Tighten Up im Interview

Tighten Up – Early Reggae & Rocksteady

Der Jahreswechsel von 2021 nach 2022 markiert den Beginn einer neuen Band: Tighten Up. Benannt haben sie sich nach dem gleichnamigen Song von den Untouchables & Lee „Scratch“ Perry. Er war später auch Namensgeber für die erfolgreiche Compilation-Serie bei Trojan Records. Tighten Up ist eine noch junge Band, die allerdings aus erfahrenen Musiker*Innen besteht. Kay Natusch, auch bekannt als Stimme von Yellow Cap, hat das Projekt ins Leben gerufen. Grund genug, ihm ein paar Fragen zu stellen.

Kay, kannst du unseren Leser*Innen die neue Band einmal vorstellen? Wer spielt mit und hat welchen musikalischen Hintergrund?

Auch wenn ich schon viele Jahre mit Yellow Cap auf der Bühne stehe, tief in mir schlägt schon länger ein Herz mit Vorliebe für den Rocksteady und Early Reggae der 60er Jahre, eben genau die Musik, die wir jetzt mit Tighten Up auf die Bühne bringen. Irgendwie war es schon immer mein Traum, meine alten Lieblingshits mal selbst mit einer eigens dafür zusammengestellten Band zu spielen. Die lange Corona-Zeit gab mir dann die Möglichkeit, diesen Traum in Richtung Realität zu schupsen. Da ich seit vielen Jahren mit Jonas Naumann (Schlagzeuger) und Clemens Voyé (Bassist) befreundet bin, habe ich mir irgendwann ein Herz gefasst und die Beiden gefragt, was sie von meiner Idee halten. Jonas hat vorher lange in der Band Mola (Funk & Soul) gespielt und genauso wie Clemens hat er eine Vorliebe für gepflegte Offbeatmusik. Beide haben mir dann glücklicherweise versprochen, mich bei der Verwirklichung meines Traums zu unterstützen. Da ich früher immer gern Mola Konzerte besucht habe, weil ich so verzaubert von Jenny Naumanns Stimme war, habe ich Jonas in diesem Zusammenhang gefragt, ob er sich vorstellen könnte, dass wir seine Schwester für Tighten Up gewinnen können. Zum Glück hatte auch sie gleich große Lust, dabei zu sein. Yellow Cap Gitarrist Christoph Schulz und Mola Gitarrist Konstantin Behrendt ließen sich ebenfalls schnell überreden. Sie tragen entscheidend dazu bei, den Sound der 60er Jahre und somit die alten Arrangements der originalen Songs rüberzubringen. Nur für die Taste ist es immer noch schwer jemanden zu finden, der ebenfalls mit Herzblut hinter meiner – leider von vielen Menschen schon längst vergessenen – “Lieblingsmugge” steht und gern bei Tighten Up spielen möchte. Ich bin aber zuversichtlich, dass ich irgendwo da draußen einen Keyboarder finden werde … most wanted ;O)

Im Info zu eurem neuen Projekt heißt es, dass ihr euch vorerst mit Coverversionen von jamaikanischen und britischen Early Reggae und Rocksteady-Tunes beschäftigt. Einige Tunes, wie etwa eine Interpretation von „Raindrops“ (The Silvertones) und „Riding High On A Windy Day“ (The Paragons), habt ihr bereits im Studio aufgenommen und damit erfrischend wiederbelebt. Nach welchen Kriterien wählt ihr die Songs aus, die ihr covert?

Genau. Wie man annehmen kann, habe ich unsere Setliste aus Songs zusammengestellt, die meine persönlichen Lieblingshits dieser Zeit sind. Zum Glück deckt sich mein Musikgeschmack mit dem der anderen Bandmitglieder. Jeder schlägt mal einen Song vor, den wir nach Abstimmung dann meist auch schnell mit ins Set aufnehmen. Ziel ist es natürlich auch, mit den Coversongs an einen für mich sehr wichtigen Part Musikgeschichte zu erinnern, der die Ska- und Reggae-Szene maßgeblich geprägt hat. Natürlich kommt es immer darauf an, vor welchem Publikum die Band steht. Da die gute alte Rudeboy-Szene gefühlt an Überalterung stirbt und leider nur noch sehr wenig junge Leute ein offenes Ohr für Rocksteady & Early Reggae haben, ist es mir wichtig, auch Leute mit dieser Musik und dessen Kontext in Kontakt zu bringen, die sie bislang nie kennenlernen konnten. In diesem Zusammenhang versuche ich, bei unseren Konzerten je nach Publikum auch immer gleich ein bisschen Kultur- und Musikgeschichte zu transportieren.

Wie eben gesagt, habt ihr bereits Tunes aufgenommen. Steht demnächst ein erstes Album an?

Nun, ich denke es ist erstmal besser, kleine Brötchen zu backen und auf der Bühne zu stehen. Wir müssen erstmal bekannt werden und schauen, wen wir mit unserer Musik abholen können. Wenn sich jedoch ausreichend Leute und vor allem auch Veranstalter begeistern lassen, uns auf der Bühne zu sehen, wollen wir natürlich auch ein Coveralbum veröffentlichen. Im November soll es bereits wieder ins Studio gehen und wir wollen vier weitere Songs recorden.

Wird es in Zukunft auch eigene Songs von euch geben?

Das ist auf jeden Fall die Zukunftsvision. Vorerst wollen wir aber unser Cover-Set und somit den alten Sound der 60er mit etwas mehr Freshness wieder auf die Bühne bringen. Klar, der eine oder andere eigene Song schlummert schon in unserem Ideenpool und wartet darauf, bei einer der nächsten Proben mit bearbeitet und aufgenommen zu werden. Das soll aber erstmal noch der zweite Schritt der Bandentwicklung sein.

Wie würdest du die musikalische Ausrichtung der Band von Yellow Cap abgrenzen? Wo gibt es Unterschiede, wo Schnittmengen?

Yellow Cap schreibt schon immer eigene Songs und bedient sich völlig frei an allen Stielen der Offbeatgeschichte. Ihre Konzert-Sets sind völlig unabhängig von einer speziellen Epoche oder musikalischen Entwicklung in der Geschichte von Ska und Reggae. Bei Yellow Cap geht’s hauptsächlich darum, exzessiv Party zu machen und möglichst keinen Fuß am Boden zu lassen. Dabei soll das ganze Publikum abgeholt werden und mitmachen. Bei Tighten Up hingegen geht es in erster Linie darum, mit ganz viel Detailverliebtheit alte Klassiker der 60er möglichst stilecht, originalgetreu in traditioneller Besetzung und zudem die Kulturgeschichte von Rocksteady und Early Reggae rüberzubringen.

Ihr habt bereits einige Auftritte hinter euch, wie etwa beim diesjährigen „This Is Ska“-Festival in Rosslau. Wie war die Resonanz des Publikums? Gab es besonders schöne Erlebnisse?

Für uns war es eine große Ehre, auf einem so alten, gestandenen Festival zu spielen – und noch dazu zu dem 25. Geburtstag. Wir waren am Tag die erste Band auf der Mainstage und somit eine Nachwuchsband des Festivals. Alle Skapeople, die es so früh schon vom Zeltplatz geschafft haben, waren meiner Wahrnehmung nach aber sehr glücklich mit unserer “Mugge” und haben die altbekannten Songs gefeiert und mitgesungen. Ganz besonders haben wir uns über das Lob von Dr. Ring Ding und Boss van Trigt (The Upsessions) gefreut. Richi war Host des Festivals und hat vor der Ankündigung der nächsten Band nur herzliche und lobende Worte zu uns gefunden. Außerdem war es mir eine riesige Freude, nach der langen Corona-Zeit im Backstagebereich Mark Foggo, Buster Bloodvessel von den Bad Manners, Florian von den SteadyTones und Matzge von Pork Pie Records und somit einige der alten Allstars aus der Ska-Szene wiederzusehen.

Interview: Karsten Frehe (09/22)

About Karsten

Founder of the Irie Ites radio show & the Irie Ites Music label, author, art- and geography-teacher and (very rare) DJ under the name Dub Teacha. Host of the "Foward The Bass"-radio show at ByteFM.