Gracy’s Bash, Varel, 14.7.18 – Highlights & Fotos

Gracy’s Bash 2018

Mir persönlich ist kein anderes kleines Festival fernab auf dem Land bekannt, dass mit so großen Namen als Headliner aufwarten kann, wie Gracy’s Bash in Varel. Bitty McLean, Anthony B und Gentleman waren, neben anderen, schon in dem friesischen Dorf und haben in dem schönen Garten von Gracy und Diedel gespielt. Beachtlich! Das liegt sicher auch daran, dass die beiden schon eine halbe Ewigkeit im Reggaebusiness unterwegs sind und mit Gracy & The Herbman Band seit Ende der 80er Jahre viel zur Entstehung einer eigenständigen Szene in Deutschland beigetragen haben. Alleine dafür gebührt ihnen Respekt.

In diesem Jahr fand zum 13. Mal Gracy’s Bash statt – ein Fest, das am Anfang ganz klein und eher privat als Geburtstagsfeier für Gracy begann. Über die Jahre wurde die Veranstaltung größer, hat von ihrem persönlichen und sympathischen Charme allerdings nichts verloren.

Nachdem Moses auf der kleinen Bühne mit einer akustischen Soloperformance vor allem Lieder von seiner EP “Seite A” mit viel Charme präsentiert hat, trat Owen Casey mit seiner Band The Vibe Tribe auf der Hauptbühne auf. Der gebürtige Ire ist schon seit einiger Zeit in Deutschland unterwegs und vereint Reggae mit Folkelementen aus seiner Heimat. Owen Casey hat vor allem mit seinem Album “The Dawning” (2014) auf sich und seine musikalische Fusion aufmerksam gemacht. Produziert wurde es von Rudy Valentino, der auch beim diesjährigen Festival zusammen mit ihm auf der Bühne stand und wie gewohnt sowohl einfühlsame als auch markante Akzente an der Gitarre gesetzt hat. Hinzu kamen, neben einer sauber groovenden Rhythm-Section, ein Banjo sowie eine Tin Whistle. Die Mischung kam beim anwesenden Publikum gut an – viele von ihnen werden den Musiker gekannt haben, da er bereits 2016 in Varel zu Gast war.

Irgendwie war das Festival in diesem Jahr über weite Strecken in der Hand von Dr. Ring Ding. Vor dem Auftritt von Moses legte er ein sauberes Warmup mit ausgewählten Tunes hin, später eine wie immer glänzende Performance mit einem eigenen Set und dann einen Gastauftritt bei Gracy & The Yardy Crew. Für Ranking Joe stand Dr. Ring Ding am Pult und hat die Riddims für den Veteranen abgefeuert und ganz zum Schluss war er es ebenfalls, der die Aftershowparty nach dem Konzert von Luciano beschallte. Das muss man erst einmal auf einem derart hohen Niveau durchhalten! Wie so oft zeigte er sich auch bei diesem Festival als ausgezeichneter Entertainer mit viel Erfahrung, Witz und Charme.

Über Sista Gracy & The Yardy Crew braucht man nicht viel zu schreiben. Wie jedes Jahr tritt sie mit ihrer Band beim eigenen Geburtstagsfest auf. Das sei ihr auch gegönnt, denn immerhin trägt die Veranstaltung ihren Namen. Wie sie das allerdings immer wieder schafft, nach all der Organisation und dem stundenlangen Arbeiten in der Küche frisch und gut aussehend auf der Bühne zu stehen, ist mir ein Rätsel. Der Auftritt ließ bei vielen Anwesenden eine Zeit aufleben, in der Reggae noch weitestgehend durch internationale Artists definiert wurde und es in Deutschland noch recht wenige Bands gab, die den Offbeat in die Städte trugen.

Und dann kam er: Ranking Joe. Ein Deejay-Veteran, der sich seit seinen Anfängen in den 70er Jahren einen wohlklingenden Namen erarbeitet hat. Dass er vom großen U-Roy inspiriert wurde, ist ihm bis heute anzuhören. Allerdings hat er über die Jahre auch ganz eigene Styles kreiert, die ihn unverwechselbar klingen lassen. Die kleine Bühne war für ihn der ideale Ort, an die goldene Ära der Soundsystems auf Jamaika und weltweit zu erinnern. Dr. Ring Ding stand ihm dabei, wie schon erwähnt, am Pult zur Seite. Ranking Joes Auftritt war nicht nur für mich das absolute Highlight des Festivals. Ihn so nah erleben zu können, ist gerade in Deutschland leider äußerst selten.

Das Finale auf der Mainstage wurde von Luciano mitsamt der Band rund um Mafia & Fluxy gestaltet. Dabei gab sich der Messenger insgesamt etwas zurückhaltender als sonst, führte aber mit viel positiver Energie durch ein Programm, das neben alten Hits auch neue Lieder präsentierte. Beachtlich war dabei vor allem der fein pumpende Beitrag von Leroy (Bass) und David Heywood (Schlagzeug) aka Mafia & Fluxy. Dass Luciano ganz am Ende seines Sets allerdings in Richtung Gospel abdriftete, war mir persönlich etwas schleierhaft.

Ein Danke geht raus an alle Beteiligten, die dieses Festival jedes Jahr zu einem Kleinod im Norden machen.

Text und Fotos: Karsten Frehe

Weitere Fotos von Tosh gibt er hier.

About Karsten

Founder of the Irie Ites radio show & the Irie Ites Music label, author, art- and geography-teacher and (very rare) DJ under the name Dub Teacha. Host of the "Foward The Bass"-radio show at ByteFM.