Sunrise Reggae & Ska Festival 2018, Burtenbach, 13.-15.7.18 – Line Up

Sunrise Reggae und Ska Festival / Bayern – We are one – 12. Ausgabe – mit Alborosie, EarthKry, Dub Inc, Queen Omega, Memoria, The Pathheights, Jah Mason & viel Ska

Es werden 4.500 Besucher/innen erwartet, denn bis jetzt ist das Festival schon fast ausverkauft: das Sunrise Reggae & Ska ist zwar ein kleines, regionales Festival tief im schwäbischen Süden der Republik, quasi in einer Randlage – und doch taucht es regelmäßig in der Jahreswertung der RIDDIM-Leserschaft unter den Top 5-Festivals auf.

Auf einem Acker am Rande von Burtenbach, nächste Bahnstation Jettingen-Scheppach, nächste größere Städte Günzburg und Augsburg, da kommen jedes Jahr große Persönlichkeiten der Reggae-Geschichte vorbei. Zum Beispiel Toots & The Maytals 2017, Morgan Heritage 2016, Protoje 2015, Perfect Giddimani und Kabaka Pyramid 2014, Tarrus Riley & Blak Soil 2013.

Nun, 2018, ist Alborosie das Zugpferd. Anders als bei anderen Festivals ist hier auch nicht das Prinzip, jedes Jahr dieselben Leute aufs Line-Up zu setzen oder zweijährlich zu rotieren. Wiederkehrer sind dieses Jahr Skaos. Ihre Musik “Hard Hitting Skank Style Music”. Sie wollen uns zum Tanzen bringen, und die Besetzung mit zwei Trompetern, einem Saxophonisten, einem Keyboarder und einem Posaunenspieler deutet es schon an: Hier geht’s Richtung TwoTone-Ska.

Eine Hammer-Live-Band: Dub Inc aus Saint-Étienne

Dub Inc sind im engeren Sinne keine wiederkehrende Band auf dem Line-Up, sondern war letztes Jahr am Tag des Auftritts ausgefallen. Der Slot 2018 ist wahrlich kein “schlechterer”: Sie sind der Höhepunkt, auf den alles zuläuft, der Samstag-Late-Night-Act, eingeplant für 23:30 Uhr. Wer einmal über das Dub Inc-Live-Album aus dem Pariser Olmypiastadion stolperte, weiß wohl um die Live-Qualitäten dieser Combo. Sie haben zwei Mann am Mikro, was dann auch Raum für “Freestyle” gibt:

Die Franzosen singen zwar meist auf Französisch. Man sollte aber, egal ob man die Sprache versteht, wissen: Sie haben kluge Texte, scharfzüngige, in denen sie auch mal die gesellschaftlichen Spannungen unserer Zeit vertonen.

Ihre Choreographien beschränken sich nicht auf Videos. Ebenso sind sie auf der Bühne sehr lebendig. Für andere Interpreten sind sie unter die Riddim-Produzenten gegangen und beeinflussen so die europäische Reggae- und Raggamuffin-Szene. Trotz des “DUB” im Namen haben sie mit unserer hier auf Irieites.de oft umrissenen Vorstellung von Dub zwar recht wenig am Hut. Komponieren können sie großartig, ihre meisten Songs gehen recht schnell ins Ohr und tragen über sechs, sieben Minuten die Spannung.

Von Roots bis Cumbia

Auch ein Teil des 12. Sunrise Reggae & Ska Festival ist Queen Omega, wie schon berichtet. Vertreten ist auch die Kölner Multikulti-Gruppe Memoria mit ihren zahlreichen Musikstilen von Cumbia-Afrotrap bis langsamem Ska, One Drop Roots Reggae bis wildem Dancehall. Immer aber eine deutliche Spur eleganter als das, was uns die Bad Manners als “Ska” verkaufen.

EarthKry galten 2016/17 als vielversprechende und hochgelobte Newcomer aus Jamaika. Sie zählen zur Kollektion der Musiker, die vor mir aus irgendeinem Grund verpeilt davonliefen, statt ein Foto oder einen Aufsager fürs Radio zu machen. Auch pflegende Worte von Marla Brown halfen nicht – sie entschieden sich für die Flucht. Möglicherweise ist es ein Trend unter jamaikanischen Newcomern, die so Anfang/Mitte 20 sind, dass sie sich nur für “Reggaeville”-Kameras gut genug sind 😉 Bitteschön, dann weiß ich hier auch entsprechend wenig über sie zu schreiben. Vielleicht soll die Musik für sich sprechen, und da sind ganz schöne Songs dabei. Neues Material tröpfelte nicht so recht nach – also gehen wir mal davon aus, dass sie dasjenige aus den Vorjahren umso besser beherrschen, zum Beispiel “Tables Turn”:

Im Namen gebenden Ska-Segment des Festivals wird einiges aufgefahren: The Crashbones, und für den Latin-Ska-Sound auch El Flecha Negra aus Baden-Württemberg. Einer der bisher bundesweit noch unterschätzten Live-Acts:

Raphael aus Savona, Pupa Albo aus Marsala 

Führen wir uns den italienischen “Stiefel” vor Augen, dann ist ganz unten an seiner Sohle die Insel Sizilien und Heimat von Alborosie. Ganz oben am Schaft auf der linken Seite (geographisch nannte man das einst Westen, Schulkinder nennen es heute “links”) in der Nähe von Genf liegt die Region Ligurien.

Von dort kommt Raphael. Er kommt ohne Band, teilt sich aber mit Lion D (früher genannt David Lion) ein Mikrofon (oder vielleicht auch deren zwei) und heizt im Dancehall Tent freitagsnachts ein.

Spannend aus Musikbeobachter-Sicht ist, was The PathHeights (siehe Interview) wohl machen. Musikalisch zwischen akustischem Folk-Reggae und Trance-Remixes schwankend, mit relativ viel neuem Material und einer in jedem Fall “eigenen” Art. Ebenfalls überraschend dürfte der Auftritt von Jah Mason werden, den man lange nicht mehr gesehen hat.

Philipp Kause / Fotos: Sunrise Festival

Links: Zeitplan fürs Festival – https://sunrisefestival.de/timetable.htm

Website von Raphael – http://www.mynameisraphael.com/

Website von The PathHeights: http://www.thepathheights.com/

Website von El Flecha Negra: https://www.elflechanegra.com/de/start/

 

 

About Philipp Kause

Philipp hat Musikethnologie studiert und verschiedenste Berufe in Journalismus, Marketing, Asylsozialberatung und als kaufmännischer Sachbearbeiter ausgeübt – immer jedenfalls stellt er Menschen Fragen. Er lebt zurzeit in Nürnberg, wo er die Sendung „Rastashock“ präsentiert, die seit 1988 auf Radio Z läuft.