iLLBiLLY HiTEC im Interview – “One Thing Leads To Another”

iLLBiLLY HiTEC – der dritte Streich auf Albumlänge!

Mit “One Thing Leads To Another” (Echo Beach) hat iLLBiLLY HiTEC aus Berlin das dritte Album auf den Markt gebracht und in Sachen Sound nochmal eine Schippe draufgepackt. Die versammelten Tracks wirken insgesamt ausgeklügelter und reifer. Nach wie vor zelebrieren sie ihre Reggaetronics – eine Mischung aus Reggae, einer Prise hip Hop, Dub und diverse elektronische Einflüsse. Kraftvoll und vielseitig. Das funktioniert prima – live und auch auf Konserve. IrieItes.de stellte Alex, dem Kopf der Band, anlässlich der neuen Veröffentlichung ein paar Fragen. Hier seine Antworten….

Ein Blick auf die beteiligten Personen am neuen Album offenbart eine besondere Auffälligkeit: ihr habt euch mit Jesse „Dubmatix“ King aus Kanada erstmals einen Co-Produzenten mit an Bord geholt. Wie kam es zu dieser Kooperation?

Wir haben Jesse das erste Mal 2010 bei der Secret Garden Party in England getroffen. Danach sind wir uns immer wieder über den Weg gelaufen, haben gemeinsame Shows gespielt und landeten auch im Studio. Die erste Kooperation waren dann die “Berlin Sessions” mit Aldubb, Longfingah und Lengualerta. Über die Jahre ist zudem eine Freundschaft und der Wunsch entstanden, mal ein ganzes iLLBiLLY Album zusammen zu machen.

Hat sich dadurch an der musikalischen Ausrichtung der Songs oder dem generellen Klang etc. etwas verändert? Ist sein Einfluss aus deiner Sicht zu hören?

Zuerst mal ist Jesse ein begnadeter Musiker…er spielt fast jedes Instrument und das auch noch richtig gut. Da habe ich ihm also oft mal den Vortritt gelassen. Und klar, wenn sich zwei Menschen wochenlang im Studio miteinander beschäftigen, dann sind auch beide Handschriften am Ende zu erkennen.

Nach wie vor erscheint eine Kategorisierung eurer Musik schwer bis unmöglich. Sind euch gängige Schubladen zu sperrig?

Wir haben uns da eigentlich nie Gedanken drüber gemacht, einen bestimmten Sound zu verfolgen. Erlaubt ist was gefällt, und das ist bei uns Vieles. Die beim ersten Album gewählte Kategorie „Reggaetronics“ finde ich aber nach wie vor recht zutreffend.


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Longfingah war auf den Vorgängeralben deutlich mehr als Sänger präsent als bei “One Thing Leads To Another”, wo er nur mit einem Gastauftritt vertreten ist. Trotzdem ist er ab und an bei Liveauftritten immernoch dabei. Hat sein weitestgehendes Fehlen auf dem Album spezielle Gründe? Statt dessen ist schon seit einiger Zeit der Österreicher Kinetical mit euch unterwegs und auch auf dem Album sehr dominant vertreten. Wie seid ihr zusammen gekommen und was schätzt du besonders an ihm?

Das liegt an seinem Job. Er war da die letzten eineinhalb Jahre sehr eingespannt…also genau die Zeit, in der das Album entstanden ist. Das war zum einen sehr schade, zum anderen aber auch eine tolle Gelegenheit, ein paar neue Wege mit Kinetical auszuprobieren. Er ist super gern im Studio und kommt immer mit freshen Ideen. Das macht Spass!
Wir haben uns vor inzwischen glaube ich vier Jahren in Linz auf einer Show kennengelernt und sind in Kontakt geblieben. Als es hieß, dass er nach Berlin zieht, war für mich klar was zu starten. Dann kam auch schon die Albumplanung zu “One Thing Leads To Another”.

Neben Kinetical sind Artists aus aller Welt auf dem Album versammelt, so z.B. Lengualerta aus Mexiko, der schon auf dem Vorgängeralbum „Reggae Not Dead“ zu hören war, oder, erstmals, Horseman, Gardna und Parly B aus England. Wie wählt ihr als musikalische Kosmopoliten die Leute aus, mit denen ihr kooperieren wollt?

Das passiert eigentlich oft ganz organisch. Viele Sänger lernen wir auf gemeinsamen Shows kennen und bleiben in Kontakt. Wenn dann mal wieder ein Riddim fertig ist, hat man meist schon ein Gefühl, wer dazu passen würde. Also fragen wir geziehlt an. So geht das dann umgedreht auch z.B. für einen Remix.

Ihr habt in den letzten Jahren immer wieder das Bandsetup bei Liveauftritten verändert, sprich in anderen Konstellationen auf der Bühne gestanden. Sah ganz so aus, als ob mächtig experimentiert wurde. Wie kam es dazu und in welcher aktuellen Besetzung spielt ihr derzeit live? Auffallend ist, dass du mittlerweile nicht mehr am Schlagzeug sitzt sondern das Mixing auf der Bühne übernimmst. Warum das?

Nach der Trennung von Thomas (dem Mitbegründer von iLLBiLLY HiTEC), musste sich einfach erstmal wieder das richtige Set Up finden. In unserem Fall hat es sehr lange gedauert und fast zwei Freundschaften gekostet. Das Ding war eben, dass ich mich parrallel vom Mitmusiker zum Produzenten entwickelt habe. Selbst meine Rolle war eben unklar…
Inzwischen haben wir aber ein neues Dreamteam und fühlen uns sehr wohl auf der Bühne… Ein Schritt dabei war auch das Schlagzeug zu verlassen. Ich hatte mir eigentlich schon immer gedacht, dass da einer sitzen müsste, der das besser als ich macht… So ist das jetzt!

Illbilly Hitec ist schon seit Jahren sehr viel und auch weltweit auf Tour. Gibt es besonders skurrile, witzige Anekdoten von unterwegs?

Bei den ersten Shows in Mexiko zum Beispiel hatten wir die ersten 10 Reihen nur Jungs stehen, die uns die ganze Zeit sehr ernst beobachteten. Nur Leute in den hinteren Reihen tanzten.
Also dachten wir, wir kommen da wohl nicht so an. Nach der Show wollte uns dann aber jeder der Jungs die Hände schütteln und ein Foto machen… die Leute waren sehr aufgeregt. Tatsächlich war es so, dass sie die Show wirklich sehen wollten, also tanzten sie nicht. Daran mussten wir uns erstmal gewöhnen …

Oft scheint es so, dass Artists aus Deutschland es ausgerechnet in ihrer Heimat nicht gerade leicht haben, an Auftritte in guten Slots auf größeren Reggaefestivals heranzukommen, es sei denn es handelt sich um Seeed oder Gentleman. Teilst du diese Meinung und wenn ja, woran liegt das aus deiner Perspektive?

Da kann ich nur teilweise zustimmen, weil wir hier in Deutschland auch schon tolle Festivalshows hatten. Aber klar, da ist was dran… Auch die Kollegen in vielen anderen Ländern haben damit zu tun. Woran es genau liegt, kann ich nicht sagen, aber ich glaub schon das Leute auf einer Show gern ihrem Alltag entfliehen wollen. Das geht vielleicht einfacher, wenn die Musiker anders aussehen, eine andere Sprache sprechen, vielleicht eine andere Kultur leben, usw.. Mit der Qualität der Musik hat das offensichtlich nichts zu tun, weil wir den Bonus genauso haben, wenn wir im Ausland sind. Die einzigen Ausnahmen in Europa scheinen da UK, Italien und Frankreich zu sein. Sie supporten ihre eigenen Artists enorm. Es sind es aber auch Länder, die recht patriotisch sind. Vielleicht gibt es auch da einen Zusammenhang…

Gran Om aus Mexiko hat bereits das Artwork des Albums „Reggae Not Dead“ und der EP „No Borders“ gestaltet. Jetzt zeichnet er auch für das Design von „One Thing Leads To Another“ verantwortlich. Was schätzt ihr als Band an ihm und seinem Können?

Ich habe Gran Om und El Dante damals über Lengualerta kennengelernt. Von Anfang an hat mich beeindruckt, wie die beiden einen Titel oder eine Aussage interpretieren und künstlerisch umsetzen. Da ensteht einfach immer was spannendes und eindrucksvolles, obwohl sie immer gleich Farbtöne, die selben Schriftarten und ein paar weitere Wiederkennungsmerkmale nutzen. Hinzu kommt ihr unendliches politisches und soziales Engagement. Einfach tolle Menschen…

Letzte Frage… Was steht über das Touren und Promoten des neuen Albums in nächster Zeit bei euch an?

Die letzten eineinhalb Jahre waren so vollgepackt mit Shows und der Albumproduktion, dass wir es ab dem Sommer eigentlich etwas ruhiger angehen wollen. Allerdings kenne ich mich auch recht gut und weiss, dass ich das nicht kann. Konkrete Pläne gibt es noch nicht, aber Ideen haben ich schon ein, zwei. Mitte April geht es für mich erstmal wieder für einen Monat nach Argentinien zum Auspannen… Ich hätte mal Lust auf eine Cumbiatronics Scheibe… und dort kenne ich ein paar gute Musiker. Also mal sehen, wie sehr ich ausspanne und was so im Herbst passiert…

Interview: Karsten Frehe (03/2017)

www.illbillyhitec.de

About Karsten

Founder of the Irie Ites radio show & the Irie Ites Music label, author, art- and geography-teacher and (very rare) DJ under the name Dub Teacha. Host of the "Foward The Bass"-radio show at ByteFM.