Irie Miah im Interview

Irie Miah – Reggae aus Münster

Irie Miah and the Massive Vibes stehen schon seit nunmehr 19 Jahren auf der Bühne. Die Band aus Münster bedient viele Spielarten des Genres – von Reggae bis hin zu Ska und Ragga. Mit “Times Of Trouble” liegt ihr fünfter Longplayer vor. Produziert von Markus Dassmann (The Senior Allstars u.a.), gemixt von Felix Wolter (Dubvisionist, TVS) und gemastert von Kevin Metcalfe in London. Grund genug Jörg Meier aka Irie Miah ein paar Fragen zu stellen…

Mit „Times Of Trouble“ habt ihr gerade erst euer sechstes Album vorgelegt. Dazu kommen 19 Jahre Bandgeschichte. Was hat sich aus deiner Sicht am Klang und Bandgefüge im Laufe dieser langen Zeit verändert?

Es hat während dieser langen Zeit mehrere Drummerwechsel gegeben, insgesamt ist jetzt schon unser vierter Drummer in die Band eingearbeitet. Der jetzige allerdings ist auch schon am Vorgängeralbum “Showcase” beteiligt gewesen. Dann haben Wechsel an der Gitarre und im Bläsersatz stattgefunden, so dass von der ursprünglichen Besetzung nur noch der Trompeter, der Keyboarder und Organist sowie ich als Sänger dabei sind. Das verändert sicherlich auch die Musik, da jeder anders an Stücke herangeht und andere Vorstellungen vom Reggae hat.
Vom Klang/Sound her gesehen hat sich unser Stil gerade jetzt mit „Times Of Trouble“ meines Erachtens noch weiter in Richtung Rootsreggae der traditionelleren Art, aber modern gemischt entwickelt. Zu Beginn (1997) war unser „Projekt“ noch keine Band, die ins Studio geht, sondern wir hatten zu den am Computer entstandenen Drum und Basspatterns noch Bläser und Gitarre mit aufgenommen (“Nature Strikes Back”). Bei allen anderen Alben ist immer eine ganze Band aufgenommen worden, d.h. handgemacht eingespielt und dann abgemixt. Jetzt haben wir den Schritt gemacht auch extern produzieren und mischen zu lassen, um noch mehr anderen Input zu bekommen. Ich würde sagen, der Sound hat sich „professionalisiert“ ohne unsere Wurzeln außen vor zu lassen.

Das aktuelle Album wurde von Markus Dassmann produziert, den man vor allem als Bandleader der Senior Allstars auf dem Schirm hat. Markus hat bereits vorher Anteile an euren Veröffentlichungen gehabt. Wie kam es zu der Entscheidung, ihn als Produzenten hinzuzuziehen? Was schätzt ihr an ihm besonders?

Markus hat einige der Songs ja auch komponiert und da war es nur ein kleiner Schritt, ihn auch mit als Produzenten einzubinden. Er hat ja auch einige Overdubs beigetragen und bei den Aufnahmen selbst auch mitgespielt. Ohne seine Hinweise bzgl. Arrangement und Einspielweise – ich weiß nicht wie ich es anders ausdrücken soll – wäre diese CD etwas anders. Auch hat er viel Erfahrung vor allem in Bezug auf das Editieren der Aufnahmespuren etc.. Ich kenne ihn ja auch als Bandmitglied von Provibes (1990er) schon sehr lange und habe ja immer mit ihm gearbeitet. Die LP „Dubmanity“ hat er z.B. gemastert. Markus ist ein absoluter Multiinstrumentalist, der von der Gitarre über Bass, bis hin zu Orgel, Keyboard, Melodica scheinbar alles spielen kann – vielleicht außer Posaune. Außerdem trifft er immer einen guten Ton im Umgang mit uns Musikern. Das macht halt einfach Spaß mit ihm zu arbeiten.

Auch beim Mixing und Mastering seid ihr dieses Mal neue, andere Wege gegangen. So hat Felix Wolter, der u.a. auch unter dem Namen Dubvisionist arbeitet, die Track in Hannover gemischt. Wie kam es zu der Zusammenarbeit und hat sich unter seiner Regie der Sound von Irie Miah and the Massive Vibes verändert?

Wir suchten einen externen Mixer, da ich selbst dieses Mal nicht die Kapazitäten hatte, um die Songs abzumischen (hab ich bei “Showcase” gemacht). Wir wussten noch nicht, wer es sein sollte und haben dann aber über Markus Dassmann den Kontakt zu Felix Wolter hergestellt, der sich dann auch bereit erklärte, das Album zu mixen.
Es sind jetzt sehr viele Dubelemente in den Vocalversionen mit enthalten, es wird auch viel mit der Dynamik gespielt, also Wechsel von Drum& Bass Parts mit Riddim (OffBeat) Parts. Das macht den Sound insgesamt schon anders als bisher, vielleicht mit etwas weniger Ecken und Kanten, halt etwas geschliffener – was ich persönlich gut finde.

Gemastert wurde von Kevin Metcalfe in London, der viel für Greensleeves arbeitet und an legendären Veröffentlichungen beteiligt war und ist. Warum habt ihr das Mastering aus der Hand gegeben und ihn beauftragt? Warum gerade an ihn?

Natürlich gerade ihn, weil er eben Kevin Metcalfe ist und es auf Nachfrage nicht sehr viel teurer war als bei anderen Masteringdiensten. Auch Felix hat sich sehr über das Mastering gefreut und fühlte sich in seiner Arbeit bestätigt. Aus der Hand gegeben haben wir es deshalb, weil es ja heißt: Mastere nie deine eigenen Mixe, sprich: lass noch jemand anderen drüberhören. Hat geklappt.

Wenn ich mir die Songs insgesamt anhöre fällt einer ganz besonders heraus: „Der Letzte Cowboy“. Geschrieben wurde er von Thommie Bayer und Bernhard Lassahn und klingt von den Lyrics her ein bisschen wie ein Schlager aus den 60er Jahren. Kannst du mehr darüber erzählen?

Dieser Song ist tatsächlich ein altes Stück von 1979, mancher würde zum Original Schlager sagen, andere ordnen es vielleicht bei Liedermachern ein. Wir haben den Song aufgenommen, weil er schon länger bei unserem Drummer darauf harrte, aufgenommen zu werden. Martin hatte zusammen mit Markus mal einen Riddim dazu gemacht für einen anderen Sänger, was aber nichts wurde, also hab ich ihn gesungen, auch weil mein verstorbener Vater den Song gut fand. Es ist natürlich auch ein bisschen Augenzwinkern dabei – zumindest von meiner Seite – weil ich schon das Gefühl habe, dass man sich im Reggaebusiness manchmal etwas zu ernst nimmt.

Zudem habt ihr euch an einen der mächtigsten Rootsreggaetunes überhaupt gewagt: „Satta Massagana“ von den Abyssinians. Das verlangt Mut, oder?

Auch hier kommt unser Drummer ins Spiel, der schon vor zwei, drei Jahren vorschlug, diesen Song ins Repertoire aufzunehmen. Aber besonderen Mut verlangt das finde ich nicht. Bei Bob Marley Songs halte ich mich meist zurück, d.h. die würde ich nicht auf einer CD veröffentlicht covern wollen. Allerdings habe ich mich in letzter Zeit ganz gut mit „The Heathen“ für Liveauftritte angefreundet, das ist dann aber auch schon alles. Ansonsten haben wir immer mal wieder einen Coversong/Riddim dabei, weil der Reggae ja auch so viel hergibt.

Mit „Geister“ ist noch ein zweiter Song auf dem Album, bei dem ihr deutsche Texte verwendet. Wie fällt die Entscheidung für Deutsch oder Englisch?

Dieser Song kam noch während der Studiophase ins Lineup. Ich habe den Song gehört und das erste was mir einfiel war diese Refrain-Zeile auf Deutsch. Wahrscheinlich durch die Harmonien bedingt, die sich so ein bisschen wie Filmmusik aus Geisterfilmen anhört. Daraufhin hab ich dann den Rest zusammengedichtet. Es war also in diesem Fall absolut spontan. Beim Song „Wicked Man“ hingegen hat unser Bassmann den Haupttext beigesteuert, ich nur den Refrain. Letzten Endes ist aber schon das Englische meine Hauptsprache im Reggae, vor allem wenn man ein bisschen Toasting dabei hat, fühlt sich das irgendwie besser an beim Singen. Aber wenn mir eine gute deutsche Textphrase einfällt – warum nicht. Bei „World Confused“ z.B. wechsele ich ja zwischen beiden Sprachen hin und her. Auch eine Möglichkeit.

Wie habt ihr im Studio gearbeitet? Welche Instrumente kamen zum Einsatz?

Das Fox Music Studio in Telgte hat uns von der Ausstattung und den Räumlichkeiten her ermöglicht nicht nur hochwertig, sondern auch die Band gleichzeitig spielend aufzunehmen. Das hatten wir bei der vorigen Aufnahme zwar auch, aber dieses Mal hatten wir einen getrennten Drumroom, der Flügel stand ebenfalls in einem Extraraum, genauso wie die Leslies für die original Hammondorgel und die Gitarrenverstärker. Dadurch ist natürlich schon ein sehr organischer Sound möglich, der trotzdem nicht zu viele Übersprechungen aufweist, was fürs Mixing später sehr gut ist. Spätere Overdubs sind natürlich auch dazu gekommen, sowie der Leadgesang und die Bläser, aber die Basic-Riddimms standen dann schon richtig gut

Was steht in diesem Jahr noch an? Wird es viele Auftritte auch über eure Heimatregion hinaus geben?

In diesem Jahr hoffen wir natürlich auf weitere Konzerte, auch gerne außerhalb des Münsterlandes und NRWs. Das hinzukriegen ist unsere ständige Arbeit. Ich habe auch schon mal Fühler nach Hamburg ausgestreckt, aber inwiefern sich dies realisieren lässt, weiß ich nicht. Mit dieser neuen CD hoffen wir natürlich Veranstalter für uns zu gewinnen, schließlich soll das Album ja auch an den Mann/die Frau gebracht werden. Bei Festivals wird es dieses Jahr natürlich schwer, da steht schon alles fest. Aber ich denke im nächsten Jahr sollte da einiges gehen. Erste Kontakte sind schon geknüpft, schließlich haben wir nächstes Jahr 20jähriges Bandjubiläum.

Interview: Karsten Frehe, Bandfotos: Petra Gnass

 

About Karsten

Founder of the Irie Ites radio show & the Irie Ites Music label, author, art- and geography-teacher and (very rare) DJ under the name Dub Teacha. Host of the "Foward The Bass"-radio show at ByteFM.