Star Band de Dakar „Psicodelia Afro-Cubana de Senegal“ (Ostinato Records)

Star Band de Dakar
„Psicodelia Afro-Cubana de Senegal“
(Ostinato Records – 2019)

Sie hätte scheitern müssen. Diese Musik war ein Affront gegenüber den Westen, allen voran USA. Sie barg eine Sprengkraft in sich, die den afrikanischen Kontinent in eine ganz andere Richtung hätte lenken können. Lange bevor kubanische Soldaten den Fuß in Afrika setzten zur Unterstützung etlicher Aufstände und Revolutionen gegen westliche Marionettenregime Afrikas, hatte sich die kubanische Musik bereits breitgemacht. Die Idee, dass das unterdrückte Volk tatsächlich die Macht an sich reißen – und diese auch gegen viel stärkere Opponenten verteidigen könnte, war attraktiv auch für die Bevölkerungen afrikanischer Staaten, die sich immer noch nach Unabhängigkeit und Selbstbestimmung sehnten.

Also begannen sie – vor allem die Jugend – zu den kubanischen Rhythmen zu tanzen. Abgesehen davon, dass es sich dabei um eine abgeleitete Form von afrikanischer Musik handelte, hatte dies auch eine politische Dimension – es galt als Protest und Kampfansage gegen das Establishment. In Afrika hatte die kubanische Musik jedoch eine Psychedelisierung erfahren durch die Einführung von indigenen Trommeln und älterer Musiktraditionen wie Wolof und Griot. So auch im Falle Senegals, wo in den Siebzigern daraus die Mbalax und Manding entstanden. Typisch dafür waren die verschlungenen Bassgitarrenläufe, die wie eine Verlängerung der Trommeln klangen; die treibenden, hypnotischen Rhythmen und halluzinogenen Gitarrenmelodien. Viel verspielter, in typischer afrikanischer Manier, noch reicher an Rhythmen und Melodien klang das Ganze nun.

Star Band de Dakar (by Yakhya Fall)

Das Epizentrum dieser neuen Musik war unter anderem La Miami Klub in Dakar, wo die Gruppe Star Band de Dakar ihr Unwesen trieb. Zu den Mitgliedern der Formation gehörte damals der junge Youssou N‘Dour, aber auch andere lokale erstklassige Musiker waren dabei. Diese wurden dann für spätere Bands wie Etoile de Dakar und Orchestre Baobab rekrutiert. Aus dieser Periode stammen diese sechs Afro-Cuban Songs zur Feier des sechzigsten Jahrestages der Kubanischen Revolution. Hinter deren Auswahl steckt eine deutliche Absicht. Es zeigt die senegalesische Musik zu einem Zeitpunkt, wo das Kubanische noch auf sie starken Einfluss ausübte und bevor diese mit Gruppen wie Dieuf Dieul (de Thies) ihre wahre Blüte erlangte.

Von Weitem hört sich das ganze typisch kubanisch an. Die heißen, lebensbejahenden Rhythmen und die volltönend schwingenden Bässe in „Misterioso“ oder die passionierten Bläser in „Andado“ transportieren diesen tropischen Sozialismus im Aufbruch. Doch beim genauen Hinhören entpuppt sich das ganze durchaus als sehr afrikanisch. Wie zum Beispiel in „Mariama“ mit diesen tranceartigen Bässen, die heftig vor und zurückdröhnen. Sowie die im Hintergrund kreischende, völlig entrückte Gitarre. Die Kubanische Revolution ist letztendlich in die Hose gegangen, genauso wie die etlichen afrikanischen Revolutionen. Die Vision einer anderen, vielleicht sogar gerechteren Welt ist verloren. Aber die Musik, die läuft immer noch…

Zvjezdan Markovic

About Zvjezdan Markovic

Immer auf der Suche nach neuen und alten Sounds, hat aber auch seit über 10 Jahren die schlechte Angewohnheit, darüber zu schreiben. (E-Mail zvjezdan[at]irieites.de)