O
Jarbanzo Negro
"Buscavidas"
(Desobediencia Rec. - 2002)
Leider findet sich
in meinem Wörterbuch keine vernünftige Übersetzung für
O Jarbanzo Negro - da hilft nur hören und sich einen Eindruck verschaffen.
Das Cover gibt schon mal grob die Richtung an: ein halb aufgebautes
Zirkuszelt, vier schon ältere Herren in Begleitung einer Dame,
sehr gut gelaunt. Mit einigen eigentümlichen Kleininstrumenten,
Tromeln und Trompete sowie Akkordeon bewaffnet. Strassenmusiker? "Buscavidas"
bedeutet etwa: Lebenskünstler. Die Sonne scheint. Jetzt der akustische
Eindruck: jemand spielt sehr schnell, sehr viel Dudelsack. Der Schlagzeuger
(wir wissen und hören: er hat nur ein paar kleine Spielzeugtrommeln
und eine Pauke) mixt nordisches Oi! mit flamenco-esquer Geschwindigkeit
und Virtuosität. Allerdings findet sich zB. auf "Ries Y Lloras"
ein ganz übel stampfender Techno-Beat aus der Konserve. Schöner
HiSpeedPunk steckt hinter "Bonny & Clide". Notorisch falsch
geschriebene Song-Namen sind ja auch ein Stilmitel. Das Qintett belebt
zudem alte Klezmer-Melodien und -Instrumente auf haarsträubend
schöne Weise ("Gassentanz-El Baile De Callejon"). "Morenin@"
vereint all die Unübersichtlichkeit in 3.50 min. Folklore-Agit-Strassen-Indie-Kinder-Zirkus-Ska-Punk-Rock-Musik.
Vermutlich handelt es sich bei dieser spanischen Hardcore-Strassen-Kapelle
um ein Resozialisierungsprojekt einens unvorsichtigen Klinikvorstands.
Oder um eine terroristisch nicht unerfahrene Eliteeinsatztruppe von
Attac, die gewisse Elemente der Öffentlichkeit durch gnadenloses
Anarcho-Musizieren von der langweiligen Gewöhnlichkeit ihrer Existenz
überzeugen will. Das wird ihnen gelingen.
David
Nesselhauf