Berlin Boom Orchestra “Kopf, Stein, Pflaster” (Springstoff)

Berlin_Boom_Orchestra_Kopf_Stein_Pflaster_Albumcover

Berlin Boom Orchestra
“Kopf, Stein, Pflaster”

(Springstoff – 2015)

Ohauaha, da gibt es ordentlich auf die Mütze. Die neue Scheibe vom Berlin Boom Orchestra ist da und holt zu einem Rundumschlag aus, vor dem weder Papst noch Politiker noch Legalisierungs-Befürworter gefeit sind. Diese von Sänger Filou nachdrücklich zelebrierte Konfrontation ist keine leichte Kost. Provokant hält er uns eine lyrische Lupe vor, durch die zu blicken man sich erstmal überwinden muss. Und auch wenn man nicht immer seiner Meinung sein mag, tut es gut, mal aufgerüttelt und zum Nachdenken gebracht zu werden – gerade jetzt. So trifft “Mörder” beispielsweise mitten ins Schwarze, und auch wenn die Gastsänger Darlino und Refpolk den Tune nur bedingt bereichern, sollte man sich den Text mal genau anhören: ” (…) wir schotten weiter ab, die Menschen sterben an den Grenzen und ich hab es so satt.”; auch Ums Ganze steht berechtigterweise ganz im Zeichen des “wehret den Anfängen, wenn Nazis marschieren.”

Damit der ganze Stoff bei allem inhaltlichen Ernst dann trotzdem noch Spaß macht, geht die Band ordentlich nach vorn. Nicht umsonst nennen sie sich Orchester: neben der gewohnten Besetzung von Drums (Berthold Maß), Keys (Lukas Buse), Gitarre (Valentin Dieterich) und Bass (Jan Lutz) setzen Lilly Wesche (Sax, Flöte), Bruno Langbehn (Percussions) und der für die musikalische Ausgestaltung der meisten Tracks verantwortliche Trompeter Frederick Sixtus dem Werk die Krone auf.

Berlin_Boom_Orchestra_Pressebild_2

“Betty”, “Geh Doch!” und das aus einem der zwei vorangegangenen Alben entnommene “Retro” machen Spaß (die Tanzbarkeit der Titel erschließt sich übrigens am besten live), und auch die Dub-Versions von “Slow Down” und “Hadi Lan, Peter Pan” sind meisterhafte Mixes von Aldubble und Echoboy Luke. Ruhigere, fast zärtliche Töne schlägt Filou in Gedankenkreisen oder Du Bist Noch So Ungewiss an: “Schlaf ist ein kurzer Tod, doch ich will heut nicht sterben.”

Das Label Springstoff war mir bisher noch nicht bekannt, aber diese Veröffentlichung zeigt, dass sie ein Händchen für das Besondere haben. Schön, dass die Produktion auch Ecken und Kanten zulässt – auf Autotune und sonstigen Schnickschnack wurde hier offensichtlich verzichtet. Kopf Stein Pflaster halt, keine Asphaltstraße. Na denn – Gute Fahrt!

Gardy Stein

PS: Wer wissen will, wie’s auf der Release-Party war, schaue in den Bericht von Thomas (*klick*).

About Gardy

Gemini, mother of two wonderful kids, Ph.D. Student of African Linguistics, aspiring author...