Slightly Stoopid im Interview
25.09.2009, Frannz, Berlin

Aktuelles Album: Slightly Not Stoned Enough To Eat Breakfast Yet Stoopid



Das Interview führte ich am 25.09.2009 mit Ryan Morgan (Drummer). Nach dem Interview hat Slightly Stoopid noch ein Konzert gespielt was ziemlich viel Spaß gemacht hat. Punk, Reggae, Ska, Dub... von allem gabs ein Bisschen auf die Ohren. Es waren schätzungsweise 200 Leute vor Ort, denen das Konzert ganz offensichtlich gut gefallen hatte, denn sie ließen nicht locker und zwangen die Band zu einer ausgiebigen Zugabe. Fazit: Sympathische Band, coole Musik!


Irie Ites: Ihr habt verschiedene musikalische Einflüsse in eure Musik mit einbezogen, das ist ziemlich erfrischend! Ist diese Vielfalt eine besondere herangehensweise für kalifornische Musik?

Ja, auf jeden Fall. Ich meine wir hören alle viel Musik und wenn wir dann selbst Songs schreiben oder spielen, klar bringt jeder das ein was er persönlich mag um dann im Endeffekt einen gemeinsamen Sound zu erschaffen. Wir sind alle mit Punk, Ska und Reggae, Rock und auch elektronischer Musik oder Jazz aufgewachsen. Da hat jeder viel gehört und schätzen gelernt.

Irie Ites: Reggae ist ein Teil eurer Musik. Was genau hat euch daran gereizt? Habt ihr euch irgendwann gedacht "Mensch, Reggae ist cool, das machen wir auch" oder war Reggae von Anfang an dabei?

Reggae war irgendwie schon immer dabei. Als wir angefangen haben waren da eher Punk-Einflüsse, aber natürlich waren beide Styles schon immer ein bisschen dabei. Später wurde dann der Drummer gewechselt, da kam ich in die Band, und es kamen dann noch die Bläser und der Keyboarder dazu. Mit jedem neuen Bandmitglied verändert sich die Band ja auch und andere Einflüsse kommen dazu. Das spiegelt sich natürlich auch in der Musik wieder.

Irie Ites: Eure Lyrics und Styles sind eine entspannte Alternative zu den Clichés die wir sonst in dem Genre kennen. Hat es einen besonderen Grund das ihr diese Clichés zu vermeidet?

Also in erster Linie sind wir natürlich keine Jamaikaner, aber wir respektieren die Musiker die diese Musik geschaffen haben und wir lieben sie, deswegen spielen wir Reggae. Wir versuchen nicht jamaikanisch zu sein - ich meine wir sind aus Kalifornien und so spielen wir halt unsere Interpretation, wir wollen was neues aus dem machen was wir hören und aus dem was schon in dieser Musik gemacht wurde.


Slightly Stoopid live @ Reeperbahn Festival, Hamburg, 26.9.09 (Foto: Stefan Malzkorn)

Irie Ites: Wie läuft das schreiben von Songs bei euch ab. Seid ihr alle involviert oder gibt es da Band-Chéfs die entscheiden was passiert?

Das ist bei uns eigentlich ziemlich offen. Myles und Kyle als Gründer der Band haben oft einfach ein paar Zeilen, eine Bassline oder ein paar Akkorde im Kopf und dann steuert jeder seinen Teil bei... also das ist an sich kein starrer Vorgang. Bei manchen Songs wird dann einfach gesagt "Hey lernt das mal, so stell ich mir das am ende vor". Manchmal ist es auch so das jemand was zeigt und sagt "Spiel mir mal was dazu und spiel worauf du Bock hast" und dann klingt es sicherlich gut am Ende. Die Hauptsache ist, dass es ein Stück ist das zusammen geschrieben wurde und das es einen Sound hat der allen gefällt.

Irie Ites: Als ich mir das Cover eurer letzten Platte "Chronchitis" angeschaut habe sah ich da diesen Terminator-Artigen Roboter. Das brachte mich auf die Frage: Seht ihr euch selbst als eine Art von Kämpfern gegen die klassische Musikindustrie wie wir sie seit Jahren kennen und "schätzen" gelernt haben.

Na das hoffen wir doch stark! Ich denke das wir bei unserer Musik und den Geschäften & Deals immer unsere Unabhängigkeit behalten haben. Wir hatten ein paar Anfragen größerer Labels über die Jahre aber im Prinzip musst du dann etwas von dem aufgeben was du bist und machst um schnell erfolgreich zu werden. Wir haben dann gesagt "Nein, das lehnen wir ab, wir bleiben 'independent'". Wir wollen unsere eigene Musik machen und das es unsere Musik bleibt. Deswegen hielten wir uns von sowas fern. In den letzten 5-10 Jahren, in denen das Internet und auch das File-Sharing groß geworden sind, haben eine Menge Label die Segel gestrichen oder wurden zusammengelegt. Es gibt nur noch 4 oder 5 große von ehemals 40 oder 50. Über die Zeit hat sich also einiges verändert. Ich denke das wir das Internet als eine Art Werkzeug interpretiert haben mit dem wir unsere Musik unter das Volk bringen und bekannt machen konnten. Hier in Berlin, in Japan, natürlich auch in den USA, potentiell überall auf der Welt. Während wir das also so gehandhabt haben sagten andere Bands "Ihr könnt Musik doch nicht einfach tauschen, ihr klaut unser Geld! Wir haben früher 20. Mio Platten verkauft und heute verkaufen wir nur noch 500.000!"

Wir hatten nie diesen Mainstream-Erfolg also halten wir es mit dem musiktauschen so: Wenn ihr euch die CD brennen wollt, brennt sie euch. Wir können euch eh nicht davon abhalten. Wir hoffen dann einfach, dass du deinen Freunden die CD gibst und die sie dann weiter an ihre Freunde geben und ihr dann dafür alle zum nächsten Konzert kommt. Mit den Konzerten verdienen wir ja unser täglich Brot, nicht hauptsächlich mit den Plattenverkäufen. Im Independent sind die Plattenverkäufe ja von Natur aus ein kleinerer Posten, wir verkaufen schließlich nicht Millionen von Platten, aber wir verkaufen hunderttausende auf den Konzerten, Stück für Stück. Natürlich werden auch welche in Plattenläden gekauft doch den überwiegenden Teil verkaufen wir auf jeden Fall bei Konzerten.

Da haben wir über die Jahre auch gesehen das uns mehr und mehr leute cool finden. Als wir anfingen waren da neben den Baarkeepern vielleicht 10-50 Leute die uns zugehört haben, heute spielen wir in den USA in Konzertsälen, auf Bühnen für 5000-15000 Leute, doch
wenn wir dann hier in Europa spielen müssen wir wieder in den kleinen Clubs anfangen. Wir wareb vor ein oder zwei Jahren das letzte mal in Deutschland und da waren vielleicht 150 Leute die uns zugehört haben, jetzt haben wir die letzten 3 Tage jedem Abend vor 200 Leuten gespielt und das nächste mal wenn wir wieder hierher kommen sind es vielleicht schon 300 oder 400. Es macht spaß sich sein Publikum wieder erspielen zu müssen!


Irie Ites: Euer aktuelles Album heißt "Slightly not stoned enough to eat breakfast yet stoopid". Du musst mir erzählen wie es zu diesem Titel kam!

Wenn wir im Studio sind, dann fängt der Tag meißt so gegen 12 oder 1 Uhr Mittags an und endet um Mitternacht oder noch später. Eines Tages kamen wir dann Mittags an und alle waren noch am Aufwachen als jemand sagte das er Hunger hätte. Also fragte ich die Jungs was ich zu essen holen sollte worauf es mir entgegenschallte: "Ich bin noch nicht stoned genug um Frühstück zu essen". Alle fingen an zu lachen und so kam es zu diesem Titel. Es ist also mehr ein Witz, aber ein wenig Wahrheit steckt natürlich drin.

Irie Ites: Du hast vorhin schon vom Internet als Werkzeug gesprochen: Inwieweit, denkst du, hat das Internet zu eurem Erfolg beigetragen und welche Dienste habt ihr benutzt.

Ich denke das Internet hat uns in vielerlei Hinsicht geholfen hat, hauptsächlich um unsere Konzerttermine an den Mann zu bringen. Jeder kann auf unserer Seite nachschauen wann wir in seiner Nähe spielen. Dann haben wir noch Songs bei iTunes, ein paar Snippets bei MySpace und Facebook wird aktuell auch immer größer. Besonders auf der aktuellen Tour haben wir das ein bisschen ausprobiert und... ja: die Leute hören uns, suchen nach 'stoopid' und finden was über uns und können sich direkt ein Bild machen wer wir sind und was wir machen. Also das hat uns auf jeden Fall geholfen!

Auf der anderen Seite gibt es auch Bands, die schon groß waren als das mit dem Internet gerade losging und vielleicht nicht wussten, wie erfolgreich das Internet wird wird und den Zug ein bisschen verpasst haben. Ihr Erfolg war schon da, als das groß wurde wohingegen unsere Bekanntheit mit dem Internet gewachsen ist.


Irie Ites: ... es ist ja auch viel direkter geworden. Wenn man da z.B. mal den Twitter-Account nimmt: Man kann viel schneller und direkter mit den Fans kommunizieren.

Ja klar, das stimmt wir schreiben viel im Blog oder schicken mal was zum Manager damit er das schnell auf Twitter veröffentlicht und das ist auch genau der Punkt. Die die Leute, die Interesse an uns haben können sich ziemlich schnell mit uns in Verbindung setzen, wenn du bei MySpace bist kannst du uns sagen was du am Abend hören willst. Klar sitzen wir nicht 24/7 selbst am Rechner aber manchmal spielen wir den Song dann am Abend dann eben auch. Wenn du das bei Metallica machen würdest, könntest du wahrscheinlich lange warten.

Irie Ites: Zurzeit gibt es, intensiver als jemals zuvor, die Diskussion über das Internet und das File-Sharing als Damoklesschwert über den Köpfen der Künstler und deren Vertreter. Denkst du diese Diskussion geht aktuell in die richtige Richtung?

Ach weißt du, ich kann mich da in beide Positionen hineinversetzen. Ich versteh die sichtweise der Künstler, denn wenn du leidenschaftlich ein Bild malst und das Material kaufen musst und jeder dann für umsonst haben kann was dich Stunden an arbeit gekostet hat, klar ist das frustrierend! Und auch in die Perspektive der Fans kann ich mich hineinversetzen. Ich mein da mag ich die Band, will mir was von denen anhören und mein Freund hat die CD und gibt sie mir, also hör ich mir die CD für lau an. Oder vielleicht ist es eine Band von der ich noch nie gehört habe! Warum sollte ich mir das nicht anhören wenn ich es mag und ich die CD bekomme. Und wenn ich dann eine CD kaufen soll auf der mir nur ein Track gefällt dann ist das für mich Geldverschwendung. Da gibt es auf jeden Fall immer 2 Seiten der Medaille.

Irie Ites: Erzähl mir noch was über den Bandnamen - Slightly Stoopid. Ist das auch so eine Geschichte wie mit dem Albumnamen?

Der Bandname entstandt als ein paar Jungs am Anfang rumalberten und sich fragten, was denn ein cooler Bandname wäre. Da gabs dann eine Menge Vorschläge und jemand sagte dann "Wie wär's hiermit... oder damit... oder was ist mit mit 'Slightly Awesome'" und daraufhin hieß es dann von einem anderen das das doch ein wenig bekloppt klingen würde und alle lachten. So kam Slightly Stoopid zustande.

Es ist ziemlich lustig wenn du Leuten den Bandnamen sagst und sie dich fragen ob du sie verarschen willst worauf du dann aber sagst das das der eigentlich Bandname wäre. Auf jeden Fall kann man ihn sich gut merken. Ein bisschen Schadenfreude ist auch dabei weil uns das Spin-Magazine oder irgendeine andere große Zeitschrift irgendwann mal auf eine Liste von Bands gepackt, die aufgrund ihres komischen Namens wohl am wenigsten Erfolg erwarten dürfen. Darüber lachen wir heute gern denn manch andere Band ist wieder verschwunden aber wir sind immernoch dabei, denn die Leute mochten unsere Musik und solange das so ist, ist der Name doch ziemlich egal oder? Man denkt ja auch nicht über den Bandnamen nach sondern über die Musik die man mag.



Interview: Thomas Dalichow (09/2009)