Twelve
- "Perfectly Safe"
High Tone - "Wave Digger"
(beide: Jarring Effects/PIAS -2005)
DJ Twelve kennt
man hierzulande wahrscheinlich gar nicht. Denn auch die Band High Tone,
in der er fest mitwirkt, ist bislang eher Eingeweihten ein Begriff.
Aber das kann und wird sich sicherlich ändern. Mit "Perfectly
Safe" liegt nun sein Debütalbum vor. Und ganz im Stile seine
Homebase High Tone läßt sich der Mann mit seiner Musik schwerlich
in Kategorien einordnen. Mit Dub hat das, verglichen zum Beispiel mit
High Tone's Album "Acid Dub Nucleik",
nicht mehr so richtig viel zu tun. Zumindest nicht mit der auf Jamaika
oder in der UK-Tradition verwurzelten Spielart. Beim ersten Hören
drängten sich mir eher Vergleiche mit Art Of Noise und Keith
LeBlanc auf. Und auch die Musik von Seeed's Appear
ist nicht weit entfernt. Über allem schwebt ein sehr unorthodoxer
Umgang mit Musikstilen. Ein wenig Hip Hop hier, ein Hauch Dub da und
na klar - wie auch bei High Tone - gelegentliche Ausflüge in den
Drum & Bass-Sektor! Alles schwungvoll in einem Mixer zu einer collagenartigen
Klanglandschaft vermengt. Nicht immer eingängig und gelegentlich
sogar sperrig. Wer es schafft, hierzu seine Glieder zu bewegen, der
dürfte erstaunlich dehnbar sein und nicht zu den unfitten Zeitgenossen
gehören. Als Partystandort schwebt mir ein verlassener U-Bahnschacht
vor. Uhrzeit: 4 Uhr morgens!
Eine ähnliche
Location passt auch zu dem neuen Werk von High Tone "Wave Digger".
Die Franzosen gehen hier genauso experimentell mit Formen um wie ihr
DJ auf Solopfaden. Unterm Strich sind die Tunes etwas peppiger und weisen
auch deutlich mehr Spuren von Reggae auf. Länger sind auch die
ekstatischen Ausflüge in Richtung Drum & Bass, Hip Hop und
Techno. Wer Vergleiche sucht, wird bei Heavyweight
Dub Champion aus den USA fündig. Das Ganze ist recht düster,
enwickelt aber, so man sich einlässt, eine Faszination. Nebenbeihören
sollte man jedoch nicht versuchen, denn dann kann einem der Mix schon
mal auf die Nerven gehen. Mir persönlich gefiel das weiter oben
bereits erwähnte "Acid Dub Nucleik" von 2002 eine Spur
besser als der neue Longplayer. Bewundernswert ist jedoch die Experimentierfreude
der Franzosen und die Tatsache, dass eine derartige Musik dort sogar
ein großes Publikum hat. Davon könnte man sich hierzulande
gerne mal eine dicke Scheibe abschneiden. Wer gerne abhebt sollte sich
unbedingt mit High Tone-Alben versorgen...
Karsten Frehe
www.jarringeffects.org