Linval
Thompson & Friends
"Whip Them King Tubby"
(Auralux/EFA - 2004)
Gerade noch wundere ich mich noch über die Flut an verschüttet
geglaubten Roots-Reggae Perlen, da flattert ohne weitere Ankündigung
dieses Album in den Briefkasten. Linval Thompson, Friends, King Tubby.
Hmmm, unbekanntes Label. "Resteverwertung" geht mir durch
den Kopf und ich schmeiße das Teil in den Player. Und was da jetzt
so ganz unaufdringlich, süß und subsonisch aus den Boxen
perlt, ist wohl das absolut genialste, was ich (bei allem Respekt!)
seit langem gehört habe: Neun Riddims von Tubby (u.a. der "Rockers
Dub-" & der "King Tubby meets Rockers uptown"-Riddim),
produziert von Linval Thompson, plus den dazugehörigen Dubs, alles
gemixt vom Dub Inventor King Tubby persönlich; da kann ja nix schiefgehen!
Linval Thompson gibt sich gleich fünf mal höchstselbst auch
singenderweise die Ehre, komplettiert durch Horace Andy mit zwei Tracks
und Johnny Clarke und Jacob Miller mit jeweils einem Track. Sämtliche
Tracks sind bisher unveröffentlicht, Teil der Labelpolitik des
brandneuen Auralux-Labels. Kein geringerer als David Katz - seines Zeichens
Lee Perry Biograph und Reggae-Koryphäe schlechthin - hat hier seine
Finger im Spiel: "The goal is to release rare and never before
heard jamaican music, delivered to the highest possible sonic quality."
Über dieses hehre Ziel wurde sogar weit hinausgeschossen, denn
auch musikalisch ist das hier allerfeinstes Highgrade! Hört euch
z.B. mal "I've got to reach home" von Linval Thompson oder
"I'm in love" von Jacob "Killer" Miller an, dann
wißt ihr was ich meine. Wer die Wiederveröffentlichungen
von Wackies mag, wird dieses Album lieben. Höchst essentieller
Roots-Reggae und dazu noch schön & informativ aufgemacht! Schon
jetzt in meiner Jahresbestenliste für 2004.
Torsten "Red I" Sarfert
"Das
ganze Album wurde gemastert, ohne Computer oder andere digitale Technologie
einzusetzen....". Da jauchzt und frohlockt das Liebhaberherz: Kein
Feilen, kein Schleifen, kein Verfälschen, um vermeintliche Schwächen
im Klang alter Musik auszumerzen. David Katz hat in zahlreichen Artikeln
und Büchern gezeigt, dass er Ahnung von Reggae hat. Mit der ersten
Release auf seinem neuen Auralux-Label beweist der Experte nun, dass
er auch ein Herz für die Musik besitzt. Mal davon abgesehen, dass
er keine Mühe scheut, die Authentizität des Sounds alter Tage
zu erhalten: Katz hat kleine Schätze ausgegraben: Neun feine Songs
von Linval Thompson, Horace Andy, Johnny Clarke und Jacob Miller sowie
die zugehörigen Dubs. Hits und Klassiker fehlen. So besteht kaum
Gefahr, sich beim Kauf der Scheibe Doubletten einzuhandeln. Dennoch
klingen alle Tracks so gut, dass sie hätten Hits sein können:
Trocken knarren die Drums. Schwerfällig rumpelt der Bass. Bewegend
flehen die Sänger um Liebe und Freiheit. Und Tubby dreht an den
Knöpfchen, kitzelt noch tiefere Roots-Vibes aus den Riddims - teils
Augustus-Pablo-Arrangements - heraus. Auch die Konzeption - klassischer,
typischer Mitte-70er-Roots -, die liebevolle Auswahl und Präsentation
von "Whip them King Tubby" überzeugen. David Katz schraubt
die Erwartungen an künftige Auralux-Releases ganz schön hoch.
Jürgen
"Reggaedoctor" Schickinger