Sisyphos – The Alpine Reggae System – Interview

Sisyphos Dubwall

Sisyphos – The Alpine Reggae System

Reggae is universal! Das ist schon eine Binsenweisheit, welche allerdings immer wieder neu und sehr angenehm belebt wird. So auch von Sisyphos, einer jungen Band aus Südtirol. Im letzten Jahr wurden sie beim European Reggae Contest Zweiter, ein großer Erfolg und sicherlich ein mächtiger Anschub für ihre weitere Bandgeschichte. Mit “Travel Wide” legen sie nun ein vitales und sehr interessantes Album vor. Satte Grooves, klasse Melodien und dicke Bläsersätze garnieren eine spannende Melange, die zudem mit dreisprachigem Gesang aufwartet. So schön kann Reggae und Dub klingen – produziert fernab von der Karibik in den wunderbaren Bergen Südtirols. Arno Hofer, der Posaunist der Band, hat für Irie Ites.de ein paar Fragen beantwortet…

In den Beschreibungen eurer Musik taucht immer wieder DUB an erster Stelle auf, nicht unbedingt Reggae. Wie kommt es dazu? Was verbindet ihr bzw. euch mit diesem Genre?

Das stimmt, wobei DUB aus dem Remixen von Reggae Songs entstanden ist. Dabei kam es zu einem exzessiven Einsatz von Effekten wie Hall und Delay und das Ganze bekam einen psychedelischen Aspekt, den wir sehr schätzen. Wir versuchen jetzt so einen Sound, der eigentlich aus den Studios kam, live hinzukriegen. Den psychedelischen Anstrich wollen wir nicht nur mit Live-Effekten reproduzieren, sondern auch mit musikalischen Mitteln, wie beispielsweise mit ausgefeilten Harmonien oder pumpenden Bässen. Für uns ist DUB eine zeitgemäße Form des Reggae in der wir uns gefunden haben.

Neben einem sehr deep gespielten Bass sind bei euch sehr markante Bläsersätze zu hören. Haben Damian (Sax) und Arno (Posaune)aus eurer Sicht eine ganz eigene Herangehensweise bzw. musikalische Handschrift entwickelt?

Ich glaube wir lassen unseren Bläsern relativ viel Raum sich auszudrücken. Dadurch hat sich im Laufe der Zeit sicher eine eigene Herangehensweise herausgebildet. Der Jazz-Einfluss im Bläserklang ist gewollt und bildet einen wichtigen Kontrast zu den elektronischen Elementen, jedoch funktioniert das Arrangement ganz anders. Im Jazz ist es üblich auf ein gemeinsames Thema einzelne Soli folgen zu lassen, etwas das wir nur selten übernehmen. Unsere Bläser versuchen viel mehr mit dem Rest der Band einen kompakten und abgestimmten Körper zu formen.

Wie entstehen bei euch Tunes? Geht ihr als Kollektiv ans Werk oder gibt es so etwas wie eine kreative Leitung?

Ab einem bestimmten Punkt in der Entstehung des Songs gehen wir als Kollektiv ans Werk. Man könnte sagen ein einzelner liefert den Samen, den wir dann gemeinsam groß ziehen. Die anfängliche Idee kann ein Text mit Akkorden, eine fette Bassline oder ein Bläsersatz sein, auch was anderes, Hauptsache sie überzeugt uns musikalisch oder textlich. An der Arbeiten wir dann gemeinsam und wenn alles gut läuft entsteht dann aus dieser Idee heraus ein Song.

Neben Englisch und Italienisch taucht bei euch auch Deutsch als Sprache auf, oft auch im Mix. Nach welchen Kriterien entscheidet ihr euch für die jeweilige Sprache? Hat es mit dem Inhalt und/oder dem Flow zu tun?

Weder noch. Prinzipiell ist es so, dass David die Texte in Englisch oder Italienisch schreibt. Er ist in Amsterdam geboren und er spricht zu Hause Holländisch und Italienisch. Benni schreibt die Texte in Deutsch. Es geht hauptsächlich darum in welcher Sprache man sich am besten ausdrücken kann.

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Welche Geschichte haben die Musiker in eurer Band. Wo habt ihr vorher gespielt, wo spielt ihr womöglich zeitgleich?

Wir sind oder waren alle mit anderen Gruppen, auch in anderen Genres unterwegs. Allerdings betrachten wir alle Sisyphos als unser Hauptprojekt. Dadurch investieren wir natürlich dort am meisten Energie. Die verschiedenen Backgrounds waren uns im Laufe der Jahre stets nützlich und tragen zu unserem Sound bei.

Auf dem Album tauchen Andrew I und Mellow Mood als Gastsänger auf. Warum habt ihr gerade sie zu eurem Album eingeladen?

Wir schätzen ihre Ausdrucksweise und Flow. Beide Künstler sind im Bereich Ragga/Dancehall tätig, also in einem etwas anderen Genre als wir. Wir finden die Farbe und Abwechslung die sie ins Album bringen sehr bereichernd.

Ihr habt beim European Reggae Contest 2013 den zweiten Platz belegt nachdem ihr die italienische Vorentscheidung gewonnen habt. War das eine aufregende Reise?

Es war eine aufregende Reise, aus der wir viele wichtige Eindrücke und Erfahrungen mitnehmen konnten. Alles kam relativ unerwartet und schnell: der erste Platz bei der italienischen Vorentscheidung hat uns eine intensive Tour durch Italien beschert, die wir sehr genossen haben. Der European Reggae Contest ist eine großartige Plattform um sich einem größeren und vor allem an Reggae interessierten Publikum zu präsentieren. So kam es auch dazu, dass wir 2013 auf den Rototom Sunsplash in Benicassim eingeladen wurden.

Neil Perch, der Kopf von Zion Train, hat einen Remix zum aktuellen Album beigesteuert. Wie kam es zu dieser Kooperation und was schätzt ihr besonders an seinem Sound?

Zion Train ist für uns seit jeher ein musikalisches Vorbild. Man kann das was sie für das Genre geleistet haben nicht hoch genug einschätzen. Vor allem das Experimentieren mit elektronischer Musik gekoppelt mit analogen Instrumenten, sowie die mitreißende Bühnenshow schätzen wir besonders. Jedenfalls waren wir total happy als wir letztes Jahr bei einem gemeinsamen Konzert in Gemona Neil Perch kennen lernten. Nach einem weiteren gemeinsamen Konzert hat dann auch die Zusammenarbeit für „Wordsound is Power“ begonnen.

Paolo Baldini hat das Album produziert. Wo liegen aus eurer Sicht seine absoluten Stärken?

Wieder mit Paolo arbeiten zu dürfen, war uns eine Ehre. Die Zusammenarbeit funktioniert sehr gut und menschlich stimmt die Chemie auch hervorragend. Er versteht es unser musikalisches Konzept auf den Punkt zu bringen, denn die Symbiose von Musikern und Produzent ist unserer Meinung nach unerlässlich. Man spürt seine jahrelange Erfahrung und seine Herangehensweise inspiriert uns und hilft uns zu wachsen.

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Das Artwork eurer Band generell, das Cover des Albums und auch das neue Video zu „Travel Wide“ sind ausgesprochen gut gelungen und anspruchsvoll. Kompliment! Wer ist bei euch für das künstlerische Gesamtpaket verantwortlich?

Danke, freut uns zu hören. Man könnte sagen Michele ist unser Art Director und er achtet mit viel Liebe und Einsatz darauf, dass das Gesamtpaket stimmt. Er ist selbst auch Designer und hat über die Jahre viele grafische Elemente für Sisyphos entworfen. Für das aktuelle Artwork sind zwei befreundete Künstler verantwortlich: das Grafikdesign stammt von Pietro Tarsitano und die Fotos von Meinhard Niederstätter.

Was steht demnächst an? Welche konkreten Projekte sind in Mache?

Im Moment freuen wir uns vor allem auf den CD Release am 14. März An dem Tag wird auch unser neues Video für „Slow Riddim Express“ vorgestellt. Es wird ein Animationsvideo, gemacht vom „Neuen Österreichischen Trickfilm“ und wir finden es ist wirklich phantastisch geworden. Darauf folgen regelmäßig Konzerte in Italien und Anfang Mai eine England-Tour.

Interview: Karsten Frehe (02/2014)

www.sisyphos-band.com

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About Karsten

Founder of the Irie Ites radio show & the Irie Ites Music label, author, art- and geography-teacher and (very rare) DJ under the name Dub Teacha. Host of the "Foward The Bass"-radio show at ByteFM.