David Grabe im Interview

David Grabe

In David Grabes Brust schlägt ein großes Herz für vielfältige Leidenschaften. Zwei wichtige von ihnen sind die Musik und das Surfen. Am liebsten hat er es, wenn er beide miteinander verbinden kann. Und so verwundert es auch nicht, dass er seit 2010 live neben etlichen Club-Konzerten auch auf Festivals, wie dem Surf & Skate Festival in Hamburg, Köln und München zu hören war, die unmittelbar mit dem Surfen zu tun haben. Seine Musik ist eindeutig der Kategorie “Singer/Songwriter” zuzuordnen. Auf seiner Website werden die Inhalte seiner Songs und die Musik wie folgt passend beschrieben: “Inspiriert vom Reisen, der Natur und den Gezeiten liefert David Grabe gefühlvolle, manchmal nachdenkliche aber immer charmante Skizzen des Lebens mit Ohrwurmpotential und bleibt dabei stets authentisch. Die stilistische Vielfältigkeit, egal ob Solo oder mit Band, macht die Songs zeitlos und genreübergreifend”.
Vor Kurzem wurde sein Album “So Soll Es Sein” veröffentlicht. Auf insgesamt 12 Liedern wartet er mit viel Gefühl auf und besingt sehr sympathisch, romantisch und mitunter poetisch Dinge des Alltags, die Liebe und vieles mehr. Viele Gründe, um dem in Hamburg lebenden Künstler ein paar Fragen zu stellen.

Zunächst einmal Gratulation zum Album „So Soll Es Sein“. Es ist ein rundum Wohlfühl-Paket geworden. Das Album wurde von dir mit einer ganzen Reihe von Musikern eingespielt. Kannst du etwas zur Entstehungsgeschichte und den beteiligten Musikern sagen?

Moin und vielen Dank! Puh, also die komplette Entstehungsgeschichte würde sicherlich den Rahmen hier sprengen. Ich versuche mal eine gekürzte Fassung. Ich habe während meines Studiums den Gitarristen Bastian Wulff (Gitarrist bei Loui Vetton) kennengelernt. Nachdem ich einige Zeit Solo unterwegs war, haben wir angefangen, zusammen ein paar Gigs zu spielen und schnell gemerkt, dass wir uns musikalisch sowie privat sehr gut verstehen. Basti ist in der Musikszene sehr gut vernetzt und hat nach und nach andere Musiker gefragt, ob sie nicht Bock auf meine Songs haben. So kamen dann Alex Klauck (Drums), Markus „Mosh“ Schröder (Keys) und Lisa Wulff (Bass) dazu. Alles unfassbar gute Musiker und Menschen, die ich sehr schätze. Nach ein paar Livegigs kam dann die Möglichkeit, ein paar Songs aufzunehmen. Der Plan war zunächst, ein paar Songs aufzunehmen, um dann gegebenenfalls einen Deal zu bekommen, um die restliche Produktion der Platte zu finanzieren. Während dieser Phase bin ich dann Vater geworden und hab zur gleichen Zeit mein Referendariat begonnen. Da war natürlich einiges los. So ist das Studioprojekt leider etwas aus dem Fokus gerückt. Erst nach langer Zeit habe ich dann den Entschluss gefasst, dass Album auf eigene Kosten fertigzustellen. Wir haben dann Stück für Stück noch ein paar Songs aufgenommen und am Ende ist ein ganzes Album daraus geworden, was mich sehr freut.

Wie lange hast du an den Songs gearbeitet? „Seelenverwandt“ ist ein Song, den du schon seit 10 Jahren singst. Was hat sich zwischen dem Schreiben und der jetzt aufgenommenen Version getan bzw. verändert?

Die Entstehung eines Songs verläuft immer sehr unterschiedlich. Es gibt Songs, die schreibe ich in fünf Minuten, nachdem ich eine Idee hatte, und es gibt Songs, die entstehen über einen längeren Zeitraum. Wie alle meine Songs, habe ich “Seelenverwandt” allein mit meiner Gitarre komponiert. Somit ist das Arrangement recht simpel und für mich alleine passend. Ich begleite mich auf der Akustikgitarre und spiele noch Mundharmonika dazu. Als wir den Song das erste mal mit der Band gespielt haben, entstand noch mal eine ganz andere Dynamik. Mit der Instrumentalisierung hat man natürlich noch viel mehr Möglichkeiten und kann dem Song noch viele weitere Akzente verleihen. Vor allem der Gesang von Alex und Lisa gibt dem Song viel Energie und Fülle, wie ich finde. Ich freue mich, dass “Seelenverwandt” in beiden Versionen funktioniert.

Nach deinem Auftritt in der Fischbeker Heide im vergangenen Jahr, bei dem ich auch anwesend war, sagte eine Freundin von mir, dass sie den Begriff „Seelenverwandt“ bislang immer unter der Rubrik „Kitsch“ abgelegt hatte, er aber durch dein Lied und vor allem deine Performance eine ganz angenehme Wärme entfaltet habe. Was würdest du ihr sagen, wenn du sie jetzt treffen würdest?

Ich würde mich natürlich für das tolle Kompliment bedanken. Es ist ja oft so, dass die Grenze zwischen „Kitsch“ und „Schön“ ganz klein sein kann. Das ist aber auch alles sehr individuell, wie wir ja wissen.

Mit dem Song „Reggae Music“ hast du vor vielen Jahren eine sympathische Liebeserklärung an dieses Genre geschrieben und gesungen. Reggae scheint dich, zumindest zu diesem Zeitpunkt, fasziniert zu haben. Kannst du dich noch in diese Zeit zurückversetzen und beschreiben, was dir Reggae bedeutet hat?

Also da brauche ich gar nicht so weit in die Vergangenheit reisen. Reggae bedeutet mir immer noch sehr viel. Es ist leider so wie mit dem Surfen. Es fällt mir manchmal schwer, darüber zu sprechen, ohne dass es ein wenig philosophisch oder gar esoterisch wird. Generell bin ich in allen Musikrichtungen irgendwie zuhause. Musik catcht mich, wenn sie mich berührt und wenn ich ne Gänsehaut bekomme. Das kann die Musik selbst, also Melodie oder der Klang bestimmter Instrumente oder aber auch nur der Text sein. Am besten natürlich alles zusammen. Beim Reggae war es jedoch Liebe auf den ersten Blick (um mal bei „kitschig“ zu bleiben). Wie bei so vielen anderen Musikern auch, war Bob Marley für mich der Türöffner, um selber Musik machen zu wollen. Ich erinnere mich daran, als ich das erste Mal seine Alben durchgehört habe. Das war ein krasses Feuerwerk der Emotionen. Danach hat mich Reggae immer begleitet, so wie ich es in dem Song ja auch besinge.

Nun ist auf dem aktuellen Album kaum noch Reggae zu hören, außer in eher homöopathischen Dosen beim „Kündigungssong“. Warum das?

Ja warum eigentlich? Auch wenn mich Reggae sehr geprägt hat und mir sehr gefällt, habe ich beim Songwriting einfach auf das gehört, was aus mir raus kommt. Ich habe mich nicht gezielt hingesetzt und gesagt: „Ich schreibe jetzt einen Reggae- oder Popsong”. Ich hab es einfach laufenlassen. Das ist das Ergebnis. Wer weiß, vielleicht wird die nächste Platte dann Reggae sein.

Bei dem Song „Wunder“ beschreibst du sehr persönlich eine Liebesgeschichte. So wir jetzt einmal den Fokus etwas größer wählen: Welche Wunder würdest du der Welt zum aktuellen Zeitpunkt wünschen? Wir sitzen ja gerade alle gemeinsam in verordneter Selbstisolation aufgrund der Corona-Krise.

Den Song “Wunder” habe ich für meinen Sohn geschrieben. Das ist und bleibt das größte Wunder für mich. Mittlerweile hat er noch einen Bruder dazu bekommen und die beiden sind definitiv die Anker, um in der schwierigen Zeit gerade nicht den Kopf hängen zu lassen. Corona ist schon ein sehr komplexes Thema. Meine Familie ist verteilt auf Kolumbien, Italien und Spanien. Daher ist mein persönlicher Wunsch gerade einfach, alle bald heil und gesund wiedersehen zu können. Uns als Welt wünsche ich, dass wir die Gelegenheiten bekommen, um daraus zu lernen und unsere Lebensweise zu überdenken. Und dass wir dieses Gelegenheit dann auch nutzen!

Mal eine generelle Frage… Wie kommst du eigentlich auf deine Texte? Hast du ein Notizbuch in der Tasche, in dem du bei Gelegenheit Ideen notierst? Oder wie funktioniert das bei dir?

Ja, so in der Art. Ich versuche immer, ein Notizbuch oder mein Handy (Diktierfunktion) dabei zu haben, da mir Songideen immer spontan einfallen. Oft passiert es beim U-Bahn-Fahren. Ich bin aber auch schon einige male nachts aufgewacht und hatte eine Textidee, die ich dann sofort aufschreiben muss. Erst danach kann ich beruhigt weiterschlafen.

Du bist Familienvater, Lehrer und Musiker zugleich. Wie schaffst du es, diese verschiedenen und sicher nicht immer miteinander vereinbaren Rollen unter (d)einen Hut zu kriegen?

Das ist eine gute Frage. Darauf habe ich keine passende Antwort. Ich versuche einen goldenen Mittelweg zu finden. Momentan bin ich hauptberuflich Vater und das ist gut so. Nichts erfüllt mich so sehr, wie Zeit mit meinen Jungs zu verbringen und sie aufwachsen zu sehen. Aber auch nach einigen Jahren im Schuldienst kann ich behauten, dass der Lehrerjob immer noch mein „Traumjob“ ist. Er ist fordernd, aber es macht mir immer noch großen Spaß mit den Kindern zu arbeiten. Für die Musik muss ich mir die Zeit dann nehmen. Da habe ich zum Glück einen riesigen Support zuhause.

Derzeit ist die Welt in eine Art Stillstand verfallen. Was steht für dich nach überstandener Krise an? Eine kleine Tour, neue Songs?

Ich war gerade auf einer kleinen Promo-Tour durch den Norden, als ich das letzte Konzert aufgrund der Krise absagen musste. Ich weiß, dass es die richtige Entscheidung war, dennoch war es auch sehr schade. Ich versuche die Zeit jetzt für neue Songs zu nutzen. Genug Inspiration ist ja da. Wenn wir das alles überstanden haben, möchte ich zunächst meine Familie in Italien, Spanien und Kolumbien wiedersehen und dann gerne meine Tour fortsetzen und vielleicht sogar Material für das nächste Album am Start haben. Das wäre doch was.

Interview: Karsten Frehe, Fotos: Björn Lexius

www.davidgrabe.de

About Karsten

Founder of the Irie Ites radio show & the Irie Ites Music label, author, art- and geography-teacher and (very rare) DJ under the name Dub Teacha. Host of the "Foward The Bass"-radio show at ByteFM.