Anthony B, Romain Virgo, Junior Kelly, Droop Lion & Charly B, Fabrik, Hamburg, 30.3.18

Reggaeville Easter Special in der Fabrik

Jährlich wiederkehrende Veranstaltungen wie diese entwickeln sich schnell zu lieb gewonnenen Ritualen. Und so machten sich auch in diesem Jahr wieder viele Reggaeliebhaber auf den Weg in die Fabrik. Das Lineup versprach ja auch einen abwechslungsreichen Abend mit neuen und altbekannten Gesichtern.
Als erster Künstler betrat der Franzose Charly B die Bühne. Nicht besonders lange, vielleicht 15 Minuten, aber mit seiner soliden Performance hat er sich dem Publikum erfrischend vorgestellt und u.a. seinen Tune “Prophecies Untold – Black, Green And Gold” gesungen, der im Internet schon einige Zeit erfolgreich kursiert.

Fliegender Wechsel: Droop Lion enterte kraftvoll die Bühne. Muss ehrlich gestehen, dass ich ihn als Artist zuvor zwar bemerkt aber nicht wirklich als so bedeutend auf dem Zettel hatte. Er hat neben einer energiegeladenen Show eine markante, heisere Stimme und intelligente Texte zu bieten. Stilistisch kann man ihn irgendwo zwischen Reggae und Soul ansiedeln. Und so konnte er auch in der Fabrik mit einer überzeugende Performance mächtig punkten. In manchen Momenten kam mir Toots als Vergleich in den Sinn, obwohl Droop Lion noch etwas mehr an Stimmvolumen bräuchte, um hier ranzukommen. Dennoch ist es gerade diese Qualität alter Schule, die Droop Lion für Artists wie Spiritual (auf seinem Album “Awakening”), Israel Vibration und die Gladiators interessant macht. Seine Show war an diesem Abend jedenfalls das erste Highlight.

Direkt danach konnte die von Droop Lion recht hoch gelegte Messlatte von Junior Kelly nicht übersprungen werden. Der Künstler wirkte angeschlagen, trug zu Anfang der Show einen Schal nebst dicker Jacke und musste immer wieder die zentrale Bühne verlassen, um etwas zu trinken. Trotzdem: Junior Kelly hat durch seine lange Karriere eine ganze Reihe von Hits, wie etwa “Smile” und “High Hopes”, zu bieten, die vom Publikum in der Fabrik freudig mitgesungen wurden. Dass er selber phasenweise nicht besonders kraftvoll in Sachen Gesang rüberkam, war wirklich sehr schade. Nach Junior Kelly wurde für Romain Virgo & The Unit Band umgebaut und Crucial B, der mit seiner Selektion das Warmup und die Umbaupausen gestaltete, legte wieder auf. Bevor es hier im Text mit dem nächsten Auftritt weitergeht, muss auf jeden Fall ein dickes Lob an die erste Begleitband gegeben werden. Die Musiker haben sehr tight aufgespielt und wirkten wie eine Einheit mit sehr viel Groove.

Auf Romain Virgo haben sehr viele gewartet. Das konnte man deutlich an den euphorischen Reaktionen des Publikums ablesen, als der noch recht junge Sänger die Bühne betrat. Durch die Zusammenarbeit mit Silly Walks Discotheque hat er ja auch irgendwie eine direkte Verbindung nach Hamburg. Die Coverversionen “Soul Provider” (Michael Bolton) und “Stay With Me” (Sam Smith), diverse Tracks des neuen Albums “Lovesick” sowie eine ganze Reihe von Romain Virgos bisherigen Hits boten ein breitgefächertes Spektrum an Klangfarben. Der Künstler hat einfach eine wunderbar klare Stimme, ein sympathisches Auftreten und viel Gespür für mainstreamtaugliche Songs mit Pop-Appeal und schönen Melodien. Wenn dann noch die eigene, exzellent aufspielende Unit Band dazukommt, kann eigentlich gar nichts schief gehen. Und so wurde der Auftritt von Romain Virgo & The Unit Band zum zweiten Highlight des Abends.

Nach einer erneuten Umbaupause stand am Ende des Abends Anthony B auf der Bühne. Begleitet wurde er wieder einmal von House Of Riddim und es war deutlich zu spüren, dass der Künstler und die Band durch zahlreiche gemeinsame Auftritte zu einer Einheit geworden sind. Nahezu ohne Pausen zwischen den einzelnen Liedern entwickelte die Show gleich von den ersten Takten an eine enorme Kraft, die sofort auf das Publikum übersprang. Alle Musiker auf der Bühne waren in Top-Form und Anthony B zeigte erneut, dass er nach wie vor zu einem der besten Entertainer im Reggaebusiness gehört. Zudem konnte er auch in der Fabrik auf zahlreiche Hits, wie etwa “Police”, “Waan Back (Waterpumpee)” oder “Good Life” zurück greifen, die mittlerweile zu den vielen Klassikern des Genres zählen. Mittendrin bekam Anthony B ein Geburtstagsständchen gesungen, denn während andere in ihren Earthday hineinfeiern, stand er auf der Bühne und ließ das Publikum tanzen, singen und springen. Herzlichen Glückwunsch also auch auf auf diesem Weg – zum Geburtstag und zu einer gelungenen Show in der randvollen Fabrik. Ein mehr als gelungener Abschluss des diesjährigen Reggaeville Easter Specials in Hamburg!

Text und Fotos: Karsten Frehe

About Karsten

Founder of the Irie Ites radio show & the Irie Ites Music label, author, art- and geography-teacher and (very rare) DJ under the name Dub Teacha. Host of the "Foward The Bass"-radio show at ByteFM.