Ein
neues Label erblickt das Licht der Welt: Subverzion.
Während der Rest Deutschlands dem Rootsreggae und
meistens dem Dancehall huldigt, steht hier DUB in seinen
verschiedensten Ausprägungen bei der ersten 12
Inch-Single im Mittelpunkt. Subverzion sind Dirk und
Sasa aus Wuppertal. Jeden 2 Monat veranstalten sie als
das Subverzionsherd Soundsystem im AZ Wuppertal in der
Markomannenstraße einen Dance. Doch damit nicht
genug, denn ansonsten gab es bereits unzählige
Shows mit z.B. David Rodigan, Zion Train, DJ Perch,
Rootsman, Mikey General, Smith & Mighty, Submission,
Kitachi, Sunz of Arqa, Serious Dropout, PowPow, Vibronics,
Jah Free, Komi (Son Goku). Ein Namedropping, das auf
guten Geschmack schließen lässt. Als Label
treten sie nun mit ihrem Erstling an, den Rest der Welt
zu rocken. The Dub Factory's "Kaise Guzar Rahi
Hai" steht dabei im Mittelpunkt und wird von Remixen
featuring D.BO General und Zion Train angereichert.
Parvez
The
Dub Factory / D.BO General / Zion Train
"Kaise Guzar Rahi Hai"
"Kaise
Guzar Rahi Hai" von The Dub Factory wurde 1997
bei Acid Jazz released und avancierte schnell zu einem
Underground Hit in der Szene. Parvez, der Kopf der Dub
Factory, wurde in Birmingham geboren hat seine Wurzeln
aber in Pakistan. Insofern ist es kaum verwunderlich,
dass die Musik der Dub Factory verschiedene Stile miteinander
vermengt - Dub meets Reggae inna asian Stylee. Nicht
untypisch für das United Kingdom, wo durch das
Miteinander der Kulturen immer wieder gesellschaftliche
Spannungen entstehen aber auch interessante Vermengungen
ans Tageslicht befördert werden - so auch in der
Musik. Als letztes Beispiel sei hier schnell mal auf
die Bhangra-Szene hingewiesen, die seit Monaten die
Tänzer der Welt kirre macht. The Dub Factory vereint
auf "Kaise Guzar Rahi Hai" sowohl Einflüsse
des Neo Dub oder Future Dub mit pakistanischem Gesang
im Stil eines Nusrat Fateh Ali Khan. Subverzion veröffentlicht
nun 5 verschiedene Versionen des Stückes. Zweimal
sind die Dub Factory selbst mit der Vocal- und Instrumental-Version
vertreten. Den Beginn machen jedoch Zion Train mit ihrem
"Tribut Remix" (RMX DJ Perch). Entstanden
ist ein dancefloorkompatibler Tune, der zwischendurch
in Stepper-Sphären hinüber gleitet und so
für Abwechslung sorgt. Die Vocal-Version der Dub
Factory kommt was den Bass betrifft noch eine Nummer
härter daher als der Vorgänger. Im Vordergrund
stehen hier neben dem Basslauf, das Keyboardspiel sowie
ein peitschendes Schlagzeug. Die Instrumental-Version
gerät etwas einfacher und verliert durch den fehlenden
Gesang an Kraft. Hier hätte ich mir ein paar experimentelle
Zugaben gewünscht.
Seite AA wartet mit einem Vocal Mix von D.BO General
und einer Instrumental-Version des Zion Train-Remixes
von Seite A auf. Zum Zion Train Remix ohne Worte ist
nicht viel zu sagen, außer vielleicht, dass die
von ihnen gewohnte Qualität auch ohne Gesang funktioniert
und elektrisieren kann. Ein weiterer Leckerbissen liegt
mit dem "Brighter Day"-Vocal Mix vor. D.BO
General liefert damit einen Tune ab, der den Dancehall-ist-alles-Schubladen-Denkern
zeigen wird, dass auch Dub-Klänge die Tanzhallen
mächtig rocken können. Der Tune entwickelt
dabei Qualitäten, wie man sie z.B. von der Groove
Corporation, dem Overproof Soundsystem oder Rootsman
her kennt. Für Rootsman ist er zur Zeit der Tour
MC. Alleine das dürfte einem ja schon alles sagen.
Bekannt ist er auch für sein Voicing beim Jungle-Classic
"Arsonist 95" von Urban Shakedown.
Ein
gelungener Start und Grund genug, ein paar Fragen an
Dirk und Sasa zu stellen....
Euch zunächst einmal ein Kompliment zum gelungenen
Start des Labels....
Mit
der eben beschriebenen 12 Inch liegt die erste Veröffentlichung
auf eurem Label Subverzion vor. Ich gehe einmal davon
aus, dass ein Erstling immer auch die Richtung der weiteren
Labelarbeit vorgibt, oder?
Dirk: Das könnte vielleicht so sein!!! Genau
wissen wir das noch nicht, denn musikalisch festlegen
wollen wir uns nicht, ich mag es, offen zu sein für
verschiedene musikalische Stile, es könnte auch
durchaus sein, dass wir in Zukunft ganz andere Releases
machen.. wobei das alles noch Zukunftsmusik ist und
ich zur Zeit denke, dass wir uns in Roots/ Reggae/ Dub
/ Asian / Soundz Bereich bewegen werden.
Sasa:
Wie Dirk schon sagte, es kommt ganz auf den Künstler
und seine Musik an. Wir werden jetzt nicht querbeet
alles auf Subverzion releasen. Dafür gibt's ja
Sub-Label. Die Musik muss mir was geben. Wir versuchen
auch Pladden mit Artists zu machen, zu denen wir schon
einen Bezug aufgebaut haben. Vertrauen ist halt sehr
wichtig. Und übrigens: Den Azian Sound fahren wir
nicht weil das vielleicht gerade angesagt wäre.
Wir haben den schon 1996 aufgelegt und die Dances geflext.
...Ansonsten nehmen alles was die Dancehall niederbrennen
kann. Wenn der Tune brennt und die Bässe den Soda
Plexus reizen. Klar. Aber einen Schwerpunkt darauf wird's
nicht geben.
Wieso
sind es gerade The Dub Factory, Zion Train und D.BO
General die ihr für die Scheibe ausgewählt
habt? Persönliche Vorlieben oder gar Kontakte?
Dirk:
Beides trifft zu. Bei The Dub Factory war es der Kontakt
und die Vorliebe für den Tune ,,Kaise Guzar Rahi
Hai''. Das Stück begleitet mich schon seit längerer
Zeit beim Auflegen. Bei Neil war es anders; seine Musik
mag ich auch, doch haben wir hier Rücksicht auf
die Wünsche von Parvez genommen denn dieser wollte
gerne einen Remix von Neil Perch. Der Tune ,,Brighter
Day'' von D.BO ist eher eine Zusammenarbeit mit Rootsman.
Denn dieser hatte uns D.BO fürs Voicing vorgeschlagen.
Sasa:
Dub Factory kannte ich schon von früher. Ich habe
damals mit dem Holger das DOJO Label betrieben. Unser
zweiter Release war dann eine Split 12" mit Disciples
und Dub Factory. Und "Kaise Guzar…" war halt
schon immer Killer. Der Release kam auf 220 gr. Sumo
Heavyweight Vinyl. Die Basis war also geschaffen für
die jetzige Zusammenarbeit. Rootsman ist auch seit vielen
Jahren ein guter Freund. Eins kam zum Anderen. Und D.Bo
General flowt ohne Ende über den Instrumental Tune
von DJ Perch. Zion Train war Dirks Connection. Gemeinsame
Shows mit DJ Perch's Abassi Hi Powa Soundsystem legten
das Fundament.
Was
schätzt ihr besonders an ihnen?
Dirk:
Bei Neil schätze ich die Konsequenz die er über
mehrere Jahre bewiesen hat, sich auf dem Markt mit seiner
Musik zu etablieren. Das er sowohl Livemit Zion Train
und mit seinem Abbassi Hi Powa Soundsystem die Leute
rockt. Bei The Dub Factory ist es die Mischung aus den
Wurzeln Pakistans und den Einflüssen des Reggae's
der in England lebenden Jamaikanern. Bei D. BO ist es
einfach nur die Stimme......
Sasa:
Beim Perch stehe ich auf den elektroiden, treibenden
Sound. Beim Parvez ist es der pakistanische Rootssound,
der den Roots-Reggae erfrischender und interessanter
macht.
Nun
kann man ja nicht gerade behaupten, dass Dub in seinen
moderneren Ausprägungen in Deutschland - im Gegensatz
zu Frankreich und Großbritannien - eine angemessen
große Rolle spielt. Guckt man sich an, wie wenig
in diesem Bereich hierzulande veröffentlicht wird
und wie gering die Anzahl der Label, wie z.B. Meteosound,
Select Cuts/Echo Beach, Best Seven, ist, die sich diesem
weiten Bereich widmen, kann es einen ja gruseln. Woran
liegt es deiner/eurer Meinung nach, dass Future oder
NeoDub eher die zweite Geige spielt?
Dirk: Vielleicht liegt es an den Medien. Wenn
man mal guckt wie derzeit Reggae vermarktet wird, dann
kann einem ja nur schlecht werden!!!!!! Hier geht es
doch nicht mehr um Conciousness sondern nur noch um
schwarze Zahlen. Wobei ich nicht alles schwarz mahlen
möchte, denn als Reggae-Liebhaber kann ich mich
nur darüber freuen, wenn diesem Musikbereich mehr
Aufmerksamkeit geschenkt wird. Und letztendlich glaub
ich das Future- und auch Neo-Dub davon profitieren werden.
Vielleicht hat es auch mit den Wurzeln Frankreich und
in Großbritannien zu tun. Beide waren große
Kolonialmächte und dadurch schon früh mit
exotischen Dingen und Menschen konfrontiert. Vielleicht
führt so was zu mehr Andersartigkeit auch im Musikgeschmack.
Sasa:
Dub hatte halt nie eine Infrastruktur. Ist ja auch schwer
zu verkaufen, da nicht wirklich kommerziell. Reggae
hingegen kommt ja sehr oft im positiv rassistischen
Roberto Blanco und Mola Adebesi Style vor. Exotisch,
kiffen, Sunshine Reggae. Sowas bleibt den meisten Menschen
halt im Kopp hängen. Ich glaube Dub wird noch lange
Zeit Spartenmusik bleiben. Es fehlt die Massenkompatibilität.
Vielleicht helfen ja Kollege Gentleman und Seeed das
Tor einen spaltbreit weiter zu öffnen. Wie damals
Fanta 4 es für den deutschen Hip Hop getan haben.
Kommen
für euch auch andere Spielarten jamaikanischer
Musik - ich denke da z.B. an den allseits gehypten Dancehall
- für eine Veröffentlichung auf Subverzion
in Frage?
Dirk:
Auf jeden Fall, sofern die Lyrics stimmen...
Sasa:
Nö, nicht mit mir. Da muss der Dirk sich wohl nen
Sublabel anlegen. Nix gegen die Musik. Ist ja subjektiv.
Aber ich habe damals schon beim Gerd im Music Works,
wo die hottesten Dancehall Tapes liefen, nicht verstanden
worum es geht. Bin halt ein Weißbrot aus der Mittelschicht
mit Punk und Hardcore Roots. Whistles, Rewinds bis zum
Kotzen und keinen Tune länger als 20 Sekunden laufen
lassen. Nach dem deutschen Hip Hop Hype kommt jetzt
der Dancehall Hype. Ach ja noch was. Habe auch das 1LOVE
Ding nie so verstanden. Für mich stehen alle Lebewesen
in einer Linie. Über uns kommt nur noch die Mighty
Unseen Force. Aber irgendwie gibt's nicht für alle
1LOVE. Chi Chi muss brennen usw. Was soll die Scheizze.
Weil die Rudeboys in Jamaika das machen, machen wir
weißen Karl Kani, Ecko Soldier auf Hardcore Jamaica.
...Aber ich muss ja auch nicht alles verstehen. Wofür
gibt's den Akte X.
Was
steht als nächstes an?
Dirk:
Das nächste Projekt ist noch nicht ganz klar. Es
könnte ein Release von Rootsman sein. Wobei wir
auch schon Anfragen von anderen Künstlern haben!!
Mal sehen was passiert......
Sasa:
Höchstwahrscheinlich ein Rootsman Ding. Vielleicht
auch ne CD Compilation mit vielen richtungsweisenden
Soundz für Subverzion.
Gibt
es so etwas wie eine Top 5-Liste von Künstlern
mit denen ihr auf eurem Label gerne zusammenarbeiten
würdet?
Dirk: Die gibt's:
1. Bim Sherman (Leider nicht mehr möglich)
2. Junior Delgado
3. Earl Sixteen
4. Shy FX
5. Finley Quaye
Die Liste ließe sich noch um einige erweitern......
:-)
Sasa:
...
1. The Bug
2. Horace Andy
3. Martin Campbell
4. Badawi
5. 3HEAD
Auf dem Label der ersten 12 Inch befindet sich auf
der A-Seite zusätzlich der Aufdruck "Free
Mumia". Versteht sich Subverzion im Sinne von "subversiv"
sowohl musikalisch als auch auf gesellschaftliche Missstände
bezogen als politisch orientiertes Label?
Dirk:
Ich denke schon...mir geht so einiges auf die Nerven,
hier auf unserem blauen Planeten. Inwieweit das unsere
Labelarbeit bestimmen wird weiß ich noch nicht.
Sasa:
Also Politik umgibt uns doch das ganze Leben lang. Manchmal
fühle ich mich wie in einer Müllpresse, bei
der ganzen ungerechten Scheizze die so in unserer Welt
passiert. Eine sehr dünne Linie zwischen Verzweiflung,
Agonie, Kampf und Freude am eigenen Überleben in
dieser Plastic Soul Securitate. Darum auch diese kleene
Info. Hallo, Mumia is immer noch nich frei. Stellvertretend
für alle politischen Gefangenen. Hab gehört,
das China, Japan und Südkorea ein eigenes Betriebssystem
entwickeln wollen. Und Bill Gates wollen sie schubsen
und kneifen wenn sie ihn sehen. Das finde ich gut. Und
wenn alles nichts hilft, dann kommt Sean Paul mit dem
Super Duper Diwali Riddim und rockt alle PartyArtys
in Guantanamo. Vorsicht Spazz.
Many Thanx an Karsten und die Irie Ites Krew für
den Support. Greetingz an Holger Dojosound. Valencia
Dub Punks come again.
Die Pladde gibts unter www.subverzion.de
zu bestellen. Momentan noch für ungeschlagene 7,-
Euro pluzz Porto.
"Amerikanische, imperialistische Soldaten, gebt
auf. Ihr habt den Kampf verloren" (Zitat aus dem
Film PLATOON).
Interview: Karsten Frehe 09/03