Aldubb - Let There Be Dub!


Wer Irie Ites.de intensiv verfolgt, wird schon öfter über den Namen Aldubb gestolpert sein. Der umtriebige Musiker aus Berlin hat sich Dub zur Aufgabe gemacht und arbeitet mit viel Passion an eigenen Produktionen, die entweder auf Vinyl, digital oder jetzt aktuell mit dem Album "Let There Be Dub" auf CD erschienen sind. Als Artist tritt er entweder solo auf und mixt sein Material live, sitzt am Schlagzeug in der Band von Ras Perez und Jah Seal oder bereichert das Irieland Soundsystem mit seinen Tunes. Aktuell liegen bei Irie Ites Music die Berlin Sessions (Aldubb, Dubmatix & Mighty Howard) vor. Ein weiterer Grund, dem Dubmaster aus Berlin ein paar Fragen zu stellen.

Zu Anfang erst einmal ein paar allgemeine Infos zu dir. Woher kommst du? Wann und warum bist du nach Berlin gezogen?

Ich komme ursprünglich aus Landau in der Pfalz. Nachdem ich 2003 mein E-Technik Studium in Karlsruhe beendet hatte, wollte ich unbedingt nach Berlin, um mich da mit meinem Studio, das ich vorher nur hobbymäßig betrieben hatte, selbstständig zu machen. Viele meiner damaligen Freunde waren bereits nach Berlin gegangen und jedes Mal wenn ich da war, wusste ich, dass ich hier gern die nächsten Jahre verbringen will. Mit dem Plan ein Studio zu eröffnen, ist Berlin ja auch wirklich eine der wenigen Städte, die in Deutschland überhaupt in Frage kommen. Am Anfang hatte ich für 50.- im Monat einen Raum direkt am Görlitzer Bahnhof, sowas gab es sonst nirgends...

Seit wann bist du als Musiker unterwegs und wie bist du persönlich zum Reggae gekommen?

Musik mach ich eigentlich schon immer, bevor ich zum Reggae kam hab ich in allen möglichen Bands gespielt, von Stoner Rock bis hin zu "Neuer Musik", meistens Schlagzeug. Als ich in Berlin angekommen war, rief mich irgendwann Ras Perez an, der einen Schlagzeuger suchte... Woher er meine Nummer hatte bleibt bis heute sein Geheimnis - Jedenfalls traf ich mich mit ihm und seiner damaligen Band zur Probe, und ich bekam erstmal eine Einführung in die gebräuchlichsten Reggae Drumpatterns... One-Drop, Steppers, Rockadub.
Da ich damals gerade mein erstes Studio in Berlin eingerichtet hatte, begann ich, ein paar Songs mit Ras Perez auf zu nehmen. Während dieser Sessions hatte ich den ersten Kontakt mit dem technischen Konzept, das hinter Dub steht: Alle Spuren laufen übers Mischpult, und man spielt als Produzent, den Song im Prinzip noch mal, man mutet Spuren, spielt mit Echos und so weiter. Bis dahin hatte ich immer nur aufgenommen, was geplantermaßen in dem Song zu hören sein sollte... Die Technik des Dub-remixes hat mich so fasziniert, dass ich eine Zeit lang erst mal nur noch auf meinem Analogpult gedubbt habe. In der Zeit danach habe ich versucht, dieses Konzept, mit dem schon Lee Perry und King Tubby arbeiteten, in die digitale Produktionsumgebung übertragen, ohne den Reiz des analogen zu verlieren. Meine Liveshow funktioniert nach dem gleichen Prinzip: alles läuft immer - Ich arrangiere die Spuren mehr oder weniger spontan im Club. Mad Professor hat dafür in den 80gern eine 24-Spur Bandmaschine mit auf Tour gebracht, und sein Studio auf der Bühne aufgebaut... Dank Labtop und Ableton's "Live" passt jetzt alles in eine einzige Kiste.

Was schätzt du am Reggae und insbesondere dem Dub?

Neben allen musikalischen Aspekten, als erstes die Kultur. Ich bin kein sehr spiritueller Mensch, ich spüre aber viel von der Power, die dieses ganze Roots and Culture Ding hat. Reggae - und damit Dub - hatte ja von Anfang an politische Inhalte, war "Rebel Music". Das ist ein Aspekt, der mich stark anzieht.
Es ist außerdem beeindruckend, wie konsequent, radikal und kompromisslos die wenigen Dubheads die es in Deutschland gibt, ihr Ding durchziehen. Es gibt zwar nicht viele in jeder Stadt, aber sie gehen auf jede Party, bauen Soundsystems, fast alle veranstalten selber irgendwas, sie machen Webradio und Fanzines... Ich kenne eigentlich niemanden, der Dub einfach nur konsumiert - alle arbeiten regelrecht am gemeinsamen Movement.

Nun kann man ja nicht gerade behaupten, dass Dub in seinen moderneren Ausprägungen in Deutschland - im Gegensatz zu Frankreich und Großbritannien - eine angemessen große Rolle spielt. Guckt man sich an, wie wenig in diesem Bereich hierzulande veröffentlicht wird und wie gering die Anzahl der Label ist, die sich diesem weiten Bereich widmen, kann es einen ja gruseln. Woran liegt es deiner Meinung nach, dass Dub eher die zweite Geige spielt?

Dubtunes waren von Anfang an meist spacige, größtenteils instrumentale Versionen von Reggae Songs. Anfangs als Dubplate-Specials von Soundsystems etabliert, oder auch als B-Seite um dem DJ die Möglichkeit zu geben selber auf den Riddim zu singen. Die Originale waren immer schon eingängiger, poppiger und vor allem hatten sie textlichen Inhalt.
Heute gibt es natürlich Produktionen, die von Anfang an keinen Gesang haben und im Moment ist ja Dubstep gerade dabei ein etwas breiteres Publikum zu erobern. Die best besuchtesten Dubstep Parties sind in Berlin im Moment jedenfalls in Technoclubs. Da kommt gerade eine neue Gruppe von Menschen mit Reggaeculture in Kontakt, auch wenn diese in den meisten Dubstep-Sachen eher in homöopathischen Dosen enthalten ist. Ich bin gespannt wie sich das entwickelt.

Wenn ich mir die verschiedenen Veröffentlichungen auf deinem One Drop Label anhöre, so gibt es viele Facetten duborientierter Musik, die du bedienst. Vom eher klassisch gemixten Dub bis hin zu eher elektronischer Musik. Gelegentlich schleichen sich auch mächtige Dubstepbässe in die Tracks ein. Hast du selbst Präferenzen oder ist die Vielseitigkeit dein Programm?

Es gibt Tunes, die beginne ich nur mit einem Loop, und experimentiere mit allen möglichen Plugins und allem was im Studio sonst noch zu missbrauchen ist, viele andere sind klassische Bandrecordings, die ich remixe, ganz im Geiste Mad Professors. Mittlerweile verwende ich fast immer Elemente aus beiden Produktionsweisen... also, um die Frage zu beantworten: Das passiert einfach! Ich versuche auch nie zu klingen wie ich selbst. Als Studiobetreiber, Produzent und Musiker komme ich natürlich mit Leuten als allen Richtungen in Kontakt. Ich produziere z.B. zusammen mit Dr.Atmo gerade ein Doppelalbum mit Ambient/Chillout Tracks, moderne Dinner-Musik. Dann hab ich mit Supa DJ Dmitry und Tricky D ein Projekt gestartet, bei dem wir unser aller "Dubsteptunes" versuchen als Band zu performen. Ich hab mein Schlagzeug midifiziert und so weiter - sehr spannend. Alle diese Einflüsse hört man natürlich auf der CD.

Gibt es für dich musikalische Vorbilder, die dich inspirieren?

Klar. Lee Perry, King Tubby, Mad Professor, um nur die wichtigsten zu nennen. Mein Lieblingsalbum der letzten Zeit ist übrigens Grace Jones' "Hurricane". Großartig!
Sehr inspirierend finde ich auch immer Soundsystemnächte... Man hört auf einem Soundsystem die Musik irgendwie anders, ich glaube ich lerne sehr viel über Musik, während meine Hosenbeine von den Bassboxen flattern... schwer zu erklären, aber die einfachsten musikalischen Mittel sind oft die effektivsten, und das zeigt sich nirgends so deutlich wie auf einem gut eingestellten Soundsystem. Ich teste meine Produktionen auch diesbezüglich, meist wenn wir mit dem Irieland Soundsystem Parties hosten.

Gerade erst erschien "Let There Be Dub", dein erstes Album auf CD. Darauf vereinst du einige der bereits auf Vinyl veröffentlichten Tracks mit bisher unveröffentlichtem Material. Wie ist die Entscheidung für genau diese Zusammenstellung gefallen. Bei der Fülle an Material stelle ich mir das schwierig vor. Warum fehlt z.B. "What The Funk Is Dubstep?"?

Die CD sollte einerseits klingen wie ein in sich schlüssiges Werk, andererseits wollte ich aufs Debut natürlich die besten Sachen der Vinyl Veröffentlichungen drauf haben. Ich hab ziemlich lange an der Reihenfolge herumgemacht, und einige ältere Songs auch noch mal neu gemischt, damit sie sich besser einfügen.
"What the funk is dubstep?" ist ja der Soundwarriors Riddim, und auf den hatte ich gerade 2 neue Versions von Jah Seal und Mighty Caster aufgenommen. "Wtfid" war auch eher ein Joke als 2007 dubstep aufkam... niemand wusste, was das nun sein soll, aber alle fanden, dass der Soundwarriors Riddim irgendwie nach dubstep klang.... also hab ich meinen Computer "What the funk is dubstep?" sagen lassen und einen Jungle-Beat draufgepackt... daß das so ein Hit wurde, ist mir immer noch unheimlich. Jedenfalls wollte ich die neuen Versionen lieber draufhaben, und habe mich dann dagegen entschieden.

Neben deiner Haupttätigkeit als Toningenieur im eigenen Planet Earth Studio spielst du, wenn es um handgemachte bzw. eigene Musik geht, in einer Liveband, mixt deine Produktionen live als Artist (also quasi als DJ) oder produzierst deine Tracks im Studio. Was macht dir von den Tätigkeiten am meisten Spaß?

Schwere Frage. Da ich relativ wenig live spiele, genieße ich das immer sehr - sowohl als Drummer, als auch am Mischpult. Aber es gibt auch fast nix schöneres, als in aller Ruhe im Studio irgendwelche verrückten Sachen aus zu probieren.

Wie wählst du die Artists aus, die du für deine Produktionen vor das Mikro bittest? Welche Qualitäten erwartest du vorrangig?

Das läuft eigentlich eher so, dass die Leute meine Dubs im Studio hören, und fragen ob sie sie voicen können... Ich nehme dann immer erstmal alles auf, und entscheide später, was ich gut finde und was eher ein Demo bleiben sollte.
Eigentlich sind alle Artist, die auf der CD gefeatured werden, immer auch aus anderen Gründen im Studio anwesend. Jah Seal ja sowieso - ich produziere ja auch alle seine Songs - mit Ras Perez spiele ich immer noch in einer Band, Nuwella Love singt eigentlich bei einigen der Ambient Nummern von "Atmo & the Lightz" ... Jemanden gezielt angesprochen hab ich eigentlich noch nie... obwohl, bei "Let there be dub" hab' ich Perri nur einen Zettel gegeben, und gesagt er soll das vorlesen. Die Musik dazu, hab ich ihm erst später vorgespielt. Ich finde wichtig, dass ein Song eine gewisse Originalität hat, das ewig gleiche Dubplate-Gevoice finde ich eher nervig, dann doch lieber Instrumentale mit viel Echo und Phaser!!!

Im vergangenen November hast du zusammen mit Dubmatix und Mighty Howard ganze 25 Stunden an drei Tagen in deinem Studio verbracht. Entstanden sind 3 komplette Tunes, von denen vorher nichts vorbereitet war, sowie nachfolgend 3 von dir gemixte Dubs. Wir bei Irie Ites Music waren sofort total begeistert und haben uns sofort entschieden, die Berlin Sessions auf einer 12 Inch zu veröffentlichen. Beschreib' doch mal aus deiner Sicht, wie die Sessions verliefen und was dich aus heutiger Sicht nachhaltig beeindruckt hat!?!!

Das Besondere war, dass wir tatsächlich nichts abgesprochen hatten, wir wollten uns einfach treffen und sehen was passiert. Was passierte war folgendes: Jesse (Dubmatix) nahm den Bass, ich setzte mich ans Drumset und Howard nahm die Gitarre. Dann haben wir in paar Minuten gejammt und dann entscheiden, alles gleich aufzunehmen.
So entstanden erstmal 3 Grundgerüste, die wir dann nacheinander weiter produzierten. Während Jesse und ich am Arrangement arbeiteten und Keyboardoverdubs und so weiter machten, schrieb Howard schon Texte. Am ersten Abend hatten wir einen fertigen Song stehen. Das gleiche an den 2 darauf folgenden Tagen! Es war eine unglaublich kreative Atmosphäre. Jesse und ich bemerkten, dass wir ziemlich die gleiche Produktionsweise haben - wir spielen ja bei unseren Produktionen oft alles selber ein! Eigentlich war zu jedem Zeitpunkt klar was wir als nächstes machen würden. Es lief sozusagen von alleine. Howards Texte und Melodien sind ausnahmslos high quality! Es hat echt eine Menge Spaß gemacht und das Ergebnis spricht für sich!

Umtriebig wie du nun mal bist, hast du sicher gerade neue Projekte in der Pipeline! Magst du was erzählen?

Oh ja, da kommt einiges. Als erstes kommt die CD "Aldubb meets Ras Perez". Da arbeiten wir nun auch schon eine Weile dran? Es sind Dubs, die Perez teilweise schon Jahre mit sich herum trägt und welche, die genauso spontan entstanden, wie die oben beschriebenen mit Jesse. Wir haben uns fast 3 Jahre Zeit gelassen bis dann alles gedubbt und gemixt war.
Ich habe außerdem ein Projekt mit Josi/Big Finga. Feueralarm-Riddims, teilweise gevoiced, teilweise nicht. Ich hab mir 10 Stück ausgesucht und angefangen zu dubben. Wir planen, das im ersten Halbjahr auf Platte zu releasen. Es sind ein paar echte Knaller dabei, z.B. Sugar Minott, Chezidek, Luciano, Taffari, Joseph Cotton und Black Dillinger! Watch out.

Interview: Karsten Frehe (12/09-2/10)

 

 

www.planet-earth-recordings.com

www.myspace.com/aldubb