Chinkuzi Riddim
Selection
( South Rakkas - 2006)
Alle Freunde von
Newschool- Dancehall, der heftigen bis experimentellen Gangart, können
sich dieser Tage über den neu erschienenen "Chinkuzi Riddim"
auf South Rakkas freuen. Das Label, dass sich in den letzten Jahren
durch den "Clappas" und vor allem den "Red Alert"
zurecht den Ruf verdient hat, neben Renaisance die führende Producercrew
zu sein, wenn es um Highend - Electronic Riddims geht, langt hier wieder
einmal voll hin. Wie schon der Vorgängerriddim "Bionic Ras",
orientiert sich der "Chinkuzi" stark an elektronischer Tanzmusik,
die weit außerhalb des eigentlichen Dancehallgenres liegt.
Noch dazu setzen
South Rakkas der seit etwa drei Jahren grassierenden Editmania endgültig
die Krone auf. Der "Chinkuzi" stellt eher ein Grundgerüst
dar und zieht sich in ganzen sechs, teils äußerst verschieden
gestalteten Mixen durch die umfangreiche Selection. Eher, als mit dem
gefloppten letzten Riddim, dem "Bionic Ras", dürfte sich
das Dancehallpublikum jedoch mit dieser Produktion allemal anfreunden
können. Hierbei lassen die Produzenten zugegebener Maßen
besonders beim Chinkuzi´s Revenge Mix bisweilen fast schon einen
Hang zu Electroclashbeats heraushängen, insofern richtet sich diese
Produktion klar an Anhänger eines eher weltoffenen Bashmentverständnisses.
Trotzdem geht die Tendenz wieder klar Richtung Dancehall, und von Computerstimmenansagen
für die Artists, bis hin zu den sehr markant bouncenden Bässen,
wird alles aufgefahren, womit dieses Label groß geworden ist.
Das Artistlineup,
das sich auf dieser Selection drängelt, ist, wie üblich für
South Rakkas, mehr als umfangreich, wobei einige Tunes auch optional
einsetzbar, in gleich zwei Mixen vorliegen.
Bemerkenswert ist
hierbei zunächst "Gway", ein nach langer Zeit wieder
wirklich starker Tune von der Queen of Slacknes Lady Saw. Marion Hall
hat zwar seit ihrem Comeback-Album Striptease durchaus eine Menge Zeit
in einer Menge verschiedener Studios verbracht, ein wirklich großer
Wurf war jedoch eigentlich nie dabei. Bei diesem Dancehallbrett jedoch
gelingt es ihr endlich wieder an ihre großen Zeiten anzuknüpfen,
wobei sie hierbei wie selbstverständlich auf einem harten 2006er
Riddim reitet und sich dabei textlich selbstbewusst innerhalb ihres
Lieblingssujets bewegt. Lady Saw wie sie richtig Spaß macht.
Ceciles "Only faking" richtet sich auf ähnlich offensive
Weise an die Männerwelt und liegt auch noch ein zweites Mal im
Rollergirlmix vor, was stellenweise etwas an Tipsy von J-Kwon erinnert.
Um im Geschlechterkampf etwas zu vermitteln bietet der Timeminister
Vybz Kartel ebenfalls in zwei Mixen den Ladies an, ihr "Good Buddy"
zu sein, und in der Form in der er sich hier präsentiert, wird
dieses Angebot wohl kaum eine ausgeschlagen können.
Capleton steuert einen Fire Anthem bei, der zwar nach vorne geht, jedoch
den etwas schalen Beigeschmack hinterlässt, dass all das auf dem
"Red Alert" Riddim auch schon mal so in etwa da gewesen ist
und heutzutage nicht mehr annähernd so "real hot" rüberkommt.
Auch Sizzla und Bounty verrichten solide Bashmentarbeit, vermögen
aber beide nicht wirklich aus der Flut der Tunes hervorzustechen.
Erfreulicher tritt da schon eine ganze Reihe von Newschoolartists auf
dieser Selection in Erscheinung.
Hollow Point nimmt ein wenig den Ball von Dr. Evils "MorePunany"
Hittune auf und deutet an, dass er auch noch ein Wörtchen mitzureden
hat, wenn es im ille flows geht, wofür er eine sehr breaklastige
Version verpasst bekommt..
Im Badmanstyle erklärt Busy Signal warum er als Thug, wie könnte
es anders sein, "Busy" ist, und auch der auf Jamaica gerade
sehr angesagte Deejay Idonia ist mit von der Party und erläutert
in "Ends lock" ähnlich bad, was sich in einem Mercedes
so alles anstellen lässt.
Den R&B Partytune der Selection liefert Frauenversteher Mr. Easy
mit "Break of Day" ab, wobei dieser Track einer der wenigen
aus dem etwas unterrepräsentierten Singersegment ist, und sich
auch noch in einer leicht Two-Step angehauchten Remixversion auf der
B-Seite befindet.
Mindestens eine Oktave tiefer, aber trotzdem nicht arm an albernen Melodieversatzstücken
kann auch Ninja Kid mit "Everyday" überzeugen und mischt
hierbei mehr oder weniger dezent eine Priese Humor unter die sonst vorherrschende
Hardcoreherrlichkeit.
Der "Chinkuzi"
Riddim ist definitiv State of the Art Dancehall 2006, es wird sich jedoch
zeigen müssen ob er seiner Zeit nicht evtl. doch etwas zu weit
voraus ist. Bashmentfans die auch für außerkaribische Stileinflüsse
offen sind, werden ihn definitiv zu Recht lieben, so manche Rootsnase
könnte sich jedoch auch von so viel "Tecknophilie" auf
einem Dance akut überfordert fühlen. Durch die Vielfältigkeit
der Artists und Versions legen die Produzenten jedoch geschickt die
Verantwortung in die Hände der Selectors, da die Frage wie hart
und durchgeknallt der Massive das Ganze serviert wird, sehr individuell
den jeweiligen Umständen angepasst werden kann. Somit lässt
sich wohl getrost behaupten, dass mit dem "Chinkuzi" anno
2006 jeder Dance angemessen rockbar sein sollte.
Finn Schmedeke