Willie
Nelson
"Countryman"
(Lost Highway/Universal - 2005)
Country und Reggae
miteinander zu vereinen ist nicht neu. Reggaeadaptionen von Countryhits
gibt es unzählige. Auf der Suche nach verwendbarem Material wurde
man schon immer bei anderen Genres fündig. Seien es Soul, Funk,
Pop.... oder eben Country. Umgekehrt, also Reggae in Richtung Country
ist das schon eher seltener. Mir fallen spontan die Fellow Travellers
ein, die Anfang/Mitte der 90er ganz hervorragende Vermengungen beider
Stile hervorgebracht haben (als Tipp wäre hier das Album "Just
A Visitor" zu nennen, das man noch auf Flohmärkten finden
könnte). Ebenfalls Mitte der 90er kam Willie Nelson im Team mit
Don Was und Chris Blackwell auf eben die selbe Idee und nahm in einigen
Sessions ein paar Titel auf. Die verschwanden allerdings erst mal in
irgendeiner Schublade. Bis heute! Auf dem Album "Countryman"
wurden sie alle versammelt nachdem Produzent Richard Feldmann (No Doubt,
Toots Hibbert) noch Hand angelegt hat. Dabei wurden einige von Willie's
bekannten Lieder durch den Reggaefilter geschickt. Eine Version von
Jimmy Cliff's "The Harder They Come" ist auch mit dabei. Da
es sich hierbei um einen ursprünglichen Reggaetitel handelt, ist
es konsequent, ihn in ein reines Countrygewandt zu stecken. Man hat
also auch formal nachgedacht. Bei den anderen Liedern werden vornehmlich
Reggaebeats genommen, die sich aus der Frühphase des Genres nähren.
Hinzu kommen Pedal Steel, Akustikgitarre und Mundharmonika. Ganz ganz
selten ist auch der eine oder andere Effekt zu vernehmen. Von Dub kann
aber nicht die Rede sein. Insgesamt ist die Musik solide, auch wenn
die erneute Vermählung der Genres zunächst immer etwas irritiert.
Willie Nelson hat einfach eine wunderbare Countrystimme, die den 12
Liedern ihren unverwechselbaren Touch gibt. Bei "I'm A Worried
Man" gibt sich Toots die Ehre vor das Mikro zu treten. Umgekehrt
war es Willie, der auf dem Album "True
Love" (auch von Feldmann produziert) bei "Still Is Still
Moving To Me" den Part des Duettpartners übernahm. Am überzeugendsten
ist die Neuauflage des Nelson Klassikers "One In A Row", der
zur besten Neuinterpretation des Albums gerät. Kommen wir zu Äußerlichkeiten:
die Verpackung ist etwas peinlich geraten. Die Verwendung von Cannabisblättern
in dieser Form hat dann doch viel mit dem Ziehen von Klischeeschubladen
zu tun - auch wenn Willie Nelson als Dauerkiffer bekannt ist. Fazit:
Für Reggaefans ist das eher in die Ecke Skurrilitäten einzuordnen
und möglicherweise aus dieser Perspektive interessant. Countryfans
werden ihre Freude am Werk haben, denn musikalisch ist das Album sauber
gemacht und die Stimme von Willie Nelson ist nun mal einzigartig. Denkbar
wäre hier auch, dass sich das Album bestens eignet, um den nächsten
Country & Western-Dance auch mal mit einer Prise Karibik anzureichern.
Karsten Frehe
www.willienelson.com