Bakshish “Ego” (Bakshish)

Bakshish
“Ego”
(Bakshish – 2022)

40 Jahre im Business zu sein muss man erst einmal hinbekommen. Jarek Kowalczyk, der Kopf und Visionär von Bakshish, ist seit 1982 unterwegs – eine Zeit, in der die deutsche Reggae-Szene noch in den Kinderschuhen steckte. Das ist symptomatisch für viele ursprüngliche, polnische Reggae-Acts. Hinter dem “eisernen Vorhang” hat für sie Reggae eine ganz andere Kraft gehabt als westlich davon. Bei den polnischen Künstler*Innen ging es um eine wirkliche Befreiung bzw. ein Aufbegehren gegen die damaligen Machtstrukturen, die auch heute noch ihre Wirkung haben. Reggae war Musik und Medium zugleich, um ein ganz anderes Lebensgefühl zu transportieren und zugleich Opposition zu manifestieren. Beim diesjährigen Ostroda Reggae Festival wurde der Geschichte von Bakshish ausgiebig Tribut gezollt – mit einem Auftritt der aktuellen Band, einem “Meet & Greet”, einer umfangreichen Ausstellung auf dem Festivalgelände und dem Release des neuen Albums “Ego”.

Jarek war sichtlich nervös und beeindruckt zugleich, als er mehr als deutlich merkte, dass sein Tun in den vergangenen 40 Jahren Spuren bis heute hinterlassen hat. Viele Fans waren extra für Bakshish angereist und etliche Fans haben sich das neue Album gekauft und signieren lassen. Schön, so etwas persönlich 1:1 mitzubekommen. Und er hat es, mitsamt seinen Musiker*Innen, auf jeden Fall verdient. Er war einer der Pioniere und Taktgeber der polnischen Szene zugleich – und ist auch heute noch ein gerne gesehener Gast bei Festivals. Wenn ich mich mal in der heimischen Szene umgucke, fehlt dieser Respekt sehr oft gegenüber den eigenen Wurzeln. Wer verneigt sich in dieser Art und Weise vor The Vision, Gracy & The Herbman Band, Jamaica Papa Curvin und vielen anderen, die die Reggaefahne in Deutschland hochgehalten haben, als Gentleman und die Mitglieder von Seeed gerade ihre Kindheit genossen haben, oder oder? Die polnische Szene scheint da anders zu ticken. Also: auch die Personen, die am Anfang dabei waren, möchten unbedingt mal geknuddelt werden.

Mit “Ego” erschien pünktlich zum Festival in Ostroda das neue Album von Bakshish. Ein Album, das wie die bisherigen Vorgänger eine ganz eigene Handschrift des polnischen Reggaes vorweist. Bakshish selbst geht da äußerst entspannt, musikalisch ausgewogen und harmonisch vor. Roots Reggae angereichert mit schönen Melodien und äußerst freundlichen Botschaften mit zumeist polnischen Texten. Ich selbst spreche ganz und gar kein Polnisch, habe mir aber einige der Texte beim Konzert flott übersetzen lassen. Dementsprechend geht es um Bestandsaufnahmen und Visionen für eine bessere Welt. Prima in Szene gesetzt von der aktuellen Band und gesanglich treffend von Jarek und Anna dargeboten. Gemixt und gemastert wurde das Album von Umberto Echo, der auch für den abschließenden Dubmix von “Aniot” verantwortlich zeichnet. Und auch hier wird ein klein wenig an eine alte deutsch-polnische Reggae-Tradition angeknüpft. Bei dem zweiten offiziellen Studioalbum “Eye” (1994) hat Bakshish mit Fekix Wolter von The Vision als Produzenten zusammen gearbeitet – eine Kooperation, auf die immer wieder verwiesen wird und die bis heute in der polnischen Szene nachhallt.

Karsten Frehe

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About Karsten

Founder of the Irie Ites radio show & the Irie Ites Music label, author, art- and geography-teacher and (very rare) DJ under the name Dub Teacha. Host of the "Foward The Bass"-radio show at ByteFM.