Rootz Radicals – frischer Rootsreggae aus Süddeutschland

Rootz Radicals

Rootz Radicals – frischer Rootsreggae aus Süddeutschland

Verdammt lange her! 2008 habe ich eine Band interviewt, bei denen die Gitarren eindeutig im Vordergrund standen. Steel String hieß die Truppe. Ein Vorgängerprojekt von den Rootz Radicals, die sich jetzt mit ihrer neuen EP „Lion Outta Den“ anschicken, die Reggaewelt von Süddeutschland aus zu erobern. Ihre Basis ist Regensburg, die Heimat der Herzen klar hörbar Jamaika. Der Sound ist dick und die Lieder haben Inhalte, die über gängige Reggaeklischees hinausgehen. Uno und Christian haben Irie Ites.de zum neuen Projekt, der Musik, den anstehenden Plänen und mehr geantwortet…

Mit den Rootz Radicals schlagt ihr einen Weg ein, der eindeutig die derzeit aktuellen jamaikanischen Rootsreggaetrends aufgreift. Was fasziniert euch an der derzeitigen Szene – nehmen wir mal das viel beschworene „Roots Revival“?

Erstmal danke für das Kompliment. Es ist wohl die Zugewandtheit zu Hip Hop und Rap, die die Parallelen ausmachen. Bewusst haben wir uns jetzt nicht an bestimmten Artists orientiert. Wahrscheinlich ist es tatsächlich der Puls der Zeit, der den Reggae so klingen lässt, wie er eben klingt. Wir haben für “Lian Outta Den” einen sehr Hip Hop lastigen Sound angestrebt, da wir die Platte urban und vor allem rough haben wollten, was aber an unseren persönlichen Einflüssen und an unserem Geschmack liegt und weniger daran, dass wir der jungen Generation an jamaikanischen Rootsartists nacheifern wollten. Die stärkste Platte aus der Roots Revival Ecke die uns auch wirklich fasziniert ist mit großem Abstand Jah9’s “New Name.” Fetten Respect an diesen Artist.

Habt ihr als Band klare Vorbilder auf Jamaika? Und wenn ja, welche wären das?

Ich weis nicht ob ich sie Vorbilder nennen würde, da die jamaikanische Szene ganz anders funktioniert als die Europäische. Klar haben wir viele Artists aufgesogen und von ihrem Schaffen gelernt. Lyrisch haben wir von Konshens und Busy Signal viel gelernt. Auch hat uns diesbezüglich viel zeitgenössischer Dancehall beeinflusst. Jedoch weniger musikalisch als im kreativen Umgang mit Patwah. Die musikalischen Reggae-Basics haben wir uns eher von älteren Bands wie Culture, Israel Vibration, Dennis Brown, oder den Wailers abgeschaut. Vom Workflow inspirieren uns Bands wie Dub Inc us Frankreich, die so unglaublich viel und gut Live spielen oder Bands wie Tribal Seeds und SOJA, die als US-Amerikaner ähnliche Voraussetzungen haben wie wir als Europäer.

„Lost Paradise“ ist z.B. ein ganz feiner Tune mit einer ausgeklügelten Komposition, die auf eine lange Halbwertzeit abzielt. Satte Sounds und sehr schöne Bläsersätze. Wie geht ihr als Band an die Komposition? Habt ihr so etwas wie Bandleader oder geschieht alles im Team?

Das geschieht im Team, wobei jeder Schwerpunkte hat. Die Songideen und Lyrics kommen von uns beiden (Uno und Christian), die Harmonien kommen meistens von unserem Organisten Tom, ebenso wie die Bläßer oder große Teile des Arrangements. Meistens sind irgendwelche Lyrics da, die dann mit einem passenden Riddim versehen werden. Wenn die Idee Stimmt werden Lyrics und Riddim überarbeitet, geschliffen, und meistens noch um eine Strophe oder einen Part erweitert oder gekürzt, so dass ein Song entsteht, hinter dem wir inhaltlich und musikalisch stehen können.

„Medi Pon Di Ishens“ klingt nach einem veritablen Hit. Feiner Riddim, eingängige Hookline. Habt ihr da schon positive Feedbacks bekommen?

Ja, die meisten positiven Feedbacks kamen zu Lost Paradise, jedoch auch zu “Medi Pon Di Ishens”, “Love Again” und “Deya”.

Rootz Radicals 2

Wer ist bei euch derjenige, der die Texte zu den Liedern schreibt?

Das sind Uno und meine Wenigkeit (Christian).

Rootsreggae ist auch bei vielen anderen deutschen Bands an erster Stelle, musikalisch und inhaltlich. Was macht diesen Musikstil inhaltlich und musikalisch interessant und womöglich wichtig für die westliche Welt?

Inhaltlich macht ihn interessant, dass quasi alle Themen, wobei wir uns glaube ich einig sind, dass im Reggae bestimmte Themen mehr behandelt werden als andere, auf eine Weise ausgedrückt werden, die einen stärker macht. Reggae ist eine unglaublich gebende und erhebende Musik, die das Bewustsein der Hörer positive beeinflusst, die Selbstbewustsein, Zuversicht und Halt bietet, jedoch auch eine Projektionsfäche für Emotionen wie Sorge und Trauer zum Ausdruck sein kann, jedoch geschieht das alles mit einer positiven Ernsthaftigkeit, das finden wir inhaltlich sehr faszinierend. Diese positive Ernsthaftigkeit oder Roughness.
Auch musikalisch schlägt sich diese Ernsthaftigkeit nieder. Ernst gemeinte Musik, serious stuff, die etwas Seriöses mit Credibility ausdrückt. Musik ernstzunehmen fällt uns insbesondere dann schwer, wenn die Qualität der Musik leidet, auch textlich. Rhythmische Präzision und Phrasing sind für die Instrumentalisten im Reggae genau so wichtig wie die Stärke und der Klang der Worte. Reggae ist insofert gut für die Welt, als das er ein positives Weltbild transportiert und auch live unglaublich viel Spaß macht.

Rootz Radicals ist vom Namen dicht dran an den Roots Radics. Was verbindet und trennt euch zugleich musikalisch von dieser gewaltigen Riddimsection vergangener Tage?

Grundsätzlich waren die Roots Radics eigentlich nicht der Grund für unseren Namen, wir wollten einfach einen Bandnamen der rough klingt und zu uns passt. Gleichzeitig drückt der Name unsere Entschlossenheit aus Reggae zu machen. Viele der Reggae Basics haben wir allerdings tatsächlich von Bands wie Israel Vibration gelernt, also auch von den Roots Radics.

Bei eurer neuen EP fällt unter anderem der analog produzierte Sound sofort ins Ohr. Ist diese Herangehensweise für euch programmatisch? Analog contra digital?

Nicht unbedingt. Ich würde nicht sagen, dass wir per se digitalen Sound meiden. Das hört man auch an den zahlreichen Synth & Samples Geschichten die wir auf der EP verbaut haben. Allerdings bevorzugen wir den analogen Sound der Instrumente. Warum? Klare Sache, weil er – wenn er richtig aufgenommen wird – besser klingt und viele VSTs heutzutage zwar mit den analogen Instrumenten mithalten können, jedoch können sie immer noch nicht den Spirit eines Instrumentalisten auffangen, und das ist uns enorm wichtig.

Ihr hebt aktuell hervor, dass ihr in den nächsten Monaten den Schwerpunkt auf Liveauftritte legt. Gibt es schon einen veröffentlichbaren Tourplan?

Ja, auf unserer Homepage findet man alle unsere Termine, es kommen fast wöchentlich neue hinzu. Wir spielen dieses Jahr noch im Kn4st in Landshut bei der Jamaican Night am 30.5., zusammen mit Element Sound und unserem alten Freund Selecta Mabless, dann spielen wir das Bürgerfest in unserer Heimatstadt Regensburg am 20.6., am 27.6. spielen wir am Campusfest in Frankfurt, am 18.7. beim Eastrock Reggaefestival in Lienz in Österreich,  am 24.7. das Afrikafestival Dingolfing, und schließlich am 31.7. Reggae in Wulf. Auf diesen Auftritt freuen wir uns besonders, da am selben Abend nach uns Anthony B mit der Bornfire Band und Sebastian Sturm mit Exile Airline spielen. Es ist für uns eine große Ehre mit so großen Artists die Bühne zu teilen. 
Und am 10.8 haben wir noch das  Afritafestival in Wien…
Einige Shows sind noch nicht bestätigt oder vollständig abgewickelt und ich hoffe auch, dass noch viele Gigs hinzukommen. Vielleicht findet sich ja bald mal eine anständige Bookingagentur, die Interesse hat mit uns zusammenzuarbeiten. Das wäre echt Hammer.
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Was steht demnächst an? Neue Tunes? Ein ganzes Album? Remixe?
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Ja, so einiges. Wir arbeiten gerade an einem Riddim Sampler zum “Distance Riddim.” Unser Tune über den Riddim ist “Israel.” Mit im Boot sind noch Fitta Warri, der auch bereits aufgenommen hat, Rebellion the Recaller, Ucee, und evtl. Sista Carmen, und meine Wenigkeit mit einem Dub Poetry Track. Wir erwarten auch noch Zusagen von anderen Künstlern, das bleibt aber noch unter Verschluss bis es save ist.

Außerden nimmt Uno gerade die Vocals für “Boat to Itiopia” auf. Einen Tune, über den kürzlich releasten Pinapple Kush Riddim der von unserem Freund Ucee in Zusammenarbeit mit Flavor Production produziert wurde. Der Sampler soll im Juni rauskommen. Parallel arbeiten wir an einer weiteren EP oder Album, das wissen wir noch nicht genau. Die CD wird “Determination” heisen, so viel sei schon mal verraten. Die Songs sind bereits geschrieben, gerade arrangieren wir noch und nehmen schon teilweise auf. Für den Mix werden wir dieses mal sehr wahrscheinlich mit Flavor Productions aus Prag und Jah over Evil aus Jamaica zusammenarbeiten. Der Release der EP ist für Ende Juli geplant. Ansonsten vielleicht noch ein paar Overdubs von dem ein oder anderem Riddim für eine Dub Version, aber eigentlich reicht das ja auch erstamal.

Interview: Karsten Frehe (03/2015)

Homepage Rootz Radicals

About Karsten

Founder of the Irie Ites radio show & the Irie Ites Music label, author, art- and geography-teacher and (very rare) DJ under the name Dub Teacha. Host of the "Foward The Bass"-radio show at ByteFM.