Radikal Sunflowers Colectivo

Dancehall Globalista

"From Acoustic Dancehall To Electronic Samba With A Bit Of DubJazz" heißt es als Beschreibung der Musik auf der Debüt-EP "Destinacion Realidad" von Andrés MC und Helmut Eckstein aus Darmstadt. Auch wenn einem dadurch ebenfalls alle Klarheiten beseitigt werden, ergibt sich eine Ahnung von dem, was zu erwarten ist. Nachdem Wagner Pá und vor allem Manu Chao nebst anderen in den letzten Jahren mit ihrer Vision von einer globalisierten Stilmelange angetreten sind, um die Vielseitigkeit der Musik stilistisch zu vereinen, gibt es nun die deutsche Antwort des "Dancehall Globalista". Auf 6 Tracks skizzieren die beiden Musiker ihre ganz eigene Vorstellung von einer globalen Musik und vereinen neben lateinamerikanischen Einflüssen, Reggae, Dancehall zu Folk im weitesten Sinne. Angereichert werden die Titel mit Sprach-Samples, die, wie gleich zu Beginn bei "Destinacion Realidad", eine interessante authentische Note hinzufügen. Zudem gibt es klitzekleine Spuren von Breakbeatrhythmen ("Fantastic") und Anleihen beim Dub oder Jazz. Instrumentiert wird hauptsächlich akustisch (Gitarre, Saxophon & Flöte) vor programmierten Beats. Das Gitarrenspiel von Andrés ist dabei am Flamenco geschult, Helmuts Saxophon-Style eher vom experimentellen Jazz beeinflusst. Mit "Minnie The Moocher" interpretieren sie sogar den alten Klassiker von Cab Calloway, allerdings mit einer ganz eigenen Note und kaum wiederzuerkennen. Für Irie Ites gibt Andrés ein paar Einblicke in das Projekt und erläutert Hintergründe....


Mit "Dancehall Globalista" und "Alternative Latin Freestyle" nebst anderen Begriffskombinationen beschreibt ihr den "Original Sunflowers Style". Wie kam es zu der Idee, all diese Einflüsse in einen Topf zu geben und mächtig zu rühren?

Die verschiedenen Styles die wir verbinden hängen eigentlich alle auf die eine oder andere Art irgendwie miteinander zusammen. Die Basis des Ganzen ist der Offbeat. Die Breakbeatz haben sich aus dem Jungle entwickelt, der wiederum ohne die Dancehall nicht entstanden wäre. Und Jamaika liegt in der Karibik, da ist es klar, dass auch Cumbia und Samba hineinfliesen kann. Das gehört alles schon irgendwie zusammen und ich könnte mir da z.B. keine asiatischen Vibes drin vorstellen.

Mit Manu Chao gibt es derzeit wohl den erfolg- und einflussreichsten Musiker in Sachen globalem Stil. Ist er für euch so etwas wie ein musikalisches Vorbild?

Ich mag die Musik von Manu Chao sehr, "Clandestino" hatten wir auch mal im Programm und sicherlich hat er uns beeinflusst, aber er ist nur einer von vielen. Es gibt Stücke da kommt die Inspiration von Sizzla oder Bounty Killer, bei anderen von Carlinos Brown oder Eek a Mouse.

Manu Chao ist ebenfalls politisch bei den Globalisierungsgegnern engagiert. Wenn ich mir euren Musik anhöre, kann ich sie mir gut bei Anti-Globalisierungs-Demos auf der provisorischen LKW-Bühne vorstellen oder bei einem Liveauftritt in einem autonomen Zentrum irgendwo auf der Welt. Seid ihr ebenfalls politisch aktiv?

Die Tunes handeln von Liebe und Freiheit und sicherlich sind wir eher links eingestellt, aber direkt politisch sind wir nicht. Uns geht's eher um so Sachen wie "one love", "one family". Eher so die einfachen Dinge. Aber andererseits weiß ich nicht, ob es schon Politik ist, wenn man seine Tunes zum freien downloaden anbietet und sagt das ist freie Musik für freie Menschen. Aber davon abgesehn funktioniert die Musik auf der LKW Bühne genauso wie im Club.

Wenn ich mir die musikalischen Hintergründe zwischen Jazz-Avantgarde, krachig-lauten Bands, Klezmer Kapelle und Gothic-Rock von euch beiden in der Begleitinfo durchlese, kann es vielseitiger gar nicht sein. Wie kommt dieser Hang zur Mischung zustande?
Beliebigkeit oder schlichtweg die Liebe zu vielen Facetten der Musik?

Wir sind in erster Linie Musiker. Und es gibt massig tolle Musik und mir fällt es da ehrlich gesagt schwer, mich festlegen zu müssen. Ich möchte heut mal das probieren, morgen mal das. Davon mal abgesehn machen wir so seit 20 Jahren Musik. Da tut ein wenig Bewegung recht gut.

Ihr nennt euch Radikal Sunflowers mit dem Zusatz von Colectivo. Jetzt seid ihr allerdings nur zwei Musiker und damit weit Weg von meiner Vorstellung eines Kollektivs. Warum also die Bezeichnung...hat sie musikalische Gründe oder ist geplant, das Projekt Radikal Sunflowers auszubauen?

Gute Frage. Wir sind da relativ offen. Man muss abwarten, wer uns so über den Weg läuft. Es gab da aber einige interessante Möglichkeiten. Außerdem soll sich unser Publikum auch dem Colectivo zugehörig fühlen.

Andrés, du hast in Sevilla und Cordoba gelebt und dort das Flamenco-Gitarrenspiel erlernt. Haben sich diese Aufenthalte auch auf deine Weltsicht ausgewirkt?

Klar, das Leben da unten ist schon ziemlich anders und ich hab da gelernt, einige Sachen viel lockerer zu sehen. Die Leute dort sind schon sehr entspannt und trotzdem sehr lebendig. Wobei es mich momentan aber eher Richtung Barcelona zieht. Da ist ne rege Szene am leben.

Welche konkreten Projekte stehen nach der EP "Destinacion Realidad" an?

Erst mal ein paar Auftritte, dann haben wir einige neue Tunes am Start und möglichst gegen Ende des Jahres die nächste EP. Außerdem hoffen wir noch ein paar Leute zum Remixen der "Destinacion Realidad"-EP zu animieren.


Text und Interview: Karsten Frehe (03/03)


Kontakt: Radikal Sunflowers: www.radikalsunflowers.de