Nosliw
- "Mittendrin"
(Warner/Downbeat/Rootdown - 2004)
Zoe - "Exile African"
(Chet/Sony - 2004)
Fast zeitgleich
ist die deutsche Reggaeszene um zwei Alben reicher, die wirklich hörenswert
sind! Lange erwartet wurde das Album von Nosliw,
das nicht nur eine ganze Zeit nach der EP "In
Vollen Zügen" erscheint, sondern auch noch im Veröffentlichungsdatum
verschoben wurde. Aber nun ist's da! Eric Wilson alias Nosliw legt mit
"Mittendrin" einen Longplayer vor, der randvoll gefüllt
mehr als nur die Charts erstürmen wird. Alles in allem ein sehr
schönes Album. Da hört man auch über so manchen, etwas
schwächeren Tune hinweg, wie zum Beispiel "Alarm", und
"Neben Dir" (trotz nettem arabischen Touch im Riddim eher
schwach). Auch "Yes" würde ich eher ein "ach nö"
entgegenmurmeln. Doch will ich nicht nörgeln. "Mittendrin"
ist nicht nur "Gar Nicht So Mies", um geschickt einen Titel
einzuflechten, sondern sogar sehr gut geraten. Neben kritischen Texten,
für die Nosliw zweifelsohne ein Händchen hat (man höre
hier z.B. "Geht Es Uns An" - "Geht es uns an, wenn ein
ganzes Land auf die Umwelt scheißt für den Kontostand..."),
gibt es auch Partytunes und so manch nachdenklich-träumerisches
Werk zu hören. Nattyflo gesellt sich bei einem Song über den
gemeinsamen Werdegang hinzu, Max Herre glänzt mit seinem Beitrag
zu "Königin" und - last but not least - tritt Vanessa
Mason in Erscheinung. Ein rundes Album, dass Nosliw zu Recht zu DEM
Hoffnungsträger der jungen deutschen Reggaeszene macht! Danke auch
an Nosliw für die lieben Grüße an das Irie Ites-Soundsystem
im Booklet. Grüße zurück!
ZOE legt mit "Exile African"
ihren zweiten Longplayer vor. Die in Liberia geborene, in Deutschland
lebende und spirituell-musikalisch auf Jamaika verankerte Sängerin
schafft hier ein Werk, dass von Noe Noack im Begleittext als "Pop
mit Mehrwert" bezeichnet wird. Damit wird die Ausrichtung des Albums
genau getroffen. Pop ist deutlich präsent, aber eben verwurzelt
in älteren Musiktraditionen. Hier wird nicht auf den absolut massenkompatiblen
Sound abgezielt! Allerdings wird manchmal mit sehr eingängigen
Akzenten gespielt. "Exile African" wurde in den GeeJam Studios
auf Jamaika aufgenommen. In dem Studio waren bereits No Doubt, India
Arie und die Gorillaz zu Gast. Alborosie (Musiker, Produzent und Mastermind
des Studios) hat offenbar ein Faible für Künstler aus anderen
Nationen, die sich dem jamaikanischen Musikgefühl nähern.
Im Fall von Zoe hat er ganze Arbeit geleistet. Eingebettet in nette
Riddims trällert sie ihre Lieder - mal federleicht, mal tiefsinniger
(wie zum Beispiel bei dem nachdenklichen "Liberia" bei dem
sie von Chuck Fender unterstützt wird). Gelegentlich hätte
ich mir gewünscht, sie würde eine Spur kräftiger und
frecher ins Mikro singen. Einige Songs, wie etwa "Sunshine",
geraten mir persönlich zu glatt bzw. lahm (auch wenn bei "Sunshine"
kein geringerer als Aston "Family Man" Barrett am Bass zu
hören ist). Ein wenig mehr Pfeffer hätte da gut getan! Dennoch
ist "Exile African" aufgrund der stilistischen Vielfalt ein
angenehmes Gesamtwerk. Mit der Single "Rock Steady" liegt
zudem eine überzeugende Ode an die beiden frühen Spielarten
(Ska und eben Rock Steady) jamaikanischer Musik vor.
Karsten Frehe
Lange
hat's gedauert! Doch das Warten hat sich gelohnt: Nosliws Album, reichlich
mit Vorschusslorbeeren bedacht, erfüllt die hochgeschraubten Erwartungen:
In enormer Dichte reiht es einfühlsame wie ausdrucksstarke Songs
aneinander. Eric Wilson, wie Nosliw unkünstlerisch heißt,
trifft vorzüglich die Mitte zwischen Sanftheit und Druck. Geschmeidig,
aber nie lieblich, umrankt sein wohltuender Gesang die warm und schubvoll
produzierten Riddims. Und Mist erzählt er auch nicht: Nosliws Texte
sind teils zwar plakativ - das lässt sich kaum vermeiden -, doch
er rutscht nicht ab in platte Parolen. Musikalisch schlägt Nosliw
einen anderen Weg ein als Reggae-Star Gentleman. Der orientiert sich
an jamaikanischen Traditionen und Vorbildern, singt auf Patois. Nosliw
kommt vom Hip Hop, bringt ein Gespür für soulige Grooves mit
und schlenkert rhythmisch schon einmal Richtung R&B. Sein Reggae,
der fast zwei Drittel von "Mittendrin" ausmacht, hört
sich deshalb nicht nur der Sprache wegen deutscher an. Aber das bedeutet
heutzutage keinen Makel mehr. Ganz im Gegenteil: Nosliws Sound tönt
weltoffener, ohne die Vibes zu verwässern. Er hat ein sehr zeitgemäßes
Album hingelegt, das schöne Melodien hervorragend mit fetten Riddims
und leicht nachdenklichen Texten verbindet. Obwohl diese Musik eigentlich
keinen Anschub nötig hat, wäre es Nosliw dennoch zu wünschen,
dass ihn die Gentleman-Euphorie etwas nach oben strudelt. Verdient hätte
er es allemal.
Jürgen
"Reggaedoctor" Schickinger
www.nosliw.de
www.zoeciety.de