Nga Han & The High Flyers „Emergence“ (Bona-Fi Records)

Nga Han & The High Flyers
„Emergence“
(Bona-Fi Records – 2020)

In ihrem gemeinsamen Album „Emergence“ lassen der jamaikanische Sänger Nga Han und der belgische Produzent Kingston Echo den analogen Sound der Siebziger sehr penibel und getreu wiederaufleben. Stolz wird klargestellt, dass bei der Entstehung dieser acht Songs keine Computer verwendet wurden. So eine Art Vintage-Bio-Reggae-Sound also, dass dieser Belgier durch mühselig zusammengetragenes analoges Equipment in seinem Antwerpener Studio entstehen ließ. Von den High Flyers handeingespielte und auf ein 16-spuriges Analogband gebannte, schwer rootsige Arrangements mit fetten Bässen und rustikal klingenden Instrumenten sind aber doch sehr vielseitig geraten.

In „Versatile“ tänzelt vor sich hin eine funkige Gitarre, getrieben von quirliger Perkussion und schwungvollen Bläsersätzen. Ein derber Gegensatz dazu ist die melodiöse Nyabinghi-Nummer „Anew“ mit tief klapperndem Piano und hypnotisch-zyklischen Trommeln. Und mit Songs wie „One Drop Analogue Style“ und „Slow Down the Pace“ wird mit viel Jazz und langsam brummenden Bässen der Geschwindigkeit (aber auch der Gravitation) erfolgreich getrotzt. Immer wieder jagt der Produzent Kingston Echo spacige Effekte durch die Songs, die an alte Sci-Fi Filme erinnern und damit die Vergangenheitssehnsucht des Albums umso mehr bestärken.

Der aufstrebende Sänger Nga Han, der sein zweites Album „Living Stream (Chapter One)“ erst einige Monate davor gehabt hat, beweist sich hier als bereits kompletter Sänger mit wiedererkennbaren und eigentümlichen Gesangstil. Sein rhythmischer Sprechgesang in den ziemlich psychedelisch geratenen Nummern wie „Can‘t Stop I’n‘I Progress“ und „Way Out“ ist dem von verstorbenem Vaughn Benjamin (Akae Beka/Midnite) gar nicht unähnlich.

Auch die Texte, die allesamt aus der Feder von diesem Jamaikaner mit ungewöhnlichem Namen stammen, folgen in ihrer kryptischen, spirituellen und mit Mystizismus angehauchten Gegenwartskritik demselben Muster. Obwohl Nga Han hier lediglich die gängigen Rasta-Idiome beschwört, ist er kein Bilderbuch-Wiederholer derselben. Sein eigentümlicher Duktus geht weit darüber hinaus mit der Unmittelbarkeit eines jamaikanischen Hinterhofs. Da, wo auch alles vor langer Zeit mal angefangen hat.

Zvjezdan Markovic

https://youtu.be/pj5x97MhDpc

About Zvjezdan Markovic

Immer auf der Suche nach neuen und alten Sounds, hat aber auch seit über 10 Jahren die schlechte Angewohnheit, darüber zu schreiben. (E-Mail zvjezdan[at]irieites.de)