DENNIS
BOVELL
"DECIBEL"
(Pressure Sounds/Zomba - 2003)
Dennis Bovell, der
englische Blackbeard (nicht zu verwechseln mit dem jamaikanischen!),
gilt als einer der bedeutendsten Roots-Musiker des UK-Reggae. Er hat
mit Matumbi und der LKJ-Band gespielt und selbst - als Blackbeard oder
Dennis Bovell - feine Dub Alben wie etwa "Strictly Dub Wise"
und "A dub conference at 10 Downing Street" veröffentlicht.
Englischer Old School Dub klingt sowieso meist sauberer und geschmeidiger
als der jamaikanischer. Doch Bovell hat die Tradition noch weiter hinter
sich gelassen, indem er andere Effekte und Klänge einbaute, teils
jazzige Sounds integrierte und mit funkigen oder rockigen Rhythmen experimentierte
- wobei nicht alle seine Spielereien überzeugen konnten.
Auf "Decibel" erklingt jedoch ausschließlich Reggae
- entspannt, klar, nur leicht verspielt. Die Dub-, Instrumental- und
Vocal-Tracks bilden eine schöne wie kurzweilige Mischung. Egal,
ob Bovell sanft an seiner Gitarre zupft oder an den Reglern dreht, der
Sound groovt derart gepflegt, dass man fast eine Krawatte beim Zuhören
tragen müsste. Dabei dümpelt die Musik weder flach dahin,
noch wirkt sie snobistisch-kühl. Sie besitzt Herz und Gefühl,
holpert aber nicht so tropisch-brummelig wie zeitgenössische Sounds
aus Jamaika. Nur wenige Tracks - etwa "Entebbe" - pressen
und wummern annähernd so wie die Dubs von der Karibik Insel.
Deshalb entwickelt "Decibel" ganz andere Qualitäten.
Die Transparenz der Arrangements führt zu einem lässigen,
doch gleichzeitig intensiven Hörgenuss. Bovell setzt seine Effekte
und Klänge sehr gezielt ein. Er überlädt die Tracks nicht.
Wie eine laue Brise weht seine Musik um das Trommelfell. Eine Wonne
- nicht nur in bei schweißtreibenden Temperaturen. Wenn "Decibel"
einen Makel trägt, dann den, dass die Liner-Notes wenig Auskunft
über die Herkunft der Riddims geben.
Jürgen "Reggaedoctor"
Schickinger