Jahdolf und das Großkaribische Reich
Zugegeben: ein provokantes Unterfangen! Ein fest eingebundenes, schwarzes Buch mit Cannabisblatt-Aufdruck – umspannt von einer roten Armbinde mit weißem Kreis, den nicht ein Hakenkreuz, sondern ebenfalls ein Cannabisblatt ziert. Da kommen einem schon mal komische Gefühle hoch, zumal diese Themenverküpfung nicht gerade auf der Hand liegt. Erschienen ist das Comic beim Metronom Verlag aus Kronberg und sorgt seit seiner Veröffentlcihung für Kontroversen: wie weit darf Satire gehen? Wo sind die Grenzen des Geschmacks erreicht? Und so weiter.Bücher dieser Art hat es schon gegeben – man denke da etwa an Walter Moers. Und doch werden hier Grenzen noch weiter verschoben.
Kurzer Abriss des Plots, ohne alles verraten zu wollen: Jamie, ein Rasta der durch den Konsum von Dope, das durch Chemikalien aus der NS-Zeit mächtig gepimpt wurde, Nazi-Phantasien durchlebt und schließlich zu Jahdolf mutiert, macht sich auf, Jamaika radikal von den nervigen und dreisten Touristen zu befreien. Mittel zum Zweck ist dabei das NS-Kraut, welches die Massen kompatibel und gefügig macht. Schritt für Schritt erobert er die Insel und einen Teil der Karibik. Dabei stösst er auch auf Widerstand. Die großen Rastagruppierungen schließen sich zur “Schwarzen Rose” zusammen und treten der Bewegung entgegen.
Es tauchen immer wieder Wortspiele und Namen auf, die geschichtliche Vorbilder haben: neben der “Schwarzen Rose” z.B. Eve Brown, Henry Schimmler und andere. Hier kann man u.a. Kritik festmachen, denn es handelt sich um geschichtliche Personen, die entweder durch unvorstellbare Greueltaten oder ihren Mut, Widerstand zu leisten, bekannt wurden. Und so stößt sich der Rezensent von N24 gerade hieran: “Spätestens, als die “Geschwister Shell” und ihre “Schwarze Rose” Widerstand gegen Jahdolf und seine Kumpanen leisten, bleibt einem doch das Lachen im Halse stecken. Hans und Sophie Scholl haben ihren Mut im Kampf gegen den Nationalsozialismus mit dem Leben bezahlt.” Sehe ich auch so. Zudem sind mir persönlich die vielen verworrenen Erzählstränge und Anspielungen etwas zu üppig: Osama taucht auf, der 11. September wird mit eingewoben, Facebook kurz auf den Arm genommen etc..
Gerade diese Fülle scheint aber auf das hinzudeuten, was “Jahdolf und das Großkaribische Reich” ist: nämlich ein Kiffer-Comic, das sicher durch diese Überreichlichkeit und die vorhandenen, irren Wendungen bei Menschen mit einem Faible für diese Art von Humor den einen oder anderen Lacher hervorrufen wird. Provokant verpackt, gut gezeichnet und für Kontroversen sicher offen.
Karsten Frehe
Es ist schwierig mit so einer Umfrage, bei der die wenigsten das Buch in der Hand gehalten haben, gescheige gelesen haben werden. So auf den 1. Blick erscheint mir das Buch widerlich. Grottenschlecht gezeichnet und inhaltlich katastrophal: eine Verkennung und Verharmlosung des Nazifaschismus in Deutschland; eine Beleidiung aller Kiffer und derer, die für die Legalisierung einstehen: eine Beleidigung der Jamaikaner und Verkennung ihrer Verhältnisse, indem suggestiert wird, sie hätten grundsätzlich etwas gegen Touristen….
Karl, ich gebe dir Recht: man sollte das Buch schon gesehen und gelesen haben, um sich eine Meinung zu bilden. Deinen Punkten stimme ich zu: genau das waren die Gründe für mich, so lange um die Veröffentlichung herumzuschleichen. Wie weit darf Satire gehen? Ab wann bleibt einem das Lachen im Hals stecken? Etc.
Salut Karsten,
wie Karl schon sagt: Schwierig zu beurteilen, wenn man das Buch nicht selbst gelesen und gesehen hat. Auf den ersten Blick langweilt mich die berechnete Provokation – und Walter Moers ist schon nochmal eine ganz andere Kategorie von Humor, glaube ich zumindest.
(Schön, dass ihr endlich eine Kommentarfunktion habt.)
Ich würde zu gerne wissen, ob sich solch ein “Autor” von Comics auch mal Gedanken darüber macht, wie so ein … auf Jamaika ankommt! Soch eine Schwachsinnsidee, aus Jamaikanern Nazis zu machen- Frechheit! Da muss ich nicht erst das Buch in Händen haben, um beurteilen zu können, dass ich solchen “Humor” nicht teilen will! Mal gespannt, was meine jamaikanischen Freunde dazu sagen.
Ich sage: Was für ein Scheiß!
Volker, so du was von deinen jamaikanischen Freunden hörst, würde mich deren Sicht interessieren….
Also ich find das eigentlich nur geschmacklos, und die Story ist auch echt an den Haaren herbeigezogen. Kenne allerdings nur die Zusammenfassung.
Andere Hitler-Satire fand ich da spannender.
Tachchen! Erstmal: Nice, dass man jetzt seinen Senf dazu geben kann! (funzt mit meinem HTC One allerdings nit so gut da man nicht nach links/rechts scrollen kann, aber das nur am Rande).
Zu Jahdolf: Hatte die Werbung während des ReggaeJam im Festival Guide entdeckt und war erstmal auch mehr als irritiert – hab erstmal n bischen gebraucht um einen Zusammenhang zwischen Comic und der Farb- & Logowahl herzustellen. Habe es mir dann aber bestellt um es in der Radiosendung vorzustellen. Also so grottenschlecht gezeichnet wie oben Karl meinte finde ich es jetzt nicht, im Gegenteil, die Zeichnungen sind mMn noch das Beste am gesamten “Buch”. Es besteht von der ersten Seite an aus hanebüchenen Klischees die in verschiedene Zusammenhänge gepfercht werden – definitiv too much für ein einziges, 102-seitiges Buch. Allerdings wird alles gleichermassen auf die Schippe genommen, so dass ich nicht so weit gehen würde, es eine Frechheit, Verkennung des Nazifaschismus oder eine Beleidigung für Kiffer & Jamaikaner zu nennen. Es ist einem schon nach wenigen Seiten klar, was einen weiter erwartet & genau das wird einem “serviert”: Satire ohne den Anspruch guten Geschmacks. Was mich eher stört sind besispielsweise zwischendurch fotorealistische Bilder, wo ein “standesgemässer Gruss” dargestellt wird und absolut nicht in die Story passt, Fussnoten wie z.B. bei Marcus Garvey, die zeigen dass die Autoren keine Ahnung von der jamaikanischen Kultur & Rastafari haben. Und dass solche Autoren nicht darüber nachdenken, wie so etwas bei den verschiedenen im Buch angesprochenen bzw. “angezeichneten” Gruppierungen ankommt dürfte klar sein. Bei mir jedenfalls liegt es dort, wo es mMn auch hingehört, als “Zwischendurch-Lektüre” auf m Klo.