Marcus Gad meets Tamal „Enter A Space EP“ (Baco Records)

Marcus Gad meets Tamal
„Enter A Space EP“
(Baco Records – 2019)

Sein meditativer Entschlackungsreggae hat es in sich. Schon auf dem Debütalbum „Chanting“ von vor zwei Jahren, mit dem er auch in Europa ausgiebig getourt hat, hat dieser Sänger aus Neu-Kaledonien den Reggae zu einem mandalaartigen Klanggebilde gesteigert und in seinem aktuellen EP „Enter A Space“ zelebriert er den vollkommenen, Musik gewordenen Eskapismus fort. Sein liturgischer Gesangsstil wahrt keine Distanz – da ist nichts Verordnendes in seiner Stimme – sondern geht ganz sanft unter die Haut. Es ist ein ätherisches Medium, das einem den direkten Zugang zum unterbewussten, aber alles durchdringenden globalen Stream ermöglicht. Fast so wie eine metaphysische Schnittstelle.

Marcus Gad (© Rafique Shaikh)

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Raum und Zeit spielen beim Marcus Gad überhaupt keine Rolle, stattdessen steht deren Aufhebung im Mittelpunkt. Es wird über den Menschen und seine Rolle im Universum sinniert. Ganz große Fragen also. Dabei lässt er sich von der indischen Advaita Vedenta Lehre inspirieren und leiten – was dem Ganzen einen faden New Age-Beigeschmack gibt. Doch dies machen der Singer und Songwriter Marcus Gad und sein langjähriger Komplize, der französische Beatmaker Tamal, mit einer abwechslungsreichen Kombination aus starken Arrangements und gewagten Stilkreuzungen wieder wett.

In „Live Up To the Day“ ist das uralte virtuose Zupfen von Ngoni zu hören, das sich zum Wüstenblues einer E-Gitarre bewegt. In dem Titelsong „Enter A Space“ wird ein durchgehender, stark hypnotisierender Offbeat mit betörenden Bassgitarrenläufen von dickflüssigen Keyboard-Schichten getragen, versetzt mit kühlen, galanten Klavierminiaturen. Und in „I Want To Know“ wiederum wummern die tiefen Bässe, flüchtige Klavier- und Bläsereinheiten drängen sich immer wieder nach vorn und der angespannte, mit dezenten Streichern untermalte Beat, könnte glatt von einer Motown-Soul Platte stammen. Ein entspannter Hip Hop Beat, begleitet von einer melodiösen Klaviermatrix, gibt dagegen den Ton in der als Single vorab veröffentlichten „River“ an. Das EP „Enter A Space“* ist ein geografisch und zeitlich nicht festzumachendes Stück Musik, in dem unterschiedlichste Vielfalt, in Gads Vorstellung hier, zu einer heiligen Einheit wird. Das Pathetische, das solche Sachen fast immer begleitet und letztendlich verdirbt, wurde hier geschickt außen vor gelassen.

Zvjezdan Markovic

About Zvjezdan Markovic

Immer auf der Suche nach neuen und alten Sounds, hat aber auch seit über 10 Jahren die schlechte Angewohnheit, darüber zu schreiben. (E-Mail zvjezdan[at]irieites.de)