Tribal Seeds “Roots Party” (Tribal Seeds Music)

Tribal Seeds
“Roots Party”
(Tribal Seeds Music – USA: 2017; Europe: 2018)

Ein schönes Album, ein nettes Album. Ein kurzer Longplayer, jedoch dafür einer ohne Füllmaterial. Das Ganze klingt sehr amerikanisch, sehr angenehm und klangtechnisch auf höchstem heutigen Standard. Mir sogar, je nach Abspielgerät, zu kristallklar und scharfkantig digital-clean.

Während die Songwritings so sind, wie es zu erwarten war, gibt’s eine Überraschung: die zusätzlichen Dub-Versionen.

US-Acts im Reggae stören selten unsere Hörgewohnheiten. Die meisten Hörer/innen in Europa wurden zwangsläufig mit Rock-Pop-Radio sozialisiert. Davon findet sich in den Sounds von SOJA über Rebelution, The Holdup bis Common Kings einiges wieder.

Ist das wirklich Roots-Musik, wie der Name es sagt?

Reggae wird über den Rhythmus definiert. Wage das einer beim Hiphop! Die heilige Vierfaltigkeit der Hiphop Culture (Skaten & Breakdance, Rhymes & Battles, Scratching/Vinyl & Sampling, Graffiti) – umfasst weitaus mehr als Beats & Flow. Im Reggae darf sich jeder für zugehörig erklären. Auch wenn der Offbeat-Rhythmus das einzig Verbindende ist.

Die Tribal Seeds legen ein ziemlich homogenes Album vor. Teilweise langweilig. Kommt auf die Situation an. Ein schöner Soundtrack zum Autofahren, eine sympathische Grundstimmung zum Wochenausklang, beim Schlafengehen am Sonntagabend. Protoje veredelt mit seiner Stimme den Track 2 (zugleich die Single) “Gunsmoke”.

In Track 5, “Rude Girl”, gewinnt ein Altsaxophon mit schrägem Riff die Oberhand. Abgesehen von diesen beiden Auffälligkeiten bleibt das Album in seiner Durchhörbarkeit und Flauschigkeit.

Dass die Verkaufsbezeichnung “Roots Party” einer Themenverfehlung gleicht (keine Roots, keine Party erkennbar), wird durch eines der schönsten LP-Cover seit Langem entschädigt. Im engeren Sinne Roots-Musik ist musikalisch und textlich vor allem “The Garden” (Track 12). Der Song ist schon seit neun Jahren auf dem Markt und wird hier noch mal als “neu” verkauft, bzw. am Ende des Longplayers befinden sich zahlreiche solcher “Bonus Tracks”.

Ich würde die Tribal Seeds gerne mal live sehen. Denn das sah schon 2015 sehr interessant aus, wie der unten angehängte Mitschnitt zeigt. Und wer nicht sehen und nicht Live-Musik hören will, und nicht homogen nur eine Band, sondern bunt gemischtSongs dieses Albums sind in der Irieites-Playlist “Alles neu macht der Mai” auf Spotify enthalten.

Philipp Kause

About Philipp Kause

Philipp hat Musikethnologie studiert und verschiedenste Berufe in Journalismus, Marketing, Asylsozialberatung und als kaufmännischer Sachbearbeiter ausgeübt – immer jedenfalls stellt er Menschen Fragen. Er lebt zurzeit in Nürnberg, wo er die Sendung „Rastashock“ präsentiert, die seit 1988 auf Radio Z läuft.