Sebastian Sturm

"This Change Is Nice" wurde als Debütalbum allüberall gewaltig gelobt und zum Teil sogar wahrhaft abgefeiert. Nur selten platzen Newcomer mit einem derart ausgereiften Album in die Szene und bekommen sofort Gehör. Vielleicht liegt das aber auch daran, dass mit Jin Jin eine der erfahrendsten Reggaebands des Landes im Hintergrund für die Beats verantwortlich ist und das Business sicherlich mit all seinen Freuden, Ecken und Kanten kennt. Sebastian Sturm war so nett, sich ein paar Fragen zu stellen....

Dein Debütalbum "This Change Is Nice" stößt allüberall auf sehr positive Resonanz? Vergleiche mit Israel Vibration und Groundation werden hergestellt. Hast du bzw. habt ihr, denn du arbeitest ja mit Jin Jin zusammen, damit gerechnet?

Wir haben natürlich gehofft, dass das Album richtig gut ankommt. Und ehrlich gesagt wurde uns während der Produktion klar, dass wir hier gerade ein richtig gutes Reggae Album machen, auf das wir stolz sein können. Vergleiche mit Israel Vibration und Groundation sind für uns eine große Ehre, die wir aber gerne annehmen!

Israel Vibration und Groundation sind wie bereits erwähnt zwei Verwandtschaften, die bei dir wegen deiner Stimme und bei euch wegen des Sounds wie gesagt gerne gesehen werden. So man möchte, kann man auch gleich noch den guten alten Bob Marley hinzugesellen. Welche Artists zählst du persönlich zu deinen Vorbildern?

Bob Marley & The Wailers auf jeden Fall und natürlich, Gladiators, Steel Pulse, Misty in Roots, Burning Spear, Culture, Matumbi, Gregory Issacs und viele andere aus den Seventies.

Während andere deutsche Reggaeartists immer wieder auch gerne Dancehall als Style mit in ihre Tunes einarbeiten, bleibt es bei euch strictly Roots. Wäre dir ein Stilmix zu beliebig oder woran lag die Entscheidung, diesen konsequenten Weg zu gehen?

Don´t change the mood!

Die Kooperation mit Jin Jin, einer der dienstältesten Bands in Deutschland, habe ich eben schon kurz erwähnt. Wie kam es zu dieser fruchtbaren Liaison? Wie und wo seid ihr euch begegnet?

2004 haben sich Jogit Beat aufgelöst. Etwas später suchten JIN JIN einen neuen Sänger. Schon bei der ersten Probe war eigentlich klar, dass das wie die Faust aufs Auge passt. Dennoch haben wir uns viel Zeit gelassen und viele stundenlange Sessions im Proberaum veranstaltet, bevor wir zum ersten mal auf die Bühne oder gar ins Studio gegangen sind.

Der Bandsound ist eine der ganz großen Stärken des Albums. Auf Computerfrickeleien habt ihr - so hört es sich zumindest durchgängig an - gänzlich verzichtet. Ist das ein wesentlicher Teil des Gesamtkonzepts?

Natürlich haben auch wir den Computer benutzt. Die Musik ist aber, bis auf einige Klavier Chops, komplett mit echten Instrumenten live eingespielt worden. Eine echte Hammond oder natürliche Drums kann man nicht ersetzen! Und die Kreativität und das Feeling von Musikern sowieso nicht!! Ich mag programmierte Musik, wenn es um elektronische Musik geht. Im Reggae find ich es aber meistens langweilig.

Was wird in naher Zukunft von dir zu hören sein? Welche Projekte stehen an, auch wenn das Album gerade erst auf dem Markt ist?

Ich freue mich schon jetzt auf viele Live Konzerte. Ich habe mir vorgenommen alle Reggae Festivals zu spielen, die es in Deutschland und Umgebung gibt. Außerdem kommt bald meine zweite Single "Witout A trace" raus Außerdem würde ich gerne ein Dubalbum von "This Change Is Nice" veröffentlichen. Spätestens 2008 will ich eine ganze Tour spielen.

Die Mitglieder deiner Backing-Band JinJin sind ja sowohl deutsche Reggae Urgesteine, als auch bekennende "Feierabendmucker". Wird eine gemeinsame Tournee vor diesem Hintergrund stattfinden? Wird das nicht schwierig?

Auf jeden Fall. Das ist in erster Linie eine Frage der Organisation und des Willens. Der Wille ist zu 100% vorhanden. Die Jungs freuen sich auf jedes einzelne Konzert und darüber, dass unsere gemeinsames Baby überall auf so positive Resonanz trifft.

Deine Texte sind stark autobiografisch geprägt und teilweise politisch mit Bezug zum Hier und Jetzt. Lobgesänge auf Jah Rastafari oder jamaikanische Getto-Problematik werden nicht thematisiert. Was möchtest Du als sozialisierter Mitteleuropäer mit "Deinem" Roots-Reggae ausdrücken und vermitteln?

Das ist richtig, natürlich sind meine Texte autobiographisch. Daraus ergibt sich dann schon fast automatisch nicht über das jamaikanische Getto zu singen. Ich bin auch überzeugt davon, dass das Publikum in Deutschland und Europa Texte aus dem Hier und Jetzt zu schätzen weiß.

Was hältst Du in diesem Zusammenhang von den vielen anderen Artists außerhalb Jamaikas, die - oftmals leider auch scheuklappenblind und ohne wirkliche Erfahrungswerte - Rasta Inhalte und Drittweltproblematik bemühen um ihrer Musik die vermeintlich nötige Authentizität und Street-Credibility zu geben?

Sollen die Leute machen, was sie wollen, mein Ding ist es auf jeden Fall nicht.

Während sich die meisten Reggae Artists international szenetaugliche Namen geben um sich potentiell besser zu verkaufen, bliebst Du bei Deinem bürgerlichen, durchaus deutsch klingendem Namen. Geschah dies bewusst?

Das stimmt: mein Name klingt sehr deutsch. Ich mag ihn aber trotzdem. Genau genommen ist es sogar ein richtig guter Künstlername. Stell Dir vor ein Jamaikaner oder Amerikaner würde Blizzard oder Storm heißen. Der würde bestimmt nicht auf die Idee kommen sich umzubenennen.

Interview: Karsten Frehe / Torsten "Red I" Sarfert (10/2006)

Lyrics von Sebastian Sturm bei Irie Ites.de