LUCIANO
SERIOUS TIMES (VP/Indigo - 2004) & LESSONS OF LIFE (Shanachie/Just-Records
Babelsberg - 2004)
Gleich im Doppelpack
kommt Luciano daher. Allerdings liegen zwischen den Aufnahmen fast zehn
Jahre. Während "Serious Times" relativ aktuelle Produktionen
präsentiert, versammelt "Lessons Of Life" Tracks aus
dem Hause Fat Eyes, die bis gut in die Mitte der 90er zurückreichen.
Luciano bleibt Luciano, klar. Doch die Jahre machen sich hörbar:
Auf "Lessons Of Life" singt der Messenger rauchiger und kantiger,
ja fast noch rau. Manchmal erhebt er sein Stimme, gibt ihr viel Kraft.
Deshalb klingen die Klassiker wie "Lessons Of Life", "Take
A Sip" (sowohl mit als auch ohne Tony Tebel auf dem Album) und
"Real Rastaman" (zusammen mit Louie Culture) vom Gesang her
noch immer sehr frisch und beherzt. Auch die anderen zehn Tracks der
Collection halten da mit. Und auch die Riddims, deren Alter höchstens
am Drum-Sound zu erkennen ist, brummen druckvoll genug, um heute noch
die Hintern in Schwingung zu versetzen.
Viel gemächlicher fließt die Musik auf "Serious Times"
dahin. Dean Fraser hat viel Aufwand in die Riddims gesteckt. Voll, geschmeidig,
manchmal fast schon etwas glatt summen die Rhythmen. Nur wenige davon
- und darunter in erster Linie die zwei Digital B Produktionen und die
"Doctor's Darling"-Version "Jah children/Stay Away"
- entwickeln richtigen, erdigen Druck. Und Luciano raunt heute seine
Lyrics meist viel gepflegter, samtiger und fein modulierter ins Mikrophon.
Seine Songs von Jah, Leid und Liebe, unter denen einige Fremdkompositionen
sind, gleiten mild und einfühlsam dahin. Drei langsamen Balladen
gestalten das Album noch ruhiger.
Schließlich bleibt also die Wahl zwischen einem lebendigen schönen
computerised Roots Album und einem musikalisch ausgefeilten Werk, das
nachdenklicher wirkt, aber viel Können aufbietet. Der Kopf hat
den Bauch etwas in den Hintergrund gedrängt.
Jürgen "Reggaedoctor"
Schickinger