Seit 2001 arbeiten Sarah und Stefan von Rebelfilms an Projekten, die von der Idee über die Arbeit hinter der Kamera bis zur Postproduktion unabhängig durchgeführt werden.
Dabei setzen sie sich vorrangig dokumentarisch mit Kultur, Musik und Menschen auseinander und haben nicht zuletzt durch ihre viel gelobte Dokumentation "Rebel Music" über die mexikanische Band Panteón Rococó die Aufmerksamkeit von vielen Menschen auf sich und na klar auch auf die Band gelenkt, die stetig ihre Fanbasis im Land erweitert. Zuletzt haben sie zusammen den Film "Kultur Shocks Dialogs" über besagte Band in Seattle gedreht und derzeit arbeiten sie an einer Dokumentation über Mexiko City, die wohl größte Stadt der Welt. Es geht also viel um Musik, aber auch immer um die jeweiligen kulturellen und vor allem politischen Hintergründe. Stefan und Sarah waren so nett, sich ein paar Fragen zu stellen.


Ich bin durch den Film "Rebel Music" über Panteón Rococó auf eure Arbeit aufmerksam geworden. Wie kamt ihr auf die Idee, ausgerechnet über diese Band eine Doku zu drehen? Da ich dich an dem Merchandisingstand beim Konzert der Band am 18.7.2006 kennen gelernt habe, gehe ich davon aus, dass du nach wie vor eine enge Bindung zu der Band hast. Was fasziniert dich besonders an den energiegeladenen Mexikanern?

Stefan: Ja auf jeden fall. Wir sind im laufe der Jahre gute Freunde geworden und ich bin nun bereits 4 Jahre hintereinander in Deutschland mit ihnen auf Tour. Wir haben viel zusammen erlebt in dieser Zeit und so etwas schweißt natürlich zusammen. Faszinierend an ihnen finde ich vor allem das sie es schaffen mich immer noch von ihrer Musik zu beeindrucken und zu begeistern obwohl ich nun schon weit über 200 Live Konzerte von ihnen gesehen habe. Das ist ein Kunststück was kaum eine andere Band schafft.

Habt ihr besondere Verbindungen zu Mexiko, denn euer aktuelles Projekt beschäftigt sich ja ebenfalls mit dem Land bzw. der Stadt Mexiko?

Sarah: Die Verbindung zu Mexiko kam durch die Dreharbeiten an Panteon Rococo Rebel Music zustande. Für diesen Film waren wir im Jahr 2002 sieben Wochen in Mexiko, den größten Teil der Zeit in Mexiko-Stadt. Durch die Band bekamen wir einen profunden Eindruck vom Leben in einer der größten Städte der Welt. Die Angst vor schlechter Luft und Kriminalität, die Touristen schnell beim Lesen von Reiseführern befällt, bauten wir schnell ab, verliebten uns in die Stadt und beschlossen bald eine längere Zeit dort zu verbringen. Das war dann im letzten Jahr und wir verbrachten einen Teil der Zeit dort damit, ein Portrait über die Bewohner der Stadt zu filmen. Mexiko-Stadt kann man nur lieben oder hassen, es ist laut, chaotisch und mit keiner europäischen Stadt vergleichbar.

Stefan: Ja das stimmt! So eine Stadt habe ich mein ganzes Leben noch nicht gesehen. Natürlich war das Jahr für uns durch unsere Filmarbeit dort sehr intensiv. Man bekommt schnell einen anderen Kontakt zu den Menschen dort und sieht auch Viertel die man sich als normaler "Tourist" kaum ansehen würde. Darüber hinaus war es für uns aber auch ein sehr interessante Erfahrung mal für ein Jahr Ausländer zu sein, zu erleben was das für Probleme mit sich führt und besser zu verstehen wie es Menschen geht die Z.B. in Deutschland als Ausländer leben.

"Rebellion" kommt ja sowohl im Titel "Rebelfilms", taucht aber auch namentlich und/oder inhaltlich immer wieder bei euch auf - z.B. in Form der Erklärung der zapatistischen Bewegung auf eurer Homepage. Habt ihr selbst auch einen politischen Hintergrund hierzulande, der euch nun dazu veranlasst, nach Widerstand auf aller Welt zu suchen?

Sarah: Der Name "rebelfilms" beschreibt unsere Arbeitsweise und den Umgang mit dem Medium Video/Film. Und als Filmemacher beschäftigt man sich automatisch mit poitischen Themen. Panteon Rococo Rebel Music widmet sich der zapatistischen Bewegung in Mexiko, Kultur Shock Dialogs beschäftigt sich mit einer Band, die zum großen Teil aus Migranten besteht, der kommende Film über Mexiko Stadt handelt von Lebenskünstlern. Politik spielt immer eine Rolle, im Film und im wirklichen Leben, aber nicht jeder Film zielt auf eine eindeutige politische "Message".

Stefan: Der Name zielt tatsächlich auch ein wenig auf die Machart unserer Filme hin. Es ging uns darum zu zeigen das man keine Hochglanz Dokumentationen mit teurem Equipment erstellen muss um Leuten ein interessantes Thema nahezubringen. Eine kleine Kamera , ein wenig ideen und einfach mal ausprobieren war unser Motto. Natürlich ändert sich der eigene Anspruch im laufe der Jahre und man lernt ständig dazu. Mein politischer Hintergund in Deutschland hat sich durch das Engagement in Antifa und Anti AKW Gruppen entwickelt. Auch viele Auslandsaufenthalte haben mich als politischen Menschen sehr geprägt. Aber ich denke das man auch in Zukunft in Unserem Film-Repertoire mal mehr und mal weniger politische Filme finden wird.

Wie seid ihr überhaupt auf das Medium Film gekommen? Rein autodidaktisches Vorgehen, eine Ausbildung...?

Sarah: Ich studiere Kommunikationsdesign mit dem Schwerpunkt Film an der Uni Wuppertal und Stefan hat ein ganzes Archiv guter Filme bei sich im Zimmer. Kurz bevor wir Rebel Music drehten hatten wir uns einen Camcorder gekauft, und das Unglück nahm seinen Lauf...

Stefan: Ich wollte seid Jahren immer schonmal einen Film drehen es fehlte aber an der nötigen Ausrüstung, einer guten Idee und der Zeit. Das es dann Dokumentarfilme werden hat mich letzlich selbst überrascht, stellte sich aber schnell als gute Möglichkeit herraus ohne viel technischen Aufwand, wie es zum beispiel bei einem Spielfilm der fall ist, etwas hinzubekommen. Nachdem wir dann gleich mit unserem ersten Projekt das Glück hatten diesen Film auch einer Menge Menschen präsentieren zu können, entschloßen wir uns weiter nach Themen und Ideen für Dokumentationen zu suchen.

In eurem Programm befindet sich ebenfalls eine Doku über ein spanisches Tierheim, die ich selbst noch nicht kenne. Wie passt das ins Konzept?

Sarah: Der Dokumentarfilm Hundeleben passt ins Konzept von rebelfilms, weil wir nicht nur zu zweit, sondern auch mit anderen Leuten an verschiedenen Themen arbeiten. In diesem Falle geht es um den Tierschutz in Spanien und Deutschland, der Film ist von Sigune Saßmannshausen und mir gemacht.

Der letzte fertige Film "Kultur Shocks Dialogs" aus dem vergangenen Jahr handelt von der Band aus Seattle. Wie kamen hier die Kontakte zustande?

Stefan: Ich mache nun seid 10 Jahren das Booking für das Kulturzentrum Pelmke in Hagen. Von daher bin ich immer auf der suche nach neuen und interessanten Bands. So bin ich irgendwann auf Kultur Shock gestoßen. Gleich beim ersten Live Konzert faszinierte mich ihr Musik mix und ihr unterschiedlicher kultureller Hintergrund. Die Bandmitglieder kommen aus Serbien, Bosnien,Bulgarien, Japan und den USA. Als wir 2005 in Mexico waren bot es sich da förmlich an einen Abstecher nach Seattle zu machen und eine Woche mit der Band zu verbringen. So entstand unser Film Kultur Shock Dialogs.

Das neue Projekt über Mexiko City ist in Arbeit. Was kann man erwarten?

Sarah: Eine Taxifahrt durch den Großstadtdschungel, mit kurzen Stopps bei Menschen, die man kennenlernen muss. Ein subjektives Stadtportrait, bei dem man einen Einblick ins Leben der Chilangos, wie sich die Bewohner von Mexiko-Stadt nennen, bekommt.

Stefan: Es wird Geschichten geben über Luchadoren (Wrestler), heilige Skelette, Mariachis, Schrotthänder und Stromschläger!Momentan sind wir selber noch sehr gespannt wie sich der Film zusammenfügen wird.

Gibt es schon Ideen für weitere Projekte in naher Zukunft?

Sarah: Ideen haben wir viele, aber jetzt sind wir erstmal mit der Postproduktion des Mexiko-Stadt-Portraits beschäftigt. Gegen Ende des Jahres werden wir dann die Zukunft planen.

Stefan: Da wir ja leider beide nur nebenbei an Rebelfilms arbeiten dauern unsere Projekte momentan in der Realisierung natürlich seine Zeit.Wir hoffen natürlich das sich das in naher Zukunft ändert. Aber es macht schon Sinn für uns eins nach dem anderen zu ende zu bringen aus diesem Grund steht die Fertigstellung des Mexico city Films natürlich momentan im Vordergrund.


Interview: Karsten Frehe (08/2006)