Jr. Thomas & The Volcanos “Rockstone” (Colemine Records)

Jr. Thomas & The Volcanos
„Rockstone“
(Colemine Records – 2018)

Thomas McDowall AKA Jr. Thomas

Wenn er seine Augen verschließt, sieht er es wahrscheinlich ganz deutlich vor sich: die traurig dahinschmelzenden Streicher, wie sie sich wie ein samtener, dunkler Schleier über eine sanft zupfende Gitarre legen; den Beat, der sich mit schweren Schritten voranschleicht und den grübelnden, in sich gekehrten Bass, der stetig dahin wummert.

„Rockstone“, ein Song wie reine, destillierte Melancholie, könnte genauso von Nick Cave und seinen The Bad Seeds stammen. Wäre da nicht anstatt Cave’s unheimlichen Baritons, die falsettartige und unglaublich lässige Stimme von Thomas McDowall AKA Jr. Thomas, der mit seiner Band The Volcanos Jamaikas “Goldene Ära”, wie seine Landsleute aus The Expanders vor ihm, wieder belebt – und das bereits zum zweiten Mal!

Auf ihrem neuen Album „Rockstone“ huldigen sie wieder dem Rocksteady und dem frühen Reggae der Übergangsphase von den Sechzigern in die Siebziger, wo schon Sänger wie Alton Ellis oder auch die jungen Wailers ihre ersten Erfolge feierten. Dabei bietet der oben genannte Song nicht die richtige Beschreibung für das ganze Album, auch wenn es nach ihm benannt wurde. Die anderen neun Lieder strotzen nur so von munterer Spielfreude, die man nicht anders als höchst ansteckend beschreiben kann.

Dieser urtümliche und organische Sound, der – aus heutiger Sicht – grob und irgendwie ungehobelt daher kommt, hat seinen ganz eigenen Charme. Und diesen hat der aus Minnesota stammende Sänger, der mit schwarzem Anzug und dunkler Sonnenbrille wie die Kreuzung zwischen einem Hipster und den Blues Brothers aussieht, für sich entdeckt und perfektioniert.

Mit seiner Truppe aus erfahrenen L.A.-Musikern, die die gleiche Vorliebe für diese längst vergangene Spielart teilen, hat er eine Nische gefunden, in der er sich sichtlich wohlfühlt. Zum einen sind die Lieder deutlich hörbar von Motown-Soul mitgerissen. Die verträumten Klavier- und Orgelpassagen, eine geschmeidige Bläsersektion in hautenger Begleitung von Jr. Thoma’s melodiösem und sehr einfühlsamen Gesang, sowie der typische Call-und-Response Still der Backgroundsänger, klingen wie ein romantisches Abbild dieser Ära.

Zum anderen kommt dazu der typische jamaikanische Groove, das rhythmische Picken der Gitarre, die festen, aber dennoch verspielten Bassgitarrenläufe; der unaufhaltsam stampfende Offbeat. Doch allen voran steht die unglaubliche Harmonie, die sich durch das Album hindurchzieht, wie ein goldener Faden. Dabei streifen sie auch gelegentlich an der Kitschgrenze vorbei, betreten diese aber nie wirklich. Dafür sind Jr. Thomas und seine Volcanos zu versiert, zu erfahren. Und dafür ist dieses Album einfach zu wunderschön.

Zvjezdan Markovic

About Zvjezdan Markovic

Immer auf der Suche nach neuen und alten Sounds, hat aber auch seit über 10 Jahren die schlechte Angewohnheit, darüber zu schreiben. (E-Mail zvjezdan[at]irieites.de)