Miss Baas, “M. A. D. L. (Music A De Language)” (Miss Baas)

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Miss Baas
“M. A. D. L. (Music A De Language)”
(Miss Baas – 2018)

Miss Baas kommt aus Russland. Ein bisschen Vorrede braucht es, um den Song einzuordnen. Sie hat sich vorgenommen, uns mit Future Dancehall zu beglücken. Ihre Leidenschaft gilt heftig wummernder Bassmusik.

Stimmlich kann sich Miss Baas (sprich: “Miss Bass”) problemlos auch das fetteste, kraftvollst vibrierende Wummern erlauben: Beim Aufnehmen von “Station-IDs”, also kurzen Radio-Einspielern beweist sie mir, dass sie auch gegen Presslufthammer erfolgreich ansingen könnte

Dieser Beitrag ist Teil der Summerjam-Berichterstattung. Bekannt ist, dass das Summerjam Gäste aus dem west- und südeuropäischen Ausland anzieht. Auch für eine russische Musikerin kann das Event zur Vernetzung nützlich sein.

Die Stimme von Miss Baas

Woher kommt diese ungeheure Stimmgewalt der zierlichen Veganerin? Zum Einen praktiziert sie seit etwa einem Vierteljahrhundert, seit sie 6 Jahre jung war, Gesang. Auch damals schon in der für sie als Kind fremden Sprache Englisch.

Zum Anderen hat sie sich auch schon als Jugendliche in einem Gospel-Kirchengottesdienst in Chicago wieder gefunden. Dieses Ereignis mit 13 war prägend. Musik der “Black Music” (Zitat: Miss Baas)-Tradition beeindruckt sie stark und übt sehr viel Einfluss auf sie aus.

Die Geschichte von Miss Baas

So kam sie auch schon anno 2004 zu der Ehre, ein R’n’B-Album mit Love Songs aufzunehmen. Eine zugehörige Single wurde ihrer Erinnerung nach ein Hit im russischen MTV. Identifizieren habe sie sich damit jedoch nicht können.

Was seither passierte, überlässt sie zwar im Interview dem Reich meiner Fantasie. Eine Antwort gibt’s aber: Sie hat sich der basslastigen Uptempo-Musik verschrieben, und zwar in verschiedenen Facetten – von Grime bis Dubstep, von EDM bis zu den rollenden Beats des Songs “Barb Wire” – das war eine der Singles ihrer neuen Identität.

So weit die Vorrede. Wenn sie nun ihre Single gerade gedroppt hat, ist das also nur eine vermeintliche Debütsingle. Alles zusammen gezählt, ist “M. A. D. L.” sogar die mindestens sechste Single von Miss Baas.

Sprachen und Videos 

Hier geht es darum, 13 Sprachen in einem Song zu vereinen. Seit langem hat sie den Eindruck, mit russischen Lyrics keine eleganten, flüssig zu den Beats passenden Gesänge hinzubekommen.

Als einen Grund nennt sie die häufigen und harten Zischlaute der russischen Sprache. Videos, sagt sie, dienten übrigens kaum den russischen Zielgruppen.

Sie kenne nur Leute, die von früh bis spät arbeiteten und nur am Sonntag zum YouTube-Schauen oder überhaupt zu etwas Privatem kämen. Daher traut sie dem Video-Netzwerk keine ruhmreiche Zukunft zu. Zum Single-Release belässt sie selbst es bei einem schlichten Lyrics Video.

Für den Moment muss sie noch nicht mit Presslufthammern mithalten. Klappernde Geräusche altersschwacher Trambahnzüge begleiten das Interview. Sirenen von Rettungsfahrzeugen schrillen obendrauf.

Für den Spätsommer oder Herbst wird ein Album der Russin erwartet. Die Musik dafür hat Sergej aus ihrem näheren Bekanntenkreis produziert. Das Album wird u. a. zwei Grime-Songs enthalten und damit die Genre-Grenzen ausreizen. Das ist spannend. Die junge Künstlerin bringt frischen Wind in die Szene!

Philipp Kause

Link: https://soundcloud.com/missbaas

About Philipp Kause

Philipp hat Musikethnologie studiert und verschiedenste Berufe in Journalismus, Marketing, Asylsozialberatung und als kaufmännischer Sachbearbeiter ausgeübt – immer jedenfalls stellt er Menschen Fragen. Er lebt zurzeit in Nürnberg, wo er die Sendung „Rastashock“ präsentiert, die seit 1988 auf Radio Z läuft.