Reggae Jam 2015 – Highlights

Alpha Blondy

Reggae Jam 2015

Zum 21. Mal geht ein Reggae Jam Festival zuende. Eindrücke der vergangenen Tage schwirren einem im Kopf herum. Ein turbulentes Festival war es auf jeden Fall – musikalisch und meteorologisch. Da war zunächst und ziemlich eindringlich das Sturmtief „Zeljko“ in einem Teil Europas unterwegs und hat für Furore gesorgt. So auch in Bersenbrück, wo Ausläufer mit heftigem Regen und Sturmböen ankamen. Der ganz große Sturm blieb zum Glück aus! Dennoch musste die Festivalleitung handeln und hat das auch äußerst vernünftig getan. An dieser Stelle sei Sheriff, der gesamten Reggae Jam- und Dubcamp-Crew und den Mitarbeitern diverser Behörden für ein besonnenes und professionelles Handeln gedankt! Und selbstverständlich auch den Besuchern, die unterm Strich eigentlich alle zwar enttäuscht aber entspannt waren. Das Dancehallzelt musste abgebaut werden, beim Dubcamp flog ein Teil der Plane weg und etliche Besucherzelte sind entweder abgesoffen oder vom Winde verweht worden. Schlimm hat es sicherlich einige Händler getroffen, die Umsatzeinbußen in Kauf nehmen mussten. Trotzdem: hätte ganz anders kommen können. Glück gehabt! Nach einer mehrstündigen Pause am Samstag ging es mit dem Festival ab 23 Uhr weiter. Das muss man erstmal hinbekommen. Respekt.

Musikalisch ging es bunt wie immer zu. Viele Artists haben mit ihren Auftritten für Glanzlichter gesorgt: Bitty McLean, David Rodigan, Teacha Dee, Alpheus, Anthony B, Winston Francis u.a.. Von denen, die ich gesehen habe, haben mich die folgenden Performances am meisten beeindruckt…

Tóke und Band haben mit ihrer äußerst sympathischen, akustischen Show das Festival eröffnet. Ein schöner, “leiser” Start mit einem Künstler, den man dringend auf dem Schirm haben sollte. Sein aktuelles Video “Too Much” ist seit kurzer Zeit bei Reggaeville zu bewundern, schaut mal vorbei!

Ähnlich wie Tóke erging es Ganjaman. Er hatte, wie schon in den letzten Jahren, die Startnummer 1 am Samstag. Für ihn allerdings schon eher Ritual und aufgrund der treuen Fans auch ganz und gar kein Risiko. Und so haben Ganjaman und seine Band (The Oceans 6) es geschafft, das Publikum mit feinem Sound und einer durch und durch sympathischen Show zu fesseln. An Ganjaman selbst beeindruckt mich immer wieder seine Integrität: er meint das, was er singt, von ganzem Herzen. Und genau dieser Funke springt immer wieder über. Und es sind oft die kleinen aber wichtigen Gesten, die Wärme erzeugen. Beim Auftritt am Samstag stand er z.B. ganz bewusst bei einsetzendem Regen mehrfach auf den Bassboxen, die der Bühne vorgelagert waren, und war somit im selben Boot wie die zahlreichen Zuhörer.

Eine der aufstrebenden jamaikanischen Bands ist Uprising Roots. Bei ihrem Auftritt am Samstagnachmittag war bereits das große Banner hinter der Bühne entfernt worden, um dem Wind kein Segel zu bieten. Trotz der etwas widrigen Umstände haben sich die Musiker nach ein, zwei Stücken eingegroovt und haben eine Show auf die Bühne gelegt, die aufgrund ihrer musikalischen Quirligkeit an Funkbands wie etwa Sly & The Family Stone erinnert hat. Rootsreggae auf jeden Fall, aber mit vielen Verweisen auf Funk und Soul. Ähnlich ging es bei Meta & The Cornerstones am Sonntag zu. Auch hier wurde unverkrampft Roots, Rock, Reggae zelebriert.

Dr Ring Ding

Dr. Ring Ding hat seine Sharp Axe Band mitgebracht und genau das getan, was er am allerbesten kann: 1A Entertainment, ob nun singend oder an der Posaune. Der Doktor ist ein Allroundgenie und immer wieder für eine gute, abwechslungsreiche Show ein Garant. Selbstverständlich fehlten auch aktuelle Tracks, wie etwa vom gemeinsamen Album “Dig It All” mit Dreadsquad, nicht im Programm. Mal Roots, mal Ska, mal Dancehall – bei ihm geht einfach alles!

Keith & Tex hatten ein leichtes Spiel. Mit so vielen Hits im Gepäck ist es leicht, das Publikum zum Mitsingen zu bekommen. Und so wurden “Groovy Situation” oder “Stop That Train” zu gefeierten Hymnen und einem Verneigen vor den Wurzeln des Reggae. Gerade das Einladen von Veteranen macht das Reggae Jam immer wieder interessant. Hierdurch erfahren die Künstler eine aktuelle Wertschätzung und zeigen zudem, dass frühe Spielarten wie Rocksteady oder Ska bis heute nichts an Energie verloren haben.

Fantan Mojah

Tony Tuff hatte aufgrund von gesundheitlichen Problemen absagen müssen. Als Ersatz sprang Fantan Mojah in den Ring: eine gewaltige Menge Mensch mit einer Stimme wie Donnerschall. Hatte ihn selbst gar nicht mehr so stimmgewaltig auf dem Schirm. Mit “Hail The King” und anderen Hits hat er ein klares Statement in Sachen Consciousness abgeliefert.

Ken Boothe

Muss zu Ken Boothe überhaupt etwas gesagt werden? Was für ein Mann und was für eine klasse Show. Gespickt mit schier unerschöpflichen Hits, die wohl fast alle Anwesenden kannten, hat er seinen Auftritt zu einem der wichitgsten Highlights des Festivals werden lassen. Unglaublich, wie viel Soul dieser Mann noch in der Stimme hat! Ken Boothe hat Reggaegeschichte geschrieben und das bei seinem Auftritt mehr als deutlich gemacht.

Shuga 4

Und dann war da noch Shuga. Eine begnadete Sängerin, die es zudem versteht, als Entertainerin das Publikum zu fesseln. Energiegeladen bot sie Frauenpower pur. Viel mehr Kraft kann man kaum als einzelne Person auf die Bühne bringen. Mr. Vegas, der nach ihr spielte, brauchte hierfür eigens einen Anheizer. Shuga kriegt das, ganz offensichtlich, alleine hin. Mit “Ebony” hat sie u.a. das Publikum gefesselt und eine Hymne in die Massen geschmettert, die für einige Anwesende sicher zu einem persönlichen Mantra geworden ist. Ein dickes Kompliment geht an dieser Stelle auch raus an die House Of Riddim-Band, die wie jedes Jahr etliche Artists souverän begleitet und im Fall von Shuga mit nur einem Rehearsal eine mehr als gute Figur gemacht hat.

Clay

Clay ist für mich einer der wichtigsten Newcomer der letzten Monate. Unter den Fittichen der Silly Walks Discotheque hat er sich mittlerweile eine Reputation erarbeitet, die ihm beim diesjährigen Reggae Jam den vorletzten Auftritt des Festivals beschert hat. Das hat schon Headliner-Qualitäten. Und so präsentierte er sich sehr charmant und mit einer Reihe von frischen Boom-Tunes im Gepäck, die sicher nicht nur die anwesenden Ladies begeistert haben. Selten schafft es ein Artist verdient so schnell auf eine so auserlesene Position im Lineup.

Alpha Blondy 2

Auf Alpha Blondy und sein Solar System hatten offensichtlich viele gewartet. Vor seinem Auftritt fing die Energie im Publikum förmlich zu knistern an. Kein Wunder, blickt er doch auf eine sehr lange Karriere mit diversen Hits (wie etwa “Jerusalem”) zurück. Sein Sound ist geprägt von dem, was man gerne unter “African Reggae” subsumiert. In der letzten Zeit garniert er seine Tunes gerne auch mit härteren Riffs, wie etwa beim präsentierten “No Brain, No Headache” vom aktuellen Album “Positive Energy”. Ein dynamisches Paket also, das sich bestens live präsentieren lässt. Und so hat er das Publikum von den ersten Takten an in der Hand gehabt. Agil und mit Message, die er zwischendurch in klaren Ansagen verkündete. Es gab beim Reggae Jam 2015 keinen anderen Artist, den ich gesehen habe, der sich engagierter zu Frieden und Völkerverständigung geäußert hat. Hut ab!

Soweit die Highlights. Sicherlich persönlich gefärbt und vor dem Hintergrund der Auftritte, denen ich beiwohnen durfte. Das Team von Irie Ites.de und mich würden eure Highlights (oder Flops) interessieren. Bitte nutzt dafür die Kommentarfunktion unter diesem Beitrag!

Abschließend nochmal ein dickes Danke an alle Organisatoren und Helfer vom Raggae Jam und dem Dubcamp. Danke auch an das insgesamt sehr angenehme und friedfertige Publikum. Ihr, wir alle machen das Reggae Jam immer wieder zu einem rundum schönen Erlebins. Da konnte selbst Sturmtief „Zeljko“ nichts dran ändern.

Text: Karsten Frehe, Fotos: Karsten, Jaap und Jonna Frehe

Suns Of Dub

About Karsten

Founder of the Irie Ites radio show & the Irie Ites Music label, author, art- and geography-teacher and (very rare) DJ under the name Dub Teacha. Host of the "Foward The Bass"-radio show at ByteFM.