Phyllis
Dillon
"Love Is All I Had"
(Trojan/Rough Trade - 2004)
Gerade erst zollte
Trojan mit "Be True To Yourself"
Alton Ellis Respekt, schon liegt ein weiteres Highlight vor, das die
frühe Phase jamaikanischer Musik im Visier hat. Mit "Love
Is All I Had" steht eine 29 Titel umfassende Würdigung der
Musik von Phyllis Dillon, die weibliche Stimme der Rocksteady-Ära
und des frühen Reggae in den Regalen. Und der Titel ist Programm,
denn herzallerliebst werden aufkommende oder bestehende Liebe, aber
auch die verflossene bzw. sich dem Ende entgegenneigende Variante besungen.
Und das so zuckersüß und zauberhaft, dass die Stimme ganz
tief in einem drinnen die Saiten rührender Romantik zupft. Phyllis
Dillon erlebt diese ausgesprochen schöne Würdigung leider
nicht mehr, denn sie starb am 15. April 2004 an einer langen und zehrenden
Krankheit. Gerade hatte sie wieder begonnen, musikalisch aktiv zu werden
nachdem es eine lange Jahre währende Pause gegeben hatte. Der Reigen
beginnt mit "Don't Stay Away" - durch unddurch romantisch
mit einer butterweich gespielten Mundharmonika. Und so geht es eigentlich
die ganze Platte hindurch weiter. Highlights, wie das altbekannte und
wunderbare "Perfidia" oder die Combination mit Alton Ellis
bei "Love Letters", wechseln sich ab mit etwas rareren Stücken.
Interessant sind auch die etlichen Coverversionen amerikanischer Klassiker,
wie "Tulips and Heather" von Perry Como, hier zusammen mit
Boris Gardiner vorgetragen, oder "Love The One You're With"
im Original von Stephen Stills. "Eddie Oh Baby" bedient sich
bei Eric Donaldson's "Cherry Oh Baby", tauscht dabei einfach
die Bezeichnungen aus. Schön ist auch die Tatsache, dass es bei
einigen wenigen Titeln ein wenig knistert oder minimal zerrt (letzteres
z.B. bei "Leave It In The Hands Of Love" nachzuhören).
Das wirkt authentisch und verleugnet nicht das Alter der Titel. Das
Album ist zur Zeit bei mir persönlich auf Dauerrotation - und das
nicht nur weil es auf Weihnachten zugeht. Ganz hervorragend!
Karsten Frehe