I-Fire
Interview mit Robert "Rawbird" Schlepper, Fritz "Free" Kschowak & Nils "Dub-Ill-You" Wiezorek am 8.1.2011 vor ihrem Konzert im Grünspan, HH


„Bigger, Better, Hotter“ – eine Kampfansage an die negativen Klischees der legendären zweiten Alben einer Band?

Was sind denn die negativen Klischees der zweiten Alben einer Band?

Na ja zunächst einmal, dass sie nicht so gut sind wie die ersten, weil man entweder nicht genug Zeit hatte, unter Druck stand, nicht mehr so motiviert war, oder so. Dass die ersten Alben einfach lebendiger sind, weil die Power einfach noch da ist und sie mit dem zweiten Album manchmal schon verbraucht ist.

Also, das tolle an dem zweiten Album ist eigentlich, dass wir noch, als wir das erste Album quasi schon voll bespielt hatten noch sehr viel Kreativität und sehr viele gute Songs in petto hatten. Und somit eigentlich kein Problem hatten, neue Songs zu machen um ein Album aufzunehmen. Ja, wir hatten noch genug vom alten Album übrig, also, Energie.
„Bigger, Better, Hotter“ ist eigentlich dadurch entstanden, dass wir den Song „Bigger, Better, Hotter“ hatten, eine Kampfansage an die ganze Konsumgesellschaft, die rasante Bewegung nach oben und immer nach besserem. Alles muss Update 2,5 haben. Das ist halt so‘n bisschen, was wir aufs Korn genommen haben. Und dazu gehört natürlich auch, das zweite Album „Bigger, Better, Hotter“ - wir sind glaub ich Bigger, Better, Hotter geworden, aber das ist natürlich auch wiederum ne Sache von: Wie betrachtet man das, positiv oder negativ betrachtet werden. Und wir probieren das eben ein bisschen auf’s Korn zu nehmen damit.

Inwiefern unterscheidet sich die neue Platte von der ersten in euren Augen?

Wir hatten entgegen dem, was du vermutet hast, eigentlich mehr Zeit und haben uns viel mehr Arbeit gemacht, haben viel mehr Aufwand in die Produktion gesteckt, hatten auch ein bisschen größeres Budget, dadurch, dass wir viel live gespielt haben.

Eure Single „Champions“ zeigt besonders mit der Textzeile: „I-Fire Champions, die Meute ist auf Achse“, dass die Party bei und für euch im Vordergrund steht. Was wollt ihr mit eurer Musik beim Hörer bewirken und auslösen?

Also über die Einschätzung bin ich etwas erstaunt, weil ich das nicht unbedingt so sehe. Wir haben zwar viele Songs so in petto, die auf jeden Fall auf Party abgerichtet sind. Aber es ist nicht der überwiegende Teil, sondern reden wir eigentlich viel mehr so über wichtige Dinge. So, aber wir probieren das eben immer in einer netten und schönen Art und Weise zu verpacken, weil Musik doch irgendwie positiv sein soll. Und das negative ergibt sich sowieso im Leben nebenbei.

Habt ihr bestimmt Leute vor Augen, für die ihr Musik macht?

Nein.

Mittlerweile gibt es immer mehr Bands im Reggaegenre hierzulande, die sich hauptsächlich in Deutsch ausdrücken. Wie ist bei euch die Entscheidung gefallen Deutsch als Hauptsprache in euren Liedern zu verwenden und vor allem warum?

Also da sprech ich mal für mich: Ich kann mich halt auf Deutsch wesentlich besser ausdrücken, als in irgendeiner anderen Sprache. Das ist halt die Sprache, mit der ich aufgewachsen bin, die ich halt seit da, da oder dabadubade gelernt habe. Und kann mich von daher eben am besten damit ausdrücken. Es ist ja nur fair, dass man in einer Umgebung, in der die Sprache gesprochen wird, sich auch so ausdrücken kann, damit es ankommt.

Wie lernen sich neun Musiker kennen, die dann auch noch harmonieren können und gute Musik auf die Bühne bringen?

Das ist die Frage, die ich mir auch am meisten stelle. Ich denke es ist Fügung. Das ist einfach Fügung.
Es war so, dass da zum Teil unterschiedliche Freundeskreise, unterschiedliche Personen sich davon eben kennengelernt haben und dadurch Leute, die eh schon miteinander harmoniert haben, zusammengekommen sind. Dass es nicht von Anfang an neun Leute waren, die sich gar nicht kannten, und nicht wussten, wie man den anderen buchstabiert, sondern man kannte sich auch schon vorher. So sind eben unterschiedliche Grüppchen zu einer Gruppe gewachsen.

Man munkelt, dass ihr ganz oder zum Teil zusammen in einer WG wohnt und zudem
noch ein eigenes kleines Studio in euren 4 Wänden habt. Stimmt das? Und wenn ja, geht man sich nicht irgendwann auf den Keks, wenn sich das ganze Leben um Band und Reggae dreht?

Doch. Aber das gehört dazu. Ich meine, Konfrontationen gehören einfach mit dazu und dadurch entstehen ja auch neue Themen und neue Ideen. Also das gehört mit zu dem kreativen Prozess, denk ich. Aber es ist natürlich schon manchmal anstrengend. Aber es ist ja auch nicht so, dass wir alle neun zusammen hocken, sondern wir haben auch genug Möglichkeiten unser eigenes Leben zu führen.

Vor zwei Jahren wurde euch fälschlicherweise mal vorgeworfen, ihr würdet einen Drogenring aufbauen und die Konzerte nur als Tarnung nutzen. Das war das erste Mal, sagt ihr, dass euch jemand derartige Vorwürfe gemacht. Ist sowas in den letzten zwei Jahren nochmal vorgekommen und hat das Bekannter werden noch andere unangenehme Beigeschmäcke?

Also das stimmt natürlich alles und wir sind immer noch dabei! An unsere Leute da draußen: Wenn ihr was rauchen wollt, kommt direkt zu uns, wir haben alles da!! - Nein, natürlich ist das alles Quatsch. Ich meine, wir leben, wir machen unsere Musik, und es gibt immer unangenehme Erlebnisse, so. Wie zum Beispiel, wenn du in der Mönckebergstraße gehst und auf einmal stehen da 12-jährige Kids, und schreien „WIR SIND HIGH“, und dann denkst du dir auch so: Mh. Das war jetzt nicht die Hauptmessage, die ich eigentlich so überliefern möchte, sondern es ist einfach ein … Synonym?, wenn du so willst. Also es ist auch unangenehm manchmal. Ich kann mich sowieso nicht so damit anfreunden, dass man auf der Straße erkannt wird und dann kommen Menschen und sind einfach derbe positiv, du hast aber deine Gedanken gerade vielleicht in was ganz anderem. Und es ist natürlich schön, es ist wunderschön, dass es sowas gibt, aber eben auch immer wieder so: Oh. Äh. Ja, cool. Nein, es ist immer nett. Ungewohnt, eben.
Also die Geschichte mit dem Drogenring war wirklich einmalig und wir haben auch bis heute eigentlich nicht rausgefunden, was überhaupt diesen Typen geritten hat, der das in die Welt gesetzt hat. Er hat sich dann auch entschuldigt und so, aber das war schon ärgerlich, weil wir in dem Moment, wo das draußen war, schon Probleme hatten. Weils eben durchaus Leute gab, die das komischerweise irgendwie ernst genommen haben. So, wir haben eben erst mal darüber gelacht, weil wir davon ausgingen, dass das kein Mensch ernst nehmen kann. War aber dann doch anders irgendwie. Wenn’s dann um sowas geht, werden die Leute echt vorsichtig. Sowas in der Art ist aber nicht nochmal passiert.

Wenn ihr euch in der Reggaeszene in Deutschland umschaut: was freut euch am meisten, was nervt gewaltig?

Was mich nervt, ist, dass es viele Menschen gibt, die Verständnis erwarten, aber kein Verständnis haben. Zum Beispiel, es gibt diesen One-Love-Gedanken in der Reggae-Community, eigentlich, aber es herrscht oft ein ganz anderes Feeling, wenn man auf andere Künstler trifft.

Zum Beispiel?

Ja, es ist eben manchmal so ein Konkurrenzgedanke da, so, und das befremdet mich.

Ich finde es manchmal schwierig eben, je größer die Festivals werden, dass halt ne Welt wie Reggae auf Kommerz trifft. Da hab ich manchmal Probleme mit. So, weil da zwei ganz unterschiedliche Welten auf einander prallen, obwohl ich eigentlich schon Verständnis dafür hab, dass die Leute damit Geld verdienen müssen. Aber dieser Umgang passt mir halt manchmal nicht.

Mit welchen Künstlern habt ihr schon zusammengearbeitet und was hat euch dabei besonders gefallen inspiriert?

Wir haben schon mit Künstlern zusammengearbeitet. Mit sehr netten Künstlern im engen Kreis. Und, naja, mit drei Leuten vorn am Gesang und Message haste schon ein ziemliches Brett, und da noch mit anderen Sängern zusammen zu arbeiten ist schwer. An sich sind wir ja auch schon neun Mann in der Band, ist immer schwer dann noch Platz zu finden für einen anderen Künstler dann nebenbei, mit dem man sehr gerne manchmal eben arbeiten möchte. In diesem Fall haben wir es sogar geschafft, wir haben hier sogar jemanden sitzen, das ist die Lilian Gold, eine sehr gute Freundin von uns, mit der wir schon öfter zusammengearbeitet haben und sie ist auch heute bei uns durchaus zu bestaunen.

Gibt es bestimmte Künstler oder Bands, mit denen ihr gerne noch zusammen arbeiten würdet oder steckt schon so genug Kreativität und Individualismus in euch neun?

Na ja, weder noch, es gibt auf jeden Fall nicht so welche Zielpersonen, sozusagen, die man die ganze Zeit irgendwie im Kopf hat, wo man denkt: Irgendwann wird der Tag kommen, wo ich mit dem jetzt zusammen arbeiten werde. Aber es ist auf jeden Fall auch nicht so, dass wir jetzt der Meinung sind, wir sind eh das non-plus-ultra und können andere Leute nicht gebrauchen, aber das muss sich halt ergeben. Da gibt’s keine bestimmte Zielrichtung.

Ihr habt alle nebenbei noch einen Job, um über die Runden zu kommen. Ist es euer Ziel, irgendwann mal von der Musik leben zu können? Oder strebt ihr das gar nicht so an?

Also, ich hab noch Träume, sag ich mal. Und diese Träume versuch ich noch zu verwirklichen. Viele haben das im Laufe der Zeit irgendwann aufgegeben, aber das ist eigentlich unser Traum, von der Musik leben zu können. Und wir versuchen eben auch noch, hungrig wie wir sind, diesem Ziel hinterher zu eifern.

Aber mit dem kapitalistischen Gedanken, den ihr eben auch angesprochen habt, hat das nicht viel zu tun, oder?

Nein, da ist nur der Überlebensgedanke drin. Der kapitalistische Gedanke ist ja viel eher da drin, wenn du für einen Menschen arbeitest, der wiederum das Geld hortet und nicht in Dinge steckt, die vielleicht anderen Leuten helfen und Kraft geben können. Und das versuchen wir eben mit unserer Musik und damit geben wir Kraft. Und wir tun etwas für uns. Ich persönlich habe nicht das Ziel, reich damit zu werden, sondern eben nur mein Überleben zu sichern.


Interview: Pauline Betche (1/2011)



 


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