Groundation “The Next Generation” (Baco Records)

Groundation
“The Next Generation”
(Baco Records – 2018)

“A Miracle” war das letzte Lebenszeichen von Groundation. Das ist 4 Jahre her. Bis zum jetzt erschienenen, neuen Album hat sich eine ganze Menge getan: Bandleader Harrison Stafford hat das gesamte Team ausgewechselt! Wer die Band vorher geschätzt hat und womöglich live genießen konnte, hat sich bei dieser News sicher schon am Kopf gekratzt. Begnadete Musiker machten unglaublich gute, interessante Musik, die ihnen weltweit einen Ruf als innovativste Rootsreggaeband eingebracht hat. Roots meets Dub meets Reggae – so die Formel. Bis jetzt.

“Auf “The Next Generation” kommt bei einigen Tunes, allen voran “Prophets & Profit” und “My Shield”, Rock mit dazu und treibt mit langem Gitarrengegniedel genau das aus der Musik, was die Band auf den alten Alben besonders interessant gemacht hat: Virtuosität mit viel Reduktion, verspielten Rhythmen und einem Gespür für passend und stimmig eingesetzte Höhepunkte. Der “alte” Sound der Band findet sich auf dem neuen Wurf ganz selten wieder. Allen voran ist der wirklich sehr gute Tune “Fossil Fuels” zu nennen, der auch die erste Singleauskopplung darstellte. Hier wird einem warm ums Herz und man schwelgt in Erinnerungen an all die gelungenen Alben und Meisterwerke der Vergangenheit. Sehr angenehm und mit interessanten Passagen kommen auch “Lion In Man”, “Hero” und “Try Me” daher. Ungewöhnlich eingängig und treibend überrascht “Warrior Blues” – das gab es so bei Groundation sehr sehr selten und so kompakt schon mal gar nicht.

Die neue Schar an Musikern präsentiert sich versiert. Sie wissen alle, was sie können. Das gelingt manchmal gut (siehe die eben genannten Titel), wirkt oft aber wie “vom Blatt abgespielt”, also nicht mehr so organisch wie früher. An anderer Stelle möchte man dem Professor ein “Weniger ist mehr” zurufen, um in Zukunft überladene Passagen zu vermeiden.

Dennoch: im Vergleich zu vielen anderen Alben, die zur Zeit auf dem Markt sind, kann man unterm Strich von einem (mit Ausnahmen) guten Album sprechen. Von den sehr guten bis großartigen Vorgängern ist es allerdings deutlich entfernt. Mal sehen, was die Zukunft bringen mag. Interessant wäre auch zu wissen, ob die alte Besetzung der Band in Zukunft weitere Lebenszeichen von sich geben wird. Mit dem Album “Rising Tide” gab es 2016 bereits eine feine, erste Veröffentlichung der ehemaligen “Members of Groundation”.

Karsten Frehe

Warum “The Next Generation” mich verprellt?

Der Einstieg in das Album führt bei “Vanity” durch lange instrumental-geblasene Dixieland-Gebilde und ich bekomme das Gefühl, einer altehrwürdigen Sache beizuwohnen.

Die Background-Vocals der neuen, noch namenlosen Sängerinnen wirken wie mit einem Paint-Programm pastell hineingemalt, als Verzierung rund um den Chef. So stelle ich mir die Videos zu einigen Songs vor. Leider klingen sie auf Dauer wie ein Fremdkörper in dem (zu) dick aufgetragenen Sound. Meistens fehlt das den Groundation-Songs früher eigene “Sich-Selbst-Überlassene”, das Treibende.

Das das Austauschen der Band-Mitglieder erklärt sich wohl mit einer kompletten Stil-Kehrtwendung von Dub zu Jazzrock – nur mit dem Haken, dass Staffords Stimme und Rock-Style zwei Dinge sind, die so gut harmonieren, wie wenn Bob Dylan rappen würde. Bands der ’70er-Jahre wie Weather Report dröhnen von fern. Der Professor verlangt einem viel Anstrengung beim Zuhören ab. Eine portugiesische, in schlechter Aussprache gesungene Passage (zugegeben, einlullend), ein anstrengendes, quietschendes Drama, ein auf 24 Sekunden gemischtes Fade-Out als fantasiefreies Ende.

Immerhin einen versöhnlichen Schluss hält das Album mit “Father & Child” bereit, der zwar auch mehr nach Cat Stevens als nach Reggae klingt, was aber okay ist.

Philipp Kause

About Karsten

Founder of the Irie Ites radio show & the Irie Ites Music label, author, art- and geography-teacher and (very rare) DJ under the name Dub Teacha. Host of the "Foward The Bass"-radio show at ByteFM.