Jah Cure „Royal Soldier“ (VP Records)

Jah Cure
„Royal Soldier“
(VP Records – 2019)

Es ist etwas mehr als zwanzig Jahre her als Ini Kamoze seiner hinkenden Sänger-Karriere mit dem Album „Lyrical Gangsta“ einen neuen Schub geben wollte, indem er Reggae mit Hip Hop kreuzte. Es gibt da eine Stelle am Anfang des besagten Albums, ein kurzes Intro „Trust Me“ betitelt, wo eine schöne Frauenstimme subtil rät: ‚if you wanna know where’s money at….‘, dass dieses gesamte Konzept trefflich umschreibt. Das Geld lag damals wie heute in dem amerikanischen Markt.

jah cureAber keiner konnte damals ahnen, dass dies als Blaupause für viele weitere Nachzügler dienen würde. So auch für Damian ‚Jr. Gong‘ Marley, der wahrscheinlich seinen Arsch dafür hergeben würde, um als zweiter 2Pac wieder geboren zu werden. Dieser ist auch auf dem neuen Jah Cure-Album mit einem Kollabo vertreten, dem vorab veröffentlichten Tune mit äußerst originellem Titel „Marijuana“. Auf den amerikanischen Goldesel scheint auch Siccaturie Alcock alias Jah Cure mit neuem Album „Royal Soldier“ es abgesehen zu haben. Mehr als je zuvor in seiner sehr erfolgreichen zwanzigjährigen Karriere, die für Jah Cure in Gefängnis begann, scheint er sich musikalisch von seinen jamaikanischen Wurzeln zu entfernen und aufs amerikanische Festland hinübersiedeln zu wollen.

 

Reggaestar auf Abwegen

Das von Jah Cure größtenteils selbst produzierte Album strotzt nur so von auswechselbaren Beats und wiederverwendbaren Synth-Soundspielereien, die ohne jegliche Ecken und Kanten für Radio-Tauglichkeit gestylt sind. Eigentlich ist im engeren Sinne „Royal Soldier“ eher ein jamaikanisches R’n’B und Soul/Pop-Album mit typischer Wohlfühl-Esthetik und einer aufgesetzten Hip Hop-Attitüde, dass die oberflächlich aufgetragenen Reggae-Einflüsse lediglich als Alibi für weitere kommerzielle Ausschweifungen benützt.

Sogar im gelungensten Song des Albums „Street Kings“, für den vielsagend der letzte, vierzehnte Platz reserviert wurde, kommt Jah Cure anscheinend nicht mehr ohne die Hilfe von Veteranen wie Yami Bolo, Junior Reid und Capleton aus. Sowie einem künstlich erzwungenen Hip Hop-Anstrich. Mit den pomadigen „Only You“ feat. Mya und „Risk It All“ feat. Phyllisia Ross wird Jah Cure somit zum Ed Sheeran-Konkurrenten auf dem Hochzeitshymnen-Markt. In „Eyes On Your Body“ bedient er Luxus-Fantasien von Lustreisen nach Dubai und teurem Champagner, umhüllt in eine niedliche Liebesgeschichte. Das alles begleitet von ungelenkigem Pianogeplimper.

Glattgebügelte Autotune-Songs wie „Magic“ klingen wiederum so, als hätte Dieter Bohlen Eindrücke von seiner Jamaika-Reise im Studio verarbeitet. Jah Cures hier bekundete Jah- und Zion-Preisungen in Songs wie „Brighter Day“ kommen wie Lippenbekenntnisse ohne tieferen Sinn daher. Von Enthaltsamkeit, Mäßigung und Consciousnes ist im „Royal Soldier“* keine Spur zu finden. Stattdessen hat dieser begnadete Sänger einen Anfall von Goldfetisch und Größenwahn und denkt, wie im Intro „On the Move“ dargelegt, er würde hiermit wirklich Geschichte schreiben? Also umhängt sich der ambitionierte Möchtegern-Ami auf dem Cover einen Fell-Lumpen, setzt eine goldene Krone auf sein bekifftes Haupt und mimt einen König. Nur, König von was? Von marktkonformen und zielgruppenorientierten Zugeständnissen vielleicht – but that’s where the money’s at, bitch!

Zvjezdan Markovic

About Zvjezdan Markovic

Immer auf der Suche nach neuen und alten Sounds, hat aber auch seit über 10 Jahren die schlechte Angewohnheit, darüber zu schreiben. (E-Mail zvjezdan[at]irieites.de)