley & The Wailers über ein gelegentliches Solo nicht hinausgekommen sind, wird hier Rootsreggae mit dominaten Saiteninstrumenten serviert. Gitarren können weinen, jaulen ... lachen. Uno Jahma, Christian Minor und Mxim Joker sind der Kern der Truppe. Während Uno ganz im Stil eines Bob Marleys singt untermalen bzw. ergänzen die anderen beiden Musiker den Gesang. Die restlichen Akteure bilden die Rootsreggaebasis - sprich "die Leinwand", um obiges Bild noch einmal zu zitieren. Mit "To The Root" liegt das erste Full-Lenght-Album vor. Die Bayern setzen damit ihre ganz eigene Vorstellung von Reggae in die Welt und dürften sich auch in Richtung Norden schnell eine Fangemeinde aufbauen.

 


Selten hat man im Reggae Gitarren, die so dominant den Sound bestimmen, wie bei euch. Normalerweise wird der Reggaegitarrist zur eher zum Perkussionisten, der selten mal ein Solo spielen darf. Wie seid ihr auf die Idee gekommen, Gitarren so vielseitig einzusetzen?

Es ist nicht so, dass wir uns diese Art von Reggae von Anfang an zum Ziel gesetzt haben, vielmehr hat sich unser Stil im Laufe der Zeit in diese Richtung entwickelt. Das lag wohl unter anderem daran, dass Maxim und Christian, zwei Gitarristen sind, die einen ausgeprägten Geschmack für Gitarrenmusik besitzen, der sich selbstverständlich auch in den eigenen Songs niederschlägt.
Es ist eigentlich schade, dass man im Reggaebereich so wenig Gitarren findet. Eigentlich bietet Reggae so ein bequemes Feld ist um Solos zu spielen oder Ligs einzubringen. Warum das trotzdem selten vorkommt? Hm, wahrscheinlich weil die Reggaemusik ursprünglich aus Afrika kommt und Afrikaner sich tendentiell eher an Rhythmus Instrumenten orientieren, während man außerhalb Afrikas eigentlich relativ oft auf gute Gitarristen trifft, da in dieser Kultur mehr die Harmonie als der Rhythmus im Vordergrund steht. Es gibt natürlich auch ein paar schwarze Gitarristen, z.B. Jimmy Hendrix... Wir orientieren uns nicht an der Hautfarbe. Wir versuchen sozusagen die zwei Kontinente ein bisschen näher zusammenzubringen indem wir Harmonie und Rhythmus kombinieren.

Gibt es für euch Vorbilder, bei denen Gitarren im Reggae eine ähnliche Dominanz haben?

Um ehrlich zu sein, bin ich noch auf keine Reggaeband gestoßen, die derart auf Gitarrenarbeit setzt. Aber mein Erfahrungsfeld ist begrenzt. Das heißt also nicht, dass eine solche Band nicht vielleicht doch bereits irgendwo existiert. Vielleicht kennt jemand eine solche Band...? Es würde uns freuen unsere Kollegen kennen zu lernen.
Vorbilder würde ich nicht sagen, Aber wir haben Lehrer, aus verschiedenen Bereichen der Musik, die uns mit dem nötigen Wissen eines bestimmten Themas versorgen. Wir nehmen das Wissen und verarbeiten es. Daraus entsteht dann unser eigener Stil.

Wie reagiert das Publikum, wenn es zum ersten Mal mit eurem Sound in Verbindung kommt?

Das ist ganz unterschiedlich. Eine größere Zuhörerschaft akzeptiert uns meistens schnell und ehe man sich versieht sind alle extatisch am tanzen. Aber es kann auch mal passieren, dass wir vor einem Publikum spielen, das nicht unbedingt unserer Zielgruppe entspricht. Wie so ein Gig dann verläuft ist ganz individuell und lässt sich schwer beschreiben. Oft kann man noch das beste draus machen.

Eure Gesänge und die Texte kommen hingegen eher klassisch daher und orientiert sich am Rootsreggae. Gibt es hier spezielle Lieblingssänger oder gar Idole?

Wir haben den Begriff „Roots“ gewissermaßen noch ein bisschen abgekürzt: „Root“. Dieses Thema kann man sehr viel besser auf unserem Album „To The Root“ verstehen. Viele Wurzeln führen zur Hauptwurzel. Genauso wie jedes kleine Ding eine Ursache hat, so gibt es auch eine Hauptursache. Es ist daher intelligent den Hauptgrund des Lebens zu suchen. Egal ob im Bereich der Musik oder anderen Lebensbereichen. Die Lyrics haben wir also nicht einfach so zum Spaß geschrieben, obwohl sie manchmal lustig klingen, sondern sie stammen direkt aus unserem Verständnis von Leben.
Es gibt natürlich Prioritäten für uns und eigentlich sind das gar nicht so wenige, aber meistens orientieren wir uns an der Arbeit der Wailers, Bob Marleys, Jacob Millers, Dennis Browns und der Gladiators. Sie sind ja sozusagen die Gurus des Reggae. Die aktuellen Stars de Szene wollen wir hier aber lieber nicht nennen. Wir wollen da niemanden bevorzugen.
Also,... Nicht nur der Gesang, sondern eigentlich die ganze Band orientiert sich nicht nur musikalisch, sondern auch philosophisch und lyrisch am Rootsreggae.

Immer wieder wird Jah besungen. Welche Bedeutung verbindet ihr mit Jah und wie lässt sich diese Philosophie für euch in den Alltag einer ganz anderen Kultur integrieren?

Jah ist für uns das wichtigste in unserer Musik. Jah is ein Name Gottes, so wie viele andere z.B. Allah, Krishna oder Christus. Es ist eine Kurzform der Gottesnamen Jehova oder Jahganath, welche man in der Bibel bzw. in den Veden, den Urschriften Indiens findet. Diesen Namen singen wir absichtlich so oft. Denn der Name beschreibt ein Objekt am besten. Ein Objekt mag eine bestimmte Form, Qualität und Aktivität aufweisen, jedoch kann man sich unter einem Namen am ehesten eine Vorstellung machen. Wenn ich also quadratisch sage, vesteht man nicht was ich meine, weil man alle quadratischen Gegenstände vor sich sieht. Aber wenn ich z.B. Kassettenrecorder sage, dann weiß man genau, welches Objekt gemeint ist. Der Name – in diesem Fall Kassentenrecorder- definiert das Objekt also am besten. Dadurch, dass der Name Jah in unseren Songs vorkommt wird unsere Musik zu spiritueller Musik. Das ist uns sehr wichtig. Im ganzen Popbereich gibt es eigentlich nur den Reggae, der sich Spiritualität zum Hauptthema macht, obwohl es in jeder Musikrichtung derartige Beispiele gibt, im Reggae wird dieses Thema fast ausschließlich behandelt. Unsere Art zu leben wird nicht immer vorurteilsfrei betrachtet. Wir leben hier sozusagen in der Provinz. Das heißt, dass die Leute wenig offen sind für Dinge die von einem anderen Kontinent als Amerika kommen. Aber das macht uns nichts. Wir machen einfach weiter.

Der Name Jah Rastafar I bezeichnet ja bekanntlich Haile Selassie I von Äthiopien. Wie ist das mit eurer Auffassung von Jah vereinbar?

Unsere Philosophie ist keine bloße Rastaphilosophie. Wir halten Haile Selassie in Ehren, verehren ihn jedoch nicht als den Höchsten Herrn. Vielmehr ist RastafarI für uns jemand der Gottesbewustsein verbreitet hat. Über Bob Marley und andere. Durch ihn ist einem großen Teil der Menschheit die Möglichkeit gegeben Spiritualität, angespornt durch Reggamusik, zu erfahren. Das ist auch der Grund warum wir Haile Selassie den Song „Makeda“ auf unserem aktuellen Album gewidmet haben. Jah ist nicht gleich Haile Selassie. Er ist Rastafar I. Was Jah bedeutet steht weiter oben.

Während andere deutsche Reggaeartists immer wieder auch gerne Dancehall als Style mit einarbeiten, bleibt es bei euch strictly Roots. Wäre euch ein Stilmix zu beliebig oder woran lag die Entscheidung, diesen konsequenten Weg zu gehen?

Naja, Stricktly Roots würde ich nicht sagen. Auf „To The Root“ tauchen eigentlich die unterschiedlichsten Silte auf. In dem Song „Zion“ gibt es Rock-, in Babywrongtown Rumba- und Jazzelemente. Das Solo in Wailing ist klar am Blues orientiert, während „The One I Got“ eher Psychodelischen Charakter hat. Der Titel „Oriental Wind“ spricht für sich. In Jah Works gibt es ein Metalartiges Solo und in Musik recht klassische Harmonien. Auch der ein oder andere Dubeffekt taucht mal auf. Und auch Dancehall und Toastinelemente findet man auf dem Album. Aber die Grundlage ist Roots, das ist richtig.
Diese Einwürfe werden jedoch durch ein gemeinsames Kriterium verbunden. Und zwar Gitarrenarbeit. Das ist ja klar, wir sind ja SteelString. Dadurch wird es innerhalb unserer Art und Weise eigentlich recht abwechslungsreich.

Auf eurer Website, auf dem Album und im Infotext wird Steel String immer als dreiköpfiges Projekt beschrieben. Nun hört man auf dem Album viele andere Musiker und Sängerinnen. Gibt es so etwas wie eine feste Besetzung hinter den Dreien oder variiert das?

Wir sehen es als eine positive Resonanz, dass unsere Backvocals als feminin bezeichnet werden. Es handelt sich jedoch um die Stimmen der beiden Gitarristen. Die Spanne variiert sozusagen von hohen Gesängen aus den himmlischen Planeten, bis hinab zu sehr tiefen Gesängen aus der Hölle.
In der Tat ist SteelString nunmehr ein dreiköpfiges Projekt. Uno, Christian, Maxim. Die Musiker, die auf dem Album zu hören sind sind nur noch teilweise in der Backingband vertreten und kommen meistens nur bei Livegigs zum Einsatz. Die Besetzung der Backinband variiert auch mal. Da sind wir flexibel, solange der Sound passt. Außer den Livegigs die wir mit Band spielen machen wir alles zu dritt.

Ihr lebt in Bayern. Wie würdet ihr die Reggaeszene im Süden von Deutschland beschreiben?

Tendenziell ist das Publikum außerhalb Bayerns, bzw. Deutschlands besser abgegangen als hier. Zu Hause wird man immer nicht so ernst genommen ,als wo anders, auch wenn man eigentlich ernste Dinge behandelt. Vielleicht ist das der Grund.
Woran das aber auch liegen könnte ist, dass man die bayrischen Reggaeartists an zwei Händen abzählen. Einerseits könnte man also sagen, dass Reggae hier nicht so populär ist. Auf der anderen Seite jedoch, dass wir dadurch wenig Konkurenz haben. Reggae ist hier einfach nicht so sehr verbreitet wie z.B Rockmusik. Das finden wir gar nicht schlimm. Wir versuchen das beste draus zu machen.

 

Interview: Karsten Frehe (11/2008)