Black Roots „Dub Factor 2 – The Dub Judah Mixes“ (Nubian Records)

Black Roots
„Dub Factor 2 – The Dub Judah Mixes“
(Nubian Records – 2020)

Aus Not eine Tugend machen – dachten sich vermutlich die verbliebenen Mitglieder von Black Roots, nachdem ein Teil der Besetzung Ende der 80er die Gruppe verlassen hatte. Sie taten sich erneut mit Mad Professor zusammen und nahmen in seinem Ariwa Studio das Album „Natural Reaction“ auf. Es war ein Bruch mit ihrem bisherigen Stil, der nun vermehrt auf das Digitale setzte. Ganz im Sinne der damaligen Zeit. Darauf folgte der erste Teil der „Dub Factor“-Reihe, das ebenfalls von Mad Prof produzierte Dub-Companion zum Album. Ganz klar, die Black Roots waren auf der Suche nach etwas Neuem, dass ihrer Musik eine Frischekur verpassen sollte.

Black Roots

 

Der damals aufstrebende Multiinstrumentalist, Toningenieur und Produzent Dub Judah vom Dub Jockey Label kam ins Spiel, dem sie einige ihrer größten Hits wie „Juvenile Delinquent“, „Africa“, „Tribal War“ oder „What Them A Do“ zur Neubearbeitung übergaben. Es entstand das Album „With Friends“, an dem neben Dub Judah, am Mikro auch noch Mikey Forbes, B.B. Seaton und Trevor Dixon beteiligt waren. Dub Judah tat es dem Mad Prof gleich und lieferte den zweiten Teil der „Dub Factor“-Serie. Es war eine radikale Überarbeitung seitens von Dub Judah, dass zugleich die radikale Abkehr von all dem war, was den herkömmlichen Roots Reggae und Dub ausmachte. Statt Tiefe und Weiträumigkeit wurde hier auf Tempo gesetzt. Alles sollte viel tanzbarer und poppiger – und damit moderner – werden.

Dub Judah wird die oftmals langsamen und wuchtigen Roots-Stücke, die schon damals in den 90ern in den Verruf als Retro geraten waren, mit furiosen Rhythmen und breitflächigen Keyboards unterlegen. Als ein Meister der Perkussion, wird Dub Judah, wie sein Vorbild Mad Professor, komplexe Rhythmusstrukturen übereinanderstapeln, bis letztendlich aus ehemals geradlinigen Roots-Songs abstrakte Beat-Feuerwerke wurden, die hitzig und intensiv durch den Raum peitschen. Obwohl das Mystische wie in der Antikriegshymne „No Tribal War“ flöten ging, traten in der Dub-Version „Not Into War“ von Dub Judah an dessen Stelle ausgedehnte Schweif-Effekte, die die Klänge von Instrumenten zu schwer fassbaren Maschinengeräuschen umformten. Von der angenehm repetitiven Afro-Gitarren-Matrix in „What Them A Do“ fehlt in „Jah Jah Dub“ zwar jede Spur, dafür wird es zum Schluss hin immer futuristischer und experimenteller.

Psychedelisch oder womöglich tiefgründig – wie man es vielleicht von Dub erwarten könnte – ist das ganze hier gewiss nicht gewesen, wohl aber sehr gewagt und frei vom früheren Ballast. Damit machte Dub Judah den Dub vorweg bereit fürs neue Millennium. Dieses Stück Dub-Geschichte gibt es jetzt im Zuge der Neudigitalisierung der Black Roots Diskografie von Nubian Records als Download.

Zvjezdan Markovic

About Zvjezdan Markovic

Immer auf der Suche nach neuen und alten Sounds, hat aber auch seit über 10 Jahren die schlechte Angewohnheit, darüber zu schreiben. (E-Mail zvjezdan[at]irieites.de)