El Bosso & die Ping Pongs “Tag Vor Dem Abend” (Pork Pie)

El Bosso & die Ping Pongs
“Tag Vor Dem Abend”
(Pork Pie – 2012)

Das brandneue Album der seit 1985 bestehenden Ska-Band startet mit rockigen Gitarrenriffs. Sie leiten den Zuhörer nach siebzehn langen Jahren ohne Neuerscheinungen endlich wieder durch ihre Welt des traditionellen Ska, groovigen Reggae und scheppernden Punk und beweisen wieder einmal, dass sie wirklich gute Musik machen.

Wie gewohnt zieht sich auch auf dieser Platte die unbekümmerte Leichtigkeit der Band durch die Tracks, die schon 1990 von vielen Bands und Künstlern als Inspiration für deutschen Ska galt. Diese wird gleichzeitig von einer dynamischen Komposition begleitet und verpasst dem Album ihren ganz eigenen Charakter. Der Sound hat sich im Vergleich zum letzten Album enorm verbessert, die Posaunen klingen wesentlich klarer hervor und auch Drum’n’Base-Nummern wie „Verlieb dich“ bestechen durch ihre klangliche Tiefe.

Man merkt, dass die Band in den 17 Jahren nicht stehengeblieben ist.

Textlich schmiegen sich die Münsteraner an die heutige Zeit und hinterfragen, kritisieren, belächeln und philosophieren wie gewohnt über die verschiedenen Facetten des Lebens: Nervige Nachbarn, psychische Probleme, Lebensfreude, Musik für Mädchen, die Liebe und auch (offenbar durch eigene Erfahrung zustande gekommene) Weisheiten.

Leider klingen diese in einigen Ohren ein wenig plakativ, wenn der Weg zur inneren Mitte erörtert wird: „Nur wer manchmal auf die Fresse fliegt, der weiß, wie weh das tut. Doch das zeigt uns, wo die Mitte liegt und schützt vor Übermut“.

Dies wird durch andere Tracks allerdings auch relativiert, wenn Leadsänger Markus in „Was passiert mit mir?“ jugendliche Liebesgefühle aufflammen lässt: „Du machst mich infantil und seltsam werd ich angeschaut, wie ich voll matschig da lieg‘, dieser Zustand… wie berauscht“ – eine sympathische Abwechslung zu sonst eher solide und bodenständig klingenden Strophen.

Die Texte wurden mit großer Sorgfalt ausgewählt, alle Worte sind klar verständlich und es scheint, als wäre nichts dem Zufall überlassen worden – auf der einen Seite natürlich eine große Kunst, diese Harmonie zwischen Text und musikalischer Begleitung herzustellen. Auf der anderen Seite wäre der Platte zwischendurch sicherlich auch ein wenig mehr Spontanität und Freche gut bekommen, wenn man sich an die früheren Alben erinnert.

Die Band zeigt sich extrem vielseitig. Rock zum Pogen, Reggae zum Chillen und sind die Fußsohlen nach „Schön“ und ein wenig Dancehall erst einmal durchtanzt, laden die Bossos auch mal zum Kuscheln bei gitarrenlastigen Nummern wie „Mädchenmusik“ ein.

Das Album ist rund; der eine Track klingt, als gehöre er neben den anderen und auch auf all die in den ersten dreizehn Songs aufgeworfenen Fragen nach der inneren Mitte, „Was passiert mit mir“ oder der wahren Identität der Person im Spiegel findet die achtköpfige Band eine Antwort im letzten Track: „Ein Korn, ein Whiskey, ein Bier“

In diesem Sinne: Prost Jungs!

Pauline Betche